Kälberaufzucht

Milchtränke: Nuckeleimer und Co. öfter richtig reinigen

Eine Praxisstudie zeigt die hygienisch kritischen Bereiche beim Kälbertränken auf. Mit Tipps zum richtigen Reinigen von Eimern, Milchtaxi und Tränkeautomat.

Im EIP-Projekt „KUH-mehr-WERT Navigator“ (siehe Kasten unten) wurden auf zwölf brandenburgischen Milchkuhbetrieben unter anderem deren Kälberaufzuchtverfahren und ihr Einfluss auf die Gesundheit der Kälber untersucht.

Wolf Wippermann

Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. Groß Kreutz

Erik Bannert

Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. Groß Kreutz

Tränkeverfahren, kritische Punkte und ihre Beprobung

Das sind die Tränkeverfahren in den zwölf an der Studie teilnehmenden Milchproduktionsbetrieben (siehe Kasten unten):
  • Acht Betriebe haben eine rationierte Tränke mit Voll- oder Mischmilch, davon säuern 50 % ihre Milch an (ca. pH 5,5). Einer dieser Betriebe vertränkt die Milch kalt.
  • Weitere vier Betriebe tränken angesäuert ad libitum. Davon drei als Warm- und einer als Kalttränke.
  • Nach ein bis drei Wochen werden die Kälber i.d.R. an Tränkautomaten umgestellt und mit einer Milchaustauschertränke versorgt.
Bei der Beprobung zur Milchhygiene wurde systematisch vorgegangen: Als kritische Punkte in den Arbeitsschritten zum Milchtränken wurden alle Behälterwechsel gewertet – siehe Grafik.
  1. Beginnend mit dem Wechsel der Milch aus dem Euter ins Melksystem (Ansatzpunkt: Melkhygiene),
  2. dann das Umfüllen in Behälter zur Aufbewahrung, in einen Pasteur oder direkt in einen Milchtransport- und Verteilwagen (Ansatzpunkt: Reinigung der Behälter und Geräte und ggf. Kühlung),
  3. als Zwischenschritt ggf. noch ein weiterer Behälter für den Transport (Ansatzpunkt: Reinigung)
  4. sowie abschließend der Wechsel der Milch aus dem Milchtaxi oder Lagerungsbehälter in den Tränkeeimer bzw. Nuckel des Tränkeautomaten (Ansatzpunkt: Reinigung von Nuckeleimern, Mischbehältern und vor allem der Innenseiten der Nuckel).

Wer die Hygiene in seinem Tränkeverfahren überprüfen möchte, sollte sich systematisch an den kritischen Kontrollpunkten entlang arbeiten, um den oder die hygienisch bedenklichen Bereich/e darin zu erkennen. (Bildquelle: Wuppermann, Bannert)

Zur Bewertung der Hygiene der kritischen Kontrollpunkte (Behälterwechsel) im Verfahren Kälbertränke wurden diese optisch bonitiert und Tupferproben zur bakteriologischen Untersuchung entnommen.
Beprobt wurden die jeweils zur Zwischenlagerung genutzten Milchtanks, Milchtransport- und Verteilwagen, Tränkeimer vor und nach der Reinigung und Tränkeautomaten wie folgt:
  • Milchtank: Innenwand
  • Milchtransport- und verteilwagen (hier “Milchtaxi“): Innenwand, Ablasshahn, Schlauch, Dosierpistole
  • Tränkeeimer: Innenrand, Boden, Ventil und Innenseite des Nuckels
  • Tränkeautomat: Mischbecher, Schlauch, Nuckel von der Innenseite
Zur bakteriologische Untersuchung: Für die Anzucht grampositiver Bakterien wurde Blutagar und für die Anzucht gramnegativer MacConkey-Agar verwendet. Für die Bewertung war die Anzahl koloniebildender Einheiten bzw. die Ausdifferenzierung von Fäkalkeimen ausschlaggebend.
Empfehlung: Tupferproben für eine bakteriologische Untersuchung sind eine gute ergänzende Möglichkeit, den Reinigungserfolg sowie die Tränkhygiene im Bereich der Tränkstrecke der Kälber zu kontrollieren. Fragen Sie Ihren Tierarzt oder Berater für die Kälberaufzucht. Wer die Hygiene in seinem Tränkeverfahren überprüfen möchte, sollte sich an den kritischen Kontrollpunkten entlang arbeiten, um den oder die hygienisch bedenklichen Bereiche darin aufzudecken.

Ergebnis 1: Tränkeeimer – die häufigste hygienische Schwachstelle 

Die Fotos zeigen exemplarisch einen stark verschmutzten Nuckel mit entsprechend hochgradigem Erregerwachstum.   (Bildquelle: Wippermann, Bannert)

  • Vor der Reinigung wurde an den Innerändern der Tränkeeimer bei 58 % der Betriebe eine sogenannte gesundheitsgefährdende Fäkalflora nachgewiesen. Auf den Innenseiten der Nuckel sogar bei 92 % der Betriebe.
  • Nach der Reinigung der Tränkeimer waren noch bei 30 % der Betriebe am Eimerrand und bei 60 % der Betriebe in den Nuckeln noch Fäkalflora nachweisbar.

Ein Beispiel eines qualitativ gut gereinigten Kälbernuckels mit einem entsprechend geringen Keimwachstum auf Agar. (Bildquelle: Wippermann, Bannert)

Die Tränkregime der zwölf Betriebe waren sehr unterschiedlich, dementsprechend auch das Reinigungsmanagement der Eimer. Als Ursache für eine schlechte Hygiene der Tränkeeimer stellten sich folgende Punkte als ausschlaggebend heraus:
  • Eine hohe Belastung mit Fäkalkeimen zeigte sich, wenn das Waschwasser sowie Desinfektionsmittel in Bezug auf die Menge an zu reinigenden Eimern zu selten gewechselt wurde. So, dass das Waschwasser bei den letzten Eimern bereits stark verschmutzt und zu kalt und damit unwirksam war. 
  • Zudem wurden die Nuckel zum Teil nicht separat oder nur unzureichend gereinigt. 
Empfehlung: Die Autoren der Studie empfehlen Milcherzeugerbetrieben ausgehend von ihren Beobachtungen klare Handlungsanweisungen für die Reinigung der Tränkeeimer samt Nuckeln zu erstellen und deren Durchführung regelmäßig zu kontrollieren. Ein Beispiel dazu siehe hier: Anleitung und Checkliste zum Tränkeeimer reinigen
In einem der Betriebe wurde im Nachgang der Erhebung eine Eimerwaschmaschine erworben, um diesem Problem entgegenzuwirken.
Auffällig war zudem, dass Betriebe, die einem Kalb während der gesamten Eimertränkephase einen Eimer tiergebunden zuordneten und diesen lediglich bei Bedarf mit Wasser spülten, keine höheren Keimgehalte aufwiesen als Betriebe mit komplexem Reinigungsmanagement und hohem Arbeitsaufwand, bei denen jedoch die Eimer unter den Kälbern rotierten. Bei näherer Betrachtung wurden bei Letzteren jedoch jeweils Fehler an kritischen Kontrollpunkten festgestellt, z. B. wie oben benannt das fehlende Wechseln des Waschwassers, unzureichende Reinigung der Nuckel und keine Desinfektion.
Empfehlung: Besser jedem Kalb über die erste Tränkephase seinen eigenen Eimer zuordnen – auch wenn diese täglich gereinigt werden. Nuckel und Dichtungsringe sollten idealerweise nach jedem Durchgang vollständig gegen neuwertige ausgetauscht werden. Tipps zum Nuckeleimer kennzeichnen.

Ergebnis 2: „Milchtaxis“ – die Reinigung muss funktionieren

Sofern die integrierte Spül- und Reinigungsfunktion der Milchtransport- und Verteilwagen funktionierte und nach jedem Einsatz gereinigt wurde, stellten die „Taxis“ keinen Risikofaktor da. (Bildquelle: Stöcker-Gamigliano, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Bei 58 % der Betriebe wurde in den Milchtaxis eine Fäkalflora nachgewiesen. Da jedoch die integrierte Spülung der Taxis mit entsprechenden Reinigungsmitteln - soweit vorhanden - in allen Betrieben adäquat funktionierte, deutete die nachgewiesene Fäkalflora am ehesten auf Mängel in der Melkhygiene hin.
Empfehlung: Sicherstellen, dass die Reinigung von Milchtransport- und verteilwagen ordnungsgemäß nach Herstellerempfehlung umgesetzt wird.
Die Fäkalflora konnte in den betroffenen Betrieben auf der gesamten Tränkestrecke (Milchtanks – Milchtaxi – Tränkeimer) nachgewiesen werden. Wenn die Sauberkeit also bereits bei der Melkarbeit ungenügend ist, zieht sich das durch die gesamten Prozessschritte hindurch – bis zum Kalb! 
Empfehlung: Eine sehr gute Melkhygiene sowie Reinigung von Milchkannen/Melkeimern wie bei den Tränkeeimern sicherstellen. Siehe Melken: Mehr Milch, weniger Mastitiden und Saubere Euter, schneller melken.
Als weitere qualitätsverschlechternde Risikofaktoren für die Hygiene von Kälbermilch identifiziert wurden:
  • Lange Standzeiten der Milch – wenn mehrstündige Standzeit notwendig, dann in gereinigten Behältern, abgedeckt und gekühlt (Kühlraum, Kühltank).
  • Eine hygienisch mangelhafte Zwischenlagerung (Tanks, Eimer, sonstige Behälter) – auch hier ein Reinigungsschema wie für die Tränkeeimer etablieren!
  • Eine unzureichende Reinigung von in der Tränkestrecke integrierten Heiz- bzw. Kühlelementen – auch hier ein Reinigungsschema wie für die Tränkeeimer etablieren!
  • Die Qualität der Pasteurisierung – abhängig von Art der Pasteurisierung, Funktionsfähigkeit sowie Reinigung der Einheit.
  • Der Einsatz von Sperrmilch – Mastitismilch oder Hemmstoffmilch sollte nicht an Kälber vertränkt werden.

Ergebnis 3: Tränkeautomaten – Nuckel täglich reinigen bzw. wechseln

An einem Tränkeautomaten teilen sich mehrere Kälber einen Nuckel – das birgt ein erhöhtes Ansteckungsrisiko und auch einen erhöhten Verschleiß. (Bildquelle: Berkemeier, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Die so häufige Verschmutzung der Nuckelinnenseite erklärt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit damit, dass diese im Gegensatz zu den Mischbechern in der Regel nicht in den (mehrmals) täglichen automatischen Reinigungsprozess der Automaten integriert sind.
Empfehlung: Nuckel täglich manuell gesondert reinigen bzw. täglich durch einen gereinigten, desinfizierten Nuckel austauschen (z.B. mehrere Nuckel vorhalten, diese nach jeden Einsatz reinigen, trocknen, desinfizieren und trocken aufbewahren).
Zudem zeigte sich häufig eine Unsicherheit des Personals im technischen Umgang mit den Automaten z.B. in Bezug auf die Kalibrierung, Wartung und Spülung.
Empfehlung: Eine regelmäßige Schulung des Personals im Handling der Automaten (Reinigung und Kalibrierung) sowie eine regelmäßige Wartung durch den Hersteller.

Das EIP-Projekt KUH-mehr-WERT Navigator

Ziel des EIP-Projektes „KUH-mehr-WERT Navigator“ ist die Identifikation und ökonomische Bewertung von Risikofaktoren für die Tiergesundheit in der Milchproduktion. Zwölf brandenburgische Milchproduktionsbetriebe wurden dafür im Rahmen wiederholter Systemanalysen besucht. Die Betriebe halten im Mittel 555 Kühe (je Betrieb 236 bis 1.222) der Rasse Deutsche Holstein, mit einer abgelieferten Milchmenge von 9.822 kg je Kuh und Jahr, in Boxenlaufstallhaltung.
Die Kälberaufzuchtverfahren gestalten sich in den Betrieben hinsichtlich der Anzahl der Arbeitsschritte als auch in der Qualität der Durchführung stark. Folglich wurden auch große Unterschiede in der Tiergesundheit beobachtet. Aus diesem Grund wurde die Thematik der Kälbertränkung vertieft untersucht und ein umfangreiches Audit durchgeführt.

Logos des EIP-Projektes „KUH-mehr-WERT Navigator“. (Bildquelle: Wippermann, Bannert)


Mehr zu dem Thema