Mit einem Eimer frischer Biestmilch in der Hand ist Milcherzeuger Bernhard Bohnacker aus Burtenbach (Lkr. Günzburg) gerade unterwegs zu einem frisch geborenen Kalb, als wir auf den Hof kommen. Mit der Schubkarre hat er es kurz zuvor von der Abkalbebox in das etwa 50 m entfernte, frisch mit Stroh eingestreute Iglu im neuen Kälberstall gebracht.
Die Kolostrumaufnahme aus dem Nuckeleimer klappt problemlos. „Die meisten erhalten in den ersten sechs Stunden Biestmilch“, sagt der...
Mit einem Eimer frischer Biestmilch in der Hand ist Milcherzeuger Bernhard Bohnacker aus Burtenbach (Lkr. Günzburg) gerade unterwegs zu einem frisch geborenen Kalb, als wir auf den Hof kommen. Mit der Schubkarre hat er es kurz zuvor von der Abkalbebox in das etwa 50 m entfernte, frisch mit Stroh eingestreute Iglu im neuen Kälberstall gebracht.
Die Kolostrumaufnahme aus dem Nuckeleimer klappt problemlos. „Die meisten erhalten in den ersten sechs Stunden Biestmilch“, sagt der Landwirt. Nachts extra dafür aufstehen, macht er aber nicht. Gedrencht wird das Neugeborene erst, wenn das Kalb bei der 2. Mahlzeit immer noch nicht trinkt. „Das sind Einzelfälle.“ Die Kolostrum-Qualität prüft Bohnacker rein optisch: „Mit meiner Erfahrung kann ich das gut einschätzen.“
Nabelentzündungen treten allenfalls auf, wenn mit Gerstenstroh eingestreut werde, weil die Grannen den Nabel reizen können. „Deshalb verzichten wir darauf“. Eine konsequente Nabeldesinfektion sei nicht nötig.
Vom Automaten abgekommen
Der Landwirt hat in Sachen Kälbertränke schon viel ausprobiert. Mit der alten Generation der Tränkeautomaten vor einigen Jahren kam er nicht zurecht, sie funktionierten häufig nicht. Im Winter waren sie oft eingeforen, reinigten sich nicht gut genug oder die Kälber haben zu wenig daran getrunken. Von der Joghurttränke ist er ebenfalls abgekommen: „Sie funktioniert nicht, wenn sie kalt ist.“
Heute schwört er auf die Eimertränke mit Vollmilch: „Mit den Eimern ist die Tierkontrolle heute wesentlich besser, ich sehe sofort, wenn etwas nicht stimmt“, sagt der Betriebsleiter, der mindestens dreimal am Tag im Kälberstall ist.
Den Arbeitsaufwand für die Eimertränke nimmt er in Kauf, obwohl der Betrieb mit 120 Melkenden (durchschnittliche Leistung 9.200 kg pro Kuh/Jahr) an zwei AMS-Anlagen mit Arbeitskräften nicht gerade üppig ausgestattet ist. Seinen bisherigen ausländischen Mitarbeiter in Vollzeit soll in Kürze sein Neffe ersetzen. Vor allem für die künftige Mitarbeiterin, Tamara Lotter, hat er das Milchtaxi angeschafft: „Diese Erleichterung schätze ich inzwischen selbst aber auch.“
Serie „Kälber gesund aufziehen“
Teil 4 Bernhard Bohnacker - Zusammenfassung
Bestechend einfach ist das Tränkesystem von Bernhard Bohnacker. Seine Kälber bekommen Vollmilch ad libitum im Eimer angeboten. Das bringt eine automatische Beobachtung der Tiere mit sich. Bohnacker baut auf seine Erfahrung mit den Tieren und bringt in der Regel alle durch. Das Management muss einfach sein und Arbeit einsparen. Am Haltungskomfort spart er dagegen nicht und hat auch die Trockensteher im Blick. Geplant ist der Wiedereinstieg in die Weide für Kälber und Trockensteher.
Nur Vollmilch mit etwas Essig
In der ersten Lebenswoche gibt es Biestmilch, schon allein wegen der Muttertierimpfung gegen Rota- und Coronaviren. Danach ausschließlich Vollmilch ad libitum, geschätzt ca. 12 bis 15 Liter am Tag. „Wir setzen der warmen Milch ein wenig Essig zu. Das reduziert mögliche Keime und damit sparen wir uns auch die tägliche Eimerreinigung“, sagt Bohnacker. Arbeitssparend und dennoch hygienisch ist, dass jedes Kalb in der Tränkephase seinen eigenen Eimer behält. Sobald er leer ist, wird er seitlich vor das jeweilige Iglu gelegt. So kann mögliche Restmilch in die Ablaufrinne laufen.
Wenn ich schöne, gesunde Kälber bekomme, bin ich auch bereit, viel Vollmilch zu investieren.
Bernhard Bohnacker
Auf 100 bis 120 Liter warme Milch kommen 40 ml Essig. Diesen Säuregrad würden die Tiere gerade so akzeptieren. Sollten sie krankheitsbedingt allerdings nicht mehr saufen, reduziere man den Zusatz für ein paar Tage. Diese Tränkeeimer werden dann aber täglich mit Wasser einmal durchgespült. Im Iglu bekommen sie außerdem noch Heu und Kälberkorn mit aufgeschlossenem Mais angeboten. Außerdem streut der Milcherzeuger in eine Igluecke ein wenig kohlensauren Kalk: „Die Kälber sind ganz gierig danach“, berichtet er.
Die Bullenkälber verkauft er direkt nach der Igluphase über die Auktion. Beim Einzug in die Gruppenbuchten auf Tiefstreu wiegen die weiblichen Kälber schon ca. 90 kg. Sie bekommen noch täglich 3 bis 4 Liter Milch, die Menge wird allerdings täglich reduziert. Um gegenseitiges Besaugen zu verhindern, werden sie nach der Tränkezeit noch ca. 10 Minuten im Stand fixiert. Mit vier bis viereinhalb Monaten sollen sie abgetränkt sein. Dafür gibt es dann Heu, die Kuhration sowie Wasser.
Mit Kalk alles trocken halten
Bernhard Bohnacker schwört auf Kalk als Einstreu: „Das ist meine Lieblingseinstreu, im Kuhstall und auch im Kälberstall. Damit bleiben die Flächen trocken und sauber.“ Dort streut er Kalk regelmäßig und großzügig aus, der Hauptgang zwischen den beiden Iglureihen ist weiß überzogen. „Wir wollen hier nicht mit Wasser spritzen und so erst recht Keime verteilen.“ Die planbefestigte Standfläche der Iglus mit zwei Abflussrinnen wird einmal im Jahr komplett geräumt und abgespritzt. Mit Stroh nachgestreut wird täglich, komplett entmistet im Sommer in der Regel wöchentlich, im Winter alle zwei Wochen. Nach der Igluphase stehen diese gewaschen und desinfiziert ein bis zwei Wochen draußen.
Kalk ist meine Lieblingseinstreu. Er hält alle Flächen schön trocken.
Bernhard Bohnacker
Das Klima in der überdachten, Nord-Süd ausgerichteten Igluhalle will Bohnacker noch optimieren. Zum Beispiel mit Ventilatoren im Sommer. Die beiden Giebelwände sind geschlossen, die seitliche Luftzufuhr kann er jederzeit über Curtains regulieren. Die nach Süden ausgerichtete Giebelwand würde er mit den Erfahrungen von heute nicht mehr aus Wellblechplatten bauen: „Die Iglus an der Wand erhitzen sich so stark, dass wir sie im Sommer nicht belegen können.“
So gut wie keine Aufzuchtverluste
Bernhard Bohnacker bringt fast alle Kälber durch, sagt er. Die Tiergesundheit habe sich mit dem neuen Stall deutlich verbessert: „Wir haben keine Verluste in der Aufzucht.“ Das sei einer intensiven Tierkontrolle und einer intensiven Betreuung erkrankter Tiere zu verdanken. Da bisher nur er nach den Kälbern schaut, wisse er immer genau, was los ist.
„Durchfall gibt es immer mal. Mit einer entsprechenden zeitnahen Behandlung, d.h. mit Milch ohne Essig, mit viel Wasser und vereinzelt mal mit einer Natriumbicarbonat-Tablette bekommen wir das meistens gut wieder in den Griff.“ Mit einer Muttertiervakzine beuge man Rota-und Corona-Durchfällen vor. Atemwegserkrankungen seien in der neuen Halle deutlich zurück gegangen. „Bei Bedarf – vor allem im Winterhalbjahr – impfen wir dagegen aber auch gruppenweise.“ Die Aufkäufer seiner Kälber würden das zu schätzen wissen.
Trockensteher-Komfort verbessern
Aktuell ist Bernhard Bohnacker dabei, den Komfort für die Trockensteher zu erhöhen. Er baut neue Außenliegeboxen für sie und plant, sowohl den Kälbern zwischen 2,5 bis 4 Monaten als auch den Frühtrockenstehern wieder Weidegang anzubieten. Erst kurz vor der Kalbung sollen sie dann auf Tiefstreu kommen. Derzeit sind sie die letzten sechs Wochen vor der Kalbung noch auf Tiefstreu. „Das führt allerdings zu viel Mist und die Gefahr, dass sie sich auf die Euter treten, ist zu groß“, sagt der Milcherzeuger.
Die Anfütterungsphase dauert lediglich eine Woche: „Sonst werden die Euter in Bezug auf die Eutertiefe zu groß und machen im Melkroboter mehr Probleme.“ Auf den Vitamin E/Selen-Zusatz in der Trockensteher-Ration will Bohnacker nicht verzichten, denn sein Hof liegt in einem Selenmangel-Gebiet.
Die Abkalbungen laufen in der Regel ohne Probleme ab. Schwergeburten seien selten. Im Betrieb erhalten alle Kühe um den 10. Tag nach dem Rindern eine Gabe Ovogest. Bernhard Bohnacker ist überzeugt: „Damit beugen wir wirksam Zwillingsträchtigkeiten vor.“
Intensive Tränke, Hygiene und feste Arbeitsroutinen: Für Betriebsleiterin Laura Bühring sind das die Erfolgsfaktoren für gesunde Kälber und hohe Tageszunahmen.
Oliver Bolwerk und Dominik Schwedler ziehen ihre Kälber in einem modernen Stall mit automatischer Tränke auf. Tiergesundheit und Arbeitswirtschaft überzeugen!