Viele Silagen aus dem letzten Jahr brachten zwar Masse, aber melkten nicht. Was waren die genauen Gründe und was lässt sich daraus für die kommende Ernte ableiten?
Die Grassilagequalitäten des vergangenen Jahres waren vielerorts mehr als unterdurchschnittlich. Das zeigte sich nicht nur anhand der Analyseergebnisse auf dem Papier, sondern auch durch eine deutlich schlechtere Milchleistung der Herden. Welche Fehler wurden gemacht? Und was lässt sich daraus für die neue Saison und die kommenden Jahre ableiten? Müssen wir beim optimalen Schnitttermin künftig umdenken? Elite hat bei zwei Silierexperten aus Nord- und Süddeutschland nachgefragt.
Dr. Susanne Ohl
LWK Schleswig-Holstein
Georg Baumann
Fütterungsberater LKV Bayern
Frühe Schnitte erfolgreicher
In der letzten Siliersaison wurden keine grundsätzlichen Fehler gemacht, sind sich die Berater einig. Vielmehr hat das extreme Wetter mit einer langen Regenperiode Anfang Mai zu einem sehr kurzen Erntefenster geführt. Dieses Zeitfenster wurde auch deshalb häufig nicht genutzt oder „übersehen“, weil die Massenentwicklung der Bestände damals noch zu wünschen übrigließ und auch ihr physikalischer Entwicklungsstand mit ca. 200 g/kg TM Rohfaser und 230 g/kg TM ADF noch sehr jung war. Nach der mehrwöchigen Regenperiode konnten dann Ende Mai/Anfang Juni nicht alle Betriebe direkt mit dem Schnitt starten, da die (Lohnunternehmer-)Kapazitäten kurzfristig nicht ausreichten.
Die frühen Schnitte waren im Norden die deutlich hochwertigeren Silagen, allerdings neigten sie zu Fehlgärungen, wenn sie zu früh eingefahren wurden. Im Süden konnte aber selbst bei den früh geschnittenen Silagen nicht der erwünschte Rohproteingehalt erzielt werden. Die Werte lagen zwischen 135 bis 175 g/kg TM. Die Energiehalte waren dagegen sehr gut, weil viel Zucker und wenig Gerüstsubstanz (ADF/NDF) zu sehr guten Verdaulichkeiten führte. Die fehlende Struktur musste über andere Komponenten ergänzt werden.
1. Schnitt mit Herbstgras verschneiden!
Der spätere 1. Schnitt, Ende Mai/Anfang Juni, wurde von den Tieren allerdings gut gefressen, die TM-Aufnahme lag zum Teil bei bis zu 16 kg aus Grobfutter! „Durch die fehlende Nährstoffdichte war die daraus ermolkene Milchleistung natürlich nicht so überzeugend“, erklärt Fütterungsberater Georg Baumann vom LKV Bayern. Durch die gestiegenen Kraftfutterpreise im Herbst fiel vielen Erzeugern daher ein Nährstoffausgleich schwer. In solchen Jahren wäre aus seiner Sicht, eine gemeinsame Verfütterung verschiedener Schnitte ratsam, da sie sich gut ergänzen würden. Die ersten beiden Schnitte liefern in der Regel viel Zucker, die Herbstgrassilage dagegen mehr Protein und einen höheren Anteil an feinen Fasern.
Hier wurde der 1. Schnitt gemeinsam mit dem 5. Schnitt einsiliert. Mit einer solchen Sandwich-Silage lässt sich auch Kraftfutter sparen, weil sich die Schnitte gut ergänzen und damit ohne zusätzliche Struktur wertvolles Protein in die Ration einbauen lässt.
(Bildquelle: Baumann, Georg)
Generell früher schneiden?
Lässt sich aufgrund der energiereichen, frühen Grassilagen künftig empfehlen, immer besonders früh zu schneiden? „Nein, eine generelle Empfehlung für einen frühen oder späteren Schnitt kann es nicht geben“, betont Dr. Susanne Ohl von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Jeder Milcherzeuger müsse für sich entscheiden, ob er eher hohe Qualitäten oder Masse anstrebe.
Nach wie vor ist laut Fachberatung der optimale Schnitttermin dann erreicht, wenn das Weidelgras als Hauptbestandsbildner im Stadium des Ähren- bzw. Rispenschiebens ist. In diesem Jahr, in dem Zukauffuttermittel sehr teuer sind, stehen die Qualitäten – vor allem hohe Rohproteingehalte – sicherlich im Vordergrund. Daher sollte ein früher Schnitt angestrebt werden (auf Reifegrad des Bestands achten!). Demgegenüber ist nach sehr trockenen Vorjahren mit knappem Futter die Masse nicht unerheblich.
Ist der 1. Schnitt noch der wichtigste?
Für die Wiederkäuerfütterung ist der 1. Schnitt nach Ansicht der Fachberater nach wie vor am wichtigsten – auch wenn er immer seltener die gewünschten Nährstoffdichten erreicht. Als Mischpartner mit anderen Schnitten ist er ebenfalls die zentrale Basis für die Ration. Zeigt sich im langjährigen Trend aber, dass sich das Erntefenster am eigenen Standort deutlich verschiebt, sollte man über eine Anpassung des Grünlandbestands (Sortenauswahl) nachdenken. So weisen Dt. Weidelgräser-Sorten z.B. sehr unterschiedliche Nutzungszeiträume und Nutzungselastizitäten auf. Auch der Einsatz von Kleegras oder Rohrschwingel kann den Bestand an sich verändernde klimatische Bedingungen anpassen.
Das Grünland für Kühe sollte man auch in Zukunft weiterhin intensiv nutzen und im Norden vier- bis fünfmal, im Süden auch fünf- bis sechsmal, schneiden. Auf nicht optimalen Flächen kann man auf drei Schnitte – für die Jungvieh-Fütterung – runtergehen. Weniger als drei Schnitte im Jahr sind schon allein vor dem Hintergrund der Ausbreitung unerwünschter Problem-Unkräuter, wie giftigen Kreuzkräutern, nicht zu empfehlen!
Tipps bei anhaltend nassem Wetter
Bei nassem Wetter gilt es erstmal Ruhe zu bewahren. Denn meistens ist es in einer solchen Schlechtwetterphase auch kühl und die Gräser entwickeln sich langsamer. Nasssilagen sollten Sie auf jeden Fall vermeiden. Auch wenn sie möglicherweise mehr Nährstoffe haben: sobald Fehlgärungen auftreten, sind sie deutlich weniger schmackhaft. Zudem besteht das Risiko, das Nährstoffe über den Sickersaft verloren gehen.
Selbst bei einer langfristig schlechten Wetterprognose ist es wichtig, dass man vor der Mahd wenigstens zwei bis drei Sonnentage abwartet. Nur so bildet sich ausreichend Zucker, den die Milchsäurebakterien als Nährstoff für eine optimale Silierung brauchen. Außerdem können die abgetrockneten Flächen dann wieder ohne größere Schäden befahren werden und das Erntegut lässt sich besser anwelken.
Mähen Sie nach einer nassen Periode mit einer Schnitthöhe von mindestens 8 cm. So landet weniger Schmutz in der Silage. Bei einem zu tiefen Schnitt (Rasierschnitt) nimmt der Schmutzeintrag zu (Ziel max. 100 g/TM Rohasche). Der Erdanteil wirkt puffernd und verhindert, dass sich der pH-Wert im Silo schnell absenkt. Außerdem steigt das Risiko, dass Clostridien in das Siliergut gelangen. Diese begünstigen die Buttersäurebildung und sorgen für einen starken Energieverlust. Die Schmackhaftigkeit und die Futteraufnahme leiden bei hohen Rohaschegehalten deutlich!
Nach dem Mähen empfiehlt sich dann kurzes intensives Zetten, um einen optimalen Anwelkgrad von 30 bis 40 % TM zu erzielen. Auch bei schlechtem bzw. Regenwetter sollte die Silage in maximal zwei Tagen eingefahren werden, ansonsten nimmt der Zuckergehalt durch Atmungsprozesse im Erntegut rapide ab. Bei anhaltend nassem Wetter, gilt es auch zu überlegen, nur Teilflächen in Ballen einzusilieren. „Denn auch im Jahr 2021 gab es in drei Wochen Dauerregen sehr kurze Erntefenster, die für die Silierung von Teilflächen ausgereicht hätten“, sagt Georg Baumann.
Tipps bei sehr trockenen Verhältnissen
Bei anhaltend sehr trockenem Wetter sollten die Grasbestände, wenn möglich, kurz vor einer prognostizierten Regenperiode geschnitten werden, um die Grasnarbe durch die Beschattung der Gräser so lange wie möglich vor zu viel Sonne zu schützen. Dann kann auch auf den Aufbereiter verzichtet und direkt nach dem Schnitt geschwadet werden.
Mähen und Schwaden Sie bei Sommertrockenheit nachmittags bis abends, um dann frühmorgens ein möglichst ausgekühltes Erntegut ins Silo einzufahren. „Denn hohe Temperaturen im Ausgangsmaterial bringen sehr oft Probleme in der Silagestabilität mit sich“, warnt Baumann.
Je trockener und älter man das Gras schneidet, desto kürzer muss die Häcksellänge sein. Gras mit 40 % TM oder mehr als 250 g/kg TM Rohfaser sollte sehr kurz geschnitten werden (1 cm theoretische Häcksellänge). Das erleichtert auch die Verdichtung.
Ideal wäre generell eine Silierdauer von vier bis sechs Monaten, bevor das Silo wieder geöffnet wird. Denn dann können die Silostöcke gut auskühlen und es entstehen weniger Verluste am Anschnitt. Der Silierprozess ist generell zwar nach sechs bis acht Wochen abgeschlossen, aber vor allem im Hochsommer sind diese Silagen nicht stabil. Silagen mit längerer Silierdauer zeigen zudem bessere Verdaulichkeiten, vor allem bei stark faserigem Material. Die Milchsäuregärung bewirkt hier einen Faseraufschluss. „Vorrat ist der beste Rat“, betont LKV-Berater Georg Baumann. Natürlich geht das nur, bei ausreichend Lagerkapazität.
Die Temperaturen im Silo brauchen immer länger, um runterzukommen. Daher befürworten Berater es deutlich länger geschlossen zu halten als bisher.
(Bildquelle: Baumann, Georg)
Nicht standardmäßig dasselbe Siliermittel einsetzen
Wer beim Siliermitteleinsatz spart, spart möglicherweise an der falschen Stelle, denn dann ist das Ergebnis der Silierung dem Zufall überlassen. Wenn der natürliche Besatz mit siliertauglichen Milchsäurebakterien zur Ernte groß genug ist, gelingt eine schmackhafte Silage oft bei 35 bis 40% TM auch so. Allerdings ist die Art und Qualität des Besatzes eine unbekannte Größe und schwankt im Jahresverlauf, da Milchsäurebakterien es z.B. nicht gerne kalt mögen.
Dann hilft nur der Einsatz eines Siliermittels, wobei homofermentative Milchsäurebakterien durch die von ihnen gebildete Milchsäure (Ziel 60 bis 100 g/kg TM) für eine schnelle pH-Wert-Absenkung sorgen. Dadurch werden Schadkeime gehemmt, wohingegen heterofermentative Milchsäurebakterien auch Essigsäure bilden. Essigsäure (Ziel max. 30 g/kg TM) wirkt hemmend auf Hefen und verleiht den Silagen eine höhere aerobe Stabilität. Für eine Verbesserung der aeroben Stabilität sollten Sie deshalb ein Siliermittel der Wirkungsrichtung (WR) 2 einsetzen.
Die letzten Jahre (Trockenheit in 2018/19, Regen in 2021) haben einmal mehr gezeigt, dass ein Siliermitteleinsatz an die vorherrschenden Verhältnisse angepasst werden muss. Jedes Jahr und zu jedem Schnitt dasselbe Siliermittel einzusetzen, führt gerade bei Extremwetterlagen unter Umständen nicht zum gewünschten Erfolg. Durch einen gezielten Siliermitteleinsatz, der auf den zu silierenden Pflanzenbestand, die Anwelkbedingungen und das Ernte- und Silomanagement angepasst ist, lässt sich das Risiko für Fehlgärungen und Nacherwärmung im Silo minimieren. Eine Verfütterung von fehlvergorenen oder nacherwärmten Silagen führt zu einem Rückgang der Futteraufnahme und beeinträchtigt die Tiergesundheit.
Eine gute Entscheidungshilfe, welches der unabhängig geprüften Siliermittel für Ihren Betrieb geeignet ist, bietet die Webanwendung der DLG, die seit letztem Herbst online verfügbar ist und kontinuierlich aktualisiert und weiter entwickelt wird (https://siliermittel.dlg.org/). Bei schwer silierbarem Erntegut (z.B. TM < 30% aufgrund schlechter Anwelkbedingungen, geringer Zuckergehalt, Futterverschmutzung) können durch den Einsatz von Siliermitteln der WR 1a auch bei schlechten Anwelkbedingungen Fehlgärungen verhindert werden.
Vorrat ist der beste Rat: Je länger das Silo geschlossen bleiben kann, desto stabiler und verdaulicher ist die Silage.
(Bildquelle: Archiv)
Bei all der Diskussion um den richtigen Schnittzeitpunkt, sollte, so Dr. Susanne Ohl, aber nicht vergessen werden, dass es neben der Ernte noch viele wichtige Schritte davor einzuhalten gilt, um eine qualitativ hochwertige Silage erzeugen zu können. Dazu gehören zunächst die Grünlandpflege, die Nachsaat und die Düngung. Bei der Düngung hat sich eine Stickstoff-Startergabe mit Schwefel in der 2. Märzhälfte für höhere Proteingehalte in der Silage bewährt. Zum 1. Schnitt sind laut Beratung 20 kg S/ha nötig.
Zudem entscheidet vor allem die tatsächliche physiologische Reife der Grasbestände über die spätere Silagequalität. Um dies richtig einschätzen zu können, werden z.B. in Schleswig-Holstein die Ergebnisse der Reifeprüfung von der Landwirtschaftskammer in eine App (https://gruenlandportal-sh.de/) eingepflegt, die per Push-Benachrichtigung die aktuellen Reifegrade für Ackergras bzw. Dauergrünland an den Nutzer übermittelt.
Um diese Reifegradprüfung auf den eigenen Bestand übertragen zu können, sollten Milcherzeuger ihre Bestände aber auch kennen. Wie gut passen sie zu den beprobten Standorten und Beständen? Sind sie klee- bzw. kräuterreich? Weisen sie damit vielleicht eine nicht so gute Vergärbarkeit auf? All das sind wichtige Informationen, um am Ende eine optimale Grassilage erzeugen zu können.
Noch mehr Informationen zur Silierung und zur Grünlandverbesserung finden Sie hier.
Energiemangel durch Nacherwärmung bis hin zum Verderb der Silage drückt die Milchleistung. Das kann teuer werden. Eine Wärmebildkamera hilft bei der Problemfindung.
Spartipp: Bei hohen Düngerpreisen können Rot- und Weißklee eine Möglichkeit sein, Stickstoff einzusparen. Wie lassen sie sich etablieren? Hier einige Tipps!