Die Kuh ist unruhig, steht mit einem Hinterfuß auf den Klauenspitzen und hebt diesen Fuß immer wieder an. Tritt sie beim Laufen nicht gleichmäßig auf, ist die Lahmheit klar und deutlich. Im Klauenstand zeigt sich dann der Grund: ein erdbeerartiges Geschwür, wulstförmig umrandet, manchmal von überlangen „Haaren“ gesäumt und stark berührungsempfindlich.
Mortellaro oder Digitale Dermatitis (DD) ist eine Entzündung der Haut im Bereich des Ballens und der Fesselbeuge, die üblicherweise...
Die Kuh ist unruhig, steht mit einem Hinterfuß auf den Klauenspitzen und hebt diesen Fuß immer wieder an. Tritt sie beim Laufen nicht gleichmäßig auf, ist die Lahmheit klar und deutlich. Im Klauenstand zeigt sich dann der Grund: ein erdbeerartiges Geschwür, wulstförmig umrandet, manchmal von überlangen „Haaren“ gesäumt und stark berührungsempfindlich.
Mortellaro oder Digitale Dermatitis (DD) ist eine Entzündung der Haut im Bereich des Ballens und der Fesselbeuge, die üblicherweise an den Hinterbeinen auftritt. Immer häufiger findet sich ein solches Bild aber auch auf Geschwüren oder in der Nähe des Euters (stinkend, nässend, schmerzhaft im Euterspalt). Mit Mortellaro besiedelte Geschwüre heilen trotz Entlastung nicht mehr ab.
Mortellaro-Stadien (Fotos: Kröger)
Ursachen
Ausgelöst wird die Krankheit durch Bakterien, sogenannte Treponemen. Sie überleben auf feuchten Oberflächen und „bohren“ sich in vorgeschädigte Haut (Feuchtigkeit, Verletzungen) regelrecht ein. Entweder lösen sie sofort eine akute Entzündung aus oder begeben sich in tieferen Hautschichten in ein Ruhestadium. Hat die Kuh Stress und/oder sind Liegeboxen und Laufgänge feucht und schmutzig, vermehren sie sich stark und greifen die Hautoberfläche an. Auch die Genetik spielt eine Rolle, denn manche Kühe sind empfänglicher für Mortellaro als andere.
Therapie
Um Mortellaro in den Griff zu bekommen, empfiehlt es sich, einmal die gesamte Herde zu kontrollieren und festzustellen, ob neben den Kühen auch Jungrinder (ab welchem Alter/welcher Gruppe?) betroffen sind.
Prüfen Sie dazu die Tiere auf Lahmheiten und das typische Entlasten der Hinterfüße. Das geht im Fressgitter von hinten oder auch im Melkstand. Wichtig ist allerdings, dass in jedem Fall eine Kontrolle im Klauenstand erfolgt: Nur bei einer sauberen Klaue und mit einer Spreizzange ist es möglich, alle infizierten Stellen zu berücksichtigen – fünf bis zehn Prozent der Läsionen finden im Zwischenklauenspalt statt!
Als nächstes sollten Sie akute Läsionen sowohl bei melkenden Kühen und Trockenstehern als auch bei Jungtieren abhängig vom Mortellaro-Stadium (Übersicht 1) behandeln und den Befund dokumentieren:
- Beginnende (M1) oder kleine akute DD-Läsion (M2, < 2 cm): funktionelle Klauenpflege, pflegendes Biozidspray („Repiderma“, ein Kupferchelat-Zinkchelat-Spray), am besten unter Verband. Beipackzettel beachten (Sprühdauer). Die Behandlung führt zu einem Heilungsstadium (M3) oder einem schmerzfreien Ruhestadium (M4).
- Große akute oder wiederkehrende chronische DD-Läsion (M2 > 2 cm, M4.1): funktionelle Klauenpflege, gepolsterter Verband mit Salizylsäure und Methylsalizylat („Novaderma“, dünn nur auf betroffene Hautstellen auftragen; drei bis fünf Tage) oder Polyurethan-Wundauflage („Mortella-Heal“, medizinische Polyurethanfolie, die luftdurchlässig, bakterien- und flüssigkeitsdicht ist und die Haut nicht zusätzlich belastet; 14 Tage). Bei einer bisher immer wiederkehrenden, chronischen Läsion ist es schwieriger, ein Ruhestadium (M4) oder eine Heilung (M3, M0) zu erreichen.
- Alle akuten Läsionen ab 2 cm Durchmesser (M2) und alle chronischen Formen (M4/M4.1) werden mit frischen Verbänden (je drei bis fünf Tage) nachbehandelt. Geschwüre mit Mortellaro behandelt ein Tierarzt unter Anästhesie.
Ziel ist es, möglichst viele nicht infizierte (M0) oder ruhende (M1 oder M4) Infektionen zu erhalten. Die Behandlung von akuten Läsionen wird langfristig die Situation nicht verbessern, wenn nicht gleichzeitig vorbeugende Maßnahmen die Übertragung zwischen den Kühen möglichst reduzieren.
Prophylaxe
Einmal im Bestand, bleibt Mortellaro ein Thema. Neben der wöchentlichen Kontrolle auf neue Läsionen (Fressgitter, Treibgang oder Melkstand) und Klauenpflege ist es wichtig, Klauen und Haut gesund und widerstandsfähig gegen die Erreger zu erhalten:
- Trockene Einstreu, saubere Laufgänge
- Hautpflegende Klauenbäder (z.B. 4Hooves, EasyStrideTM und HOOF-FIT Liquid) entsprechend der Herstellerangaben
- Wiederkäuergerechte Fütterung und passende Mineralstoff-Versorgung
- Zucht auf Mortellaro-Resistenz
- Kontroll- und Pflegeroutinen auch für Jungrinder
- keine Überbelegung
- Keine Tiere mit offensichtlichen Anzeichen für chronische oder offene Mortellaro-Läsionen zukaufen. Wenn Zukauf, alle vier Füße bis über die Afterklauen waschen, Kühe im Klauenstand kontrollieren und schon Verdachtsstadien unter Verband behandeln.
- Weide kann die Widerstandskraft der Klauen und der Haut sowie des Immunsystems der Kühe stärken, aber nur dann, wenn sie gut gemacht ist: trocken, genügend Schatten, Wasser und Futter!
Mortellaro zu behandeln, ist aufwendig. Doch mit einigen Maßnahmen
lässt sich der Erkrankung vorbeugen!
Tipp: Keine akuten Läsionen durchs Klauenbad!
Ein Klauenbad ist keine Behandlung. Deswegen dürfen Kühe mit akuten Läsionen (M1, M2 oder M4.1) das Klauenbad nicht betreten. Der Verband muss erst wieder runter, bevor ein vorbeugendes Präparat am Tier angewendet wird. Kühe mit Verband lassen sich separieren, indem sie in der Krankenbox eingestallt werden (größere Betriebe) oder das Klauenbad für die jeweilige Gruppe ausfällt, bis die Verbände wieder abgenommen werden.
In Zusammenarbeit mit Dr. Charlotte Kröger, Praxisgemeinschaft für Klauengesundheit
Klauenbäder sind nur dann effektiv, wenn sie richtig eingesetzt werden. Tipps vom Tierarzt.
Oft sind schon Jungrinder von Mortellaro betroffen. Was hilft?
Oder lieber als Video? Schauen Sie hier das Stallgespräch:
Tierärztin Dr. Charlotte Kröger erklärt im Video, wie man die Mortellarosche Krankheit erfolgreich im Bestand kontrollieren kann.