Kälber gesund aufziehen
Mehr als 1.000 g Tageszunahmen
Intensive Tränke, Hygiene und feste Arbeitsroutinen: Für Betriebsleiterin Laura Bühring sind das die Erfolgsfaktoren für gesunde Kälber und hohe Tageszunahmen.
Wer schreibt, der bleibt: Dieser Satz passt perfekt zu Laura Bühring von der Starbach-Sachsen eG in Nossen. Eine detaillierte Dokumentation und feste Arbeitsroutinen sind ihr nicht nur bei der 1.600-köpfigen Herde, sondern auch in Bezug auf die Kälbergesundheit immens wichtig: „Nur so kann ich doch Veränderungen sehen und kontrollieren, ob Maßnahmen wirklich Erfolg gebracht haben“, erzählt Laura Bühring, während sie ins Stallbüro geht und ihr Stallbuch aufschlägt.
Serie „Kälber gesund aufziehen“, Teil 2 Betrieb Agrarunternehmen Starbach-Sachsen eG– Zusammenfassung
Eine detaillierte Dokumentation und feste Arbeitsroutinen sind der Betriebsleiterin Laura Bühring nicht nur bei der 1.600-köpfigen Herde, sondern auch in Bezug auf die Kälbergesundheit immens wichtig. Deshalb werden für jedes Kalb die Geburtsdaten wir Datum, Uhrzeit, Geschlecht, der Kalbeverlauf sowie das Geburtsgewicht notiert. Hinzukommt, dass sie die Kälber auch beim Umstallen von der Einzel- auf die Gruppenhaltung und am Ende der Tränkeperiode wiegt. Diese Daten nutzt sie auch für die spätere Selektion der Tiere. Neben der detaillierten Datenauswertung ist ihr die Gesundheitsprophylaxe besonders wichtig.
Geburtsverlauf und Biestmilchgabe
Alle wichtigen Informationen rund um die Kalbung werden in ihrem großen Stallbuch festgehalten. Neben Datum, Uhrzeit, Geschlecht, der Halsbandnummer der Mutter und der Ohrmarke des Kalbes finden sich dort auch der Kalbeverlauf sowie das Geburtsgewicht. Außerdem müssen ihre Kollegen vermerken zu welcher Uhrzeit die Kälber ihr erstes Kolostrum erhalten haben und welchen Brix-Wert dieses aufwies.
Diese Daten überträgt sie dann in ihr Herdenmanagementprogramm. „Leiden die Kälber z.B. in der ersten Woche unter Durchfall, schaue ich mir an, ob es auch an einer mangelnden Kolostrumgabe oder -qualität liegen könnte.“ Von den Kollegen bekommen die Kälber schnellstmöglich nach der Geburt vier Liter Biestmilch, mit einem durchschnittlichen Brixwert von 22 bis 23%. Gedrencht wird nur bei schwachen Kälbern.
Eine feuchte Kälberschnauze kommt neugierig durch die Öffnung der Box. Langsam schiebt das pechschwarze Kalb die Schnauze Zentimeter um Zentimeter weiter vor. Ein Schritt zurück, einen wieder vor. Zu groß ist die Neugierde bei dem kleinen Anguskalb über die Besucher. „Als ich hier vor drei Jahren auf dem Betrieb angefangen habe, wurden als Fleischrasse noch Weißblauer-Belgier eingesetzt. Anhand meiner Unterlagen konnte ich dann schnell sehen, dass bei dieser Rasse die Kalbeverläufe deutlich schwerer ausfielen und mehr Totgeburten zu verzeichnen waren. Inzwischen haben wir deshalb auf Angus umgestellt“, erläutert Laura Bühring.
Wiegen, wiegen, wiegen…
Zu den wichtigsten Daten gehören für die Betriebsleiterin auch die Gewichte der Kälber. Sie werden nicht nur zur Geburt, sondern auch nach der ersten Tränkewoche und zum Ende der Tränkephase ermittelt. „Wir haben vor einigen Monaten eine Kälbertransportwaage bekommen, sodass wir beim Umstallen von der Einzel- in die Gruppenhaltung das Gewicht ohne großen Arbeitsaufwand messen können“, sagt die Betriebsleiterin und zeigt stolz auf ihre neue Anschaffung. Und die Ergebnisse sind mehr als beeindruckend. In der Tränkephase nehmen die Kälber inzwischen mehr als 1.000 g täglich zu, freut sich die junge Frau. Künftig will sie noch stärker als bisher Selektionsentscheidungen auch anhand der Gewichtsentwicklung der einzelnen Kälber treffen.
Mit Kreide an die Wand
Nach der Erstversorgung kommen die Kälber anschließend für sieben bis zehn Tage in die Kälberboxen. Auch hier werden alle wichtigen Informationen notiert, die für die Betriebsleiterin und ihre Kollegen von Bedeutung sind. Damit nicht zu viel „Papierkram“ anfällt und die Daten wirklich aufgeschrieben werden, hat jeder Mitarbeiter ein Stück Kreide in der Arbeitshose. So schreiben sie ebenfalls auf die Boxenwand das Kalbedatum, das Geschlecht, sowie das Geburtsgewicht des Kalbes.
Ein bis zwei Kreidestriche finden sich auch an der Boxenwand: „Nach der ersten Biestmilch geben wir noch zwei Mahlzeiten Mischkolostrum. Pro Mahlzeit ein Kreidestrich, so haben alle Mitarbeiter immer die Kontrolle darüber, ob das Kalb auch ausreichend versorgt ist“, betont die Laura Bühring.
In der ersten Woche bereits 8 bis 10 Liter
Nach dem Mischkolostrum wird den Kälbern in der ersten Woche ein 60%iges Magermilchpulver, zwei Mal täglich mit mindestens vier Litern pro Mahlzeit gefüttert. „Wenn wir am Ende der ersten Woche merken, dass die Kälber trinkfest sind, bekommen sie durchaus pro Mahlzeit dann auch fünf Liter getränkt“, so die Betriebsleiterin.
Die vier Boxenabteile mit jeweils 18 Einzelboxen werden im Rein-Raus-Prinzip gemanagt. So verlassen die 18 Kälber immer gemeinsam nach sieben bis zehn Tagen das Abteil, die Boxen werden dem Kärcher gereinigt, desinfiziert, frisch eingestreut und anschließen wieder neu belegt
Im Milchkuhbetrieb des Agrarunternehmens Starbach-Sachsen eG werden die weiblichen und männlichen Kälber unter den gleichen Bedingungen gehalten und gefüttert. „Wir ziehen nicht nur die weibliche Nachzucht auf, auch unsere Bullenkälber werden im Unternehmen gemästet. Wir bekommen eine direkte Rückmeldung vom Mastbetrieb, wenn das Einstallen problematisch bzw. das Mastergebnis nicht passend ist“, betont die Betriebsleiterin.
Umstallen nach festem Schema
Nach dem Umstallen in die Gruppeniglus mit 30er Gruppen heißt es für Laura Bühring, „die Kälber schnell ans selbstständige Saufen“ zu gewöhnen, damit die Entwicklung der Kälber und damit ihre Gesundheit nicht einknickt. Doch wie bekommt sie die vielen Kälber dazu, dass sie die Abrufstation schnellstmöglich selbstständig aufsuchen?
Das Zauberwort heißt: Feste, bewährte Routinen. So erhalten die Kälber am Umstallungstag morgens in den Einzelboxen noch zwei Liter Tränke, werden anschließend in die Gruppe gebracht und dort direkt an die Station geführt. „Die Kälber müssen noch etwas hungrig sein. Dann gelingt das Anlernen deutlich schneller“, davon ist Laura Bühring fest überzeugt.
Bei Bedarf, also wenn die Kälber noch nicht von sich aus zur Station gegangen sind, werden sie am nächsten Morgen nach dem Umstallen und dann mittags von den zwei Kälberfrauen noch einmal zur Tränkestation geführt. So erhalten sie bis zu drei Mal Hilfe. Bei ca. 60 % der Kälber sei das aber nicht notwendig. „Spätestens nach dem dritten Mal, laufen sie in der Regel von allein.“
Von Vorteil für das schnelle Anlernen sei auch, dass der Nuckel beleuchtet sei. Die Kälber seien deutlich interessierter, gerade in der Nacht.
Immer ein Erfolgserlebnis
Neben der festen Umstallungsroutine ermöglicht das QuadroFlex-System des Calfexpert-Tränkeautomaten (Holm und Laue), dass die Kälber schnell selbstständig werden. Denn bei zwei Anmisch-Mixern können vier Kälber gleichzeitig saufen. Das erleichtere das Anlernen gerade großer Gruppen und die Kälber würden nicht mehr negativ „konditioniert“. „Die Kälber haben immer ein Erfolgserlebnis. Früher war es nicht möglich, für zwei Kälber gleichzeitig die Tränke anzumischen. Dann kam ein Kalb vielleicht ein-, zwei Mal zum Automaten, ohne dass es saufen konnte. Spätestens nach dem dritten erfolglosen Besuch kamen sie nicht mehr freiwillig“, schildert die Betriebsleiterin ihre Erfahrungen.
Die Kälber erhalten hier bis zu 14 Liter Tränke am Tag, jeweils maximal 4 Liter pro Besuch . Dabei können die Kälber, bis sie die Tageshöchstmenge erreicht haben, so oft an den Automaten wie sie wollen. Ab dem 57 Tag werden sie dann langsam abgetränkt und nach insgesamt 77 Tagen abgesetzt.
Die Tränke besteht aus einem Milchaustauscher mit einem Magermilchpulver-Anteil von 40 %. „Die Tränkekurve habe ich selbst, nach meinen Vorstellungen, eingestellt. Mein Ziel ist eine möglichst hohe Tränkemenge“, sagt Laura Bühring und ergänzt: „Wir haben mit zwölf Litern angefangen und uns dann langsam auf jetzt 14 Liter gesteigert.“ Die hohe Tränkemenge sei auch deshalb wichtig, weil die klimatischen Bedingungen in der Aufstallung mit den Gruppeniglus nicht ganz optimal seien. „Besonders in den kalten Monaten zieht es extrem im Stall und Atemwegsprobleme sind leider keine Seltenheit. Durch die intensive Tränke haben die Tiere körperlich etwas mehr zuzusetzen.“
In den Gruppenbuchten wird den Kälbern auch eine Stroh-TMR, nicht nur bis zum Abtränken gefüttert, sondern so lange bis sie nach vier Monaten zum Aufzüchter, der auch zur Unternehmensgruppe gehört, gehen. Mit der konstanten TMR möchte die Betriebsleiterin den Stress beim Übergang in eine neue Umgebung für die Tiere reduzieren.
Gesundheitsprophylaxe ist streng getaktet
Genauso wie die Arbeitsabläufe ist auch die Gesundheitsprophylaxe streng getaktet. In der 1. Woche erhalten die jungen Kälber eine Parofor-Gabe gegen Kryptosporidien. „In dieser Phase haben wir leider immer wieder mit Durchfallerkrankungen zu kämpfen“, gibt Laura Bühring zu. Mit Einziehen der Ohrmarke wird außerdem intranasal die erste Grippeschutzimpfung gegeben. In der 2. Lebenswoche werden die jungen Tiere dann erst mal in Ruhe gelassen, damit sie die Umstallung so gut wie möglich verkraften können. Der weitere Prophylaxeplan sieht dann wie folgt aus:
- In der 3. Woche erhalten die Kälber die zweite Grippeschutzimpfung.
- Enthornt wird in der 4. Woche.
- In der 5. Lebenswoche wird dann das erste Mal gegen Flechte geimpft.
- In der 7. Woche gibt es die zweite Flechte-Impfung.
- Zum Umstallen vom Gruppeniglu in den ersten Jungviehstall erhalten die Tiere dann noch Baycox gegen Kokzidiose .
Neben dem strengen Prophylaxeplan wird auch die Fliegenbekämpfung penibel durchgeführt. Fliegen seien deshalb ein Problem, weil die Iglus zwar zwei Mal wöchentlich gestreut, aber nur nach dem Ausstallen gemistet, gekärchert und desinfiziert würden. „Wir fangen deshalb zeitig im Frühjahr an und streuen in den Gruppeniglus Granulat gegen die Fliegenlarven“, erklärt Laura Bühring. Außerdem wird ein biologisches Mittel über die Kälber versprüht.
Die aufwändigen Maßnahmen wie intensive Tränke, Hygiene und Prophylaxe machen sich für die Betriebsleiterin mit geringen Aufzuchtverlusten in jedem Fall bezahlt.
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