Investitionen in automatisches Melken erleben weiter – beflügelt durch die derzeit hohen Milchpreise – einen Boom. Doch manche Milcherzeuger scheuen davor zurück, 150.000 € und mehr für einen Roboter auszugeben und entscheiden sich daher für eine gebrauchte Maschine.
Pro und Contra gebraucht
Die niedrigeren Investitionskosten sind sicherlich das wichtigste Pro-Argument für einen gebrauchten Melkroboter. Melkroboter aus zweiter Hand kosten je nach Alter, Zustand, Instandsetzung und Modell zwischen 10.000 (Online-Handelsplattformen) und 80.000 €. Ist ein AMS professionell überholt worden, können sie durchaus auch noch zehn Jahre gute Dienste im Betrieb leisten.
Aber jeder Käufer sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Ausstattung der Secondhand-Maschinen nie dem neuesten Stand der Technik entspricht. Und diese hat sich bei den Herstellern in den letzten Jahren deutlich verbessert.
Dr. Ute Tiedemann
LWK NRW
Gerald Biedermann
LWK Niederösterreich
Vor allem beim Stromverbrauch (Kosten!), Durchsatz und Lärmbelastung hat sich einiges getan. Daraus ergibt sich auch, dass die jährlichen Kosten (fix und variabel) bei gebrauchten Maschinen unter dem Strich nicht unbedingt geringer ausfallen müssen.
Rechnet sich der Gebrauchte?
Ob sich ein gebrauchter Melkroboter lohnt, sollte man im Hinblick auf die kürzere Restnutzungsdauer im Vergleich zu einer neuen Maschine (Abschreibungen) und dem Ausfallrisiko bzw. den höheren Kosten für Strom etc. bewerten. „Bei der Unterstellung von realistischen Restnutzungsdauern und Restwerten sind die Gesamtkosten einer Neuanschaffung und eines Gebrauchtkaufes vergleichbar“, erklärt Gerald Biedermann (LWK Niederösterreich). Die Kalkulation ist jedoch sehr individuell, da der technische Zustand (Restnutzungsdauer) und der Preis gebrauchter Maschinen stark variieren können.
Otto Kirmaier
LKV Bayern
Alina Kofler
LWK Steiermark
Bastler und Stallerweiterungen
In folgenden Fällen kann der Secondhand-Melkroboter auch bei vergleichbarerer Kostenstruktur Sinn machen:
Kleinere Betriebe mit weniger als 40 Kühen, die Flexibilität durch ein automatisches Melksystem möchten, aber diesen nicht voll auslasten können. Hier müssen die Betriebsleiter für sich selbst die Kosten-Nutzen-Situation abschätzen, so Alina Kofler von der Landwirtschaftskammer Steiermark. Sinn kann ein Roboter bei kleineren Milchkuhherden mit weniger als 40 Kühen machen, wenn andere Betriebszweige vorhanden sind oder zusätzlich einer anderen Nebentätigkeit nachgegangen wird.
Ob nur Betriebe, die den Roboter nicht auslasten wollen, in Gebrauchte investieren sollten, darüber herrscht eine unterschiedliche Meinung. Rob Masselink, Geschäftsführer des Lely-Centers in Köln, ist der Ansicht, dass „generalüberholte Maschinen den gleichen Durchsatz schaffen.“ Otto Kirmaier, AMS-Berater (LKV Bayern), hat die Erfahrung gemacht, dass Secondhand-Maschinen langsamer und nicht ganz so zuverlässig melken, da sich die Sensorik bei Neumaschinen stark verbessert hat.
Bei gebrauchten Maschinen kann es eher mal zu technischen Problemen kommen. Deshalb macht der Gebrauchtkauf vor allem für Milcherzeuger Sinn, die auch mal selbst reparieren können und wollen.
Milcherzeuger, die planen ihre Herde aufzustocken und schon automatisch melken. Hier kann eine Gebrauchtmaschine, die z. B. den bereits vorhandenen Roboter-Modellen entspricht bzw. per Update auf das gleiche Niveau gebracht werden kann, diese ergänzen.
Die gebrauchten Maschinen sind durch die Aufbereitung teurer. Eine solche umfasst u. a. Reinigung, Überarbeitung sowie Software-Updates.
(Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)
Ebay oder vom Händler
Melkroboter aus zweiter Hand werden sowohl auf einschlägigen Handels-Plattformen als auch bei den Händlern (siehe Kasten) angeboten. Was gilt es zu beachten?
Bei einem privaten Handel muss man die Kosten für Transport, Abbau und Montage im eigenen Betrieb dem Kaufpreis hinzurechnen! Da es bei einem Privatverkauf keine Gewährleistung gibt, ist ein Vertrag zwischen den Milcherzeugern zu empfehlen. Auch wenn man sich den Roboter im Betrieb angeschaut hat, lässt sich nur schwer einschätzen, wie verschlissen die Maschine tatsächlich ist.
Ziel ist eine hohe Milchmenge pro Melkbox. Wir zeigen, wie Sie die Kühe ans Laufen bekommen.
Im Gegensatz dazu erhält man beim Kauf über Hersteller, Aufbereitungsfirmen oder Händler eine Garantie. Die gebrauchten Maschinen sind durch die Aufbereitung teurer. Eine solche umfasst u. a. Reinigung, Überarbeitung sowie Software-Updates. Einige Händler rüsten den Melkroboter bei Nachfrage mit neuester Technik auf. Ganz gleich wo der Melkroboter gekauft wird, die Service-Intervalle sind gleich.
Sven Bregler
Melktechnik Holger Braaf GmbH
Rob Masselink
Lely-Center Köln
Tipps für den Kauf
Damit der Melkroboter nach der Installation auch rund läuft und es zu keinen ungeplanten Zusatzkosten kommt, sollten folgende Punkte im Vorfeld bedacht werden:
Beim privaten Kauf sollte man darauf achten, dass der Roboter nicht bereits seit längerer Zeit gestanden hat. Die Risiken sind ansonsten nur schwer kalkulierbar.
Besteht die Möglichkeit, einen Melkroboter privat zu erwerben, sollte man beim Händler nachfragen, ob sich ein Servicetechniker diesen ansehen kann. Das geschulte Auge kann Schwachstellen besser erkennen. Schäden und Verschleiß werden häufig aber leider erst im Einsatz deutlich. Außerdem kann es beim Transport zu Beschädigungen z. B. an Sensoren oder Wasserventilen kommen, die vorher nicht absehbar waren. Zudem sollte man eine Kostenschätzung durch den Händler/Service bezüglich Durchsicht und nötige Ersatzteile einholen.
Besteht bei dem angebotenen Roboter bereits ein Wartungsvertrag, lässt sich nachforschen, ob alle Serviceintervalle eingehalten und welche Teile bereits ersetzt wurden, so Sven Bregler (Melktechnik Holger Braaf GmbH).
In keinem Fall sollte man den Melkroboter ohne Rücksprache mit dem Händler/Service kaufen, davon sind Dr. Ute Tiedemann (LWK Niedersachsen) und Otto Kirmaier (LKV Bayern) überzeugt. Nur wenn der Händler/Service mit im Boot ist, lässt sich sichergehen, dass Einbau und die Anbindung an die Software etc. reibungslos ablaufen.
Gebrauchte AMS sollten nicht älter als acht bis zehn Jahre sein. Die Hersteller selbst bieten keine Melkroboter an, die älter sind. „Wir möchten unseren Kunden garantieren können, dass sie auch noch in fünf bis zehn Jahren Ersatzteile und Updates für Gebrauchtmaschinen bei uns erhalten können“, erklärt Rob Masselink (Lely-Center Köln).
Die Gesamtanzahl an Melkungen pro Box beachten, sie zeigt, wie ausgelastet das Gerät war. Im Durchschnitt kann man von ca. 60.000 Melkungen pro Jahr ausgehen.
Bei gebrauchten Melkrobotern wird in Österreich keine Investitionsförderung gewährt. Deshalb kann die Kostendifferenz zwischen Neu- und Gebrauchtgerät deutlich niedriger ausfallen.
Beim Gebrauchtkauf auf Hygiene achten. Der gesamte Melkroboter muss gründlich gereinigt und desinfiziert werden (neue Zitzengummis!), bevor er eingebaut wird.
Gebrauchte AMS sollten nicht älter als acht bis zehn Jahre sein.
(Bildquelle: Ostermann-Palz)
Fazit: Trotz niedrigerer Investitionskosten fallen fixe und variable Kosten für gebrauchte Roboter nicht unbedingt niedriger aus. Milcherzeuger sollten sich gut überlegen, ob gebrauchte AMS zu ihrem Betrieb passen. In jedem Fall sollte der Händler beim Gebrauchtkauf mit ins Boot geholt werden.
Secondhand vom Hersteller
Lely betreibt das Taurus-Programm. Hierbei werden Roboter aufbereitet und je nach Käufer-Wunsch sogar „upgegradet“. Dazu kommt eine Garantie. Für diese Aufbereitung erhält der Roboter das Taurus-Zertifikat.
DeLaval-Händler verkaufen aufbereitete Melkroboter mit Garantie. „Milcherzeugern, die privat eine Gebrauchtmaschine gekauft haben, bieten wir ebenfalls an, diese „aufzuarbeiten“ und Ersatzteile etc. zu erneuern“, so Sven Bregler (Melktechnik Holger Braaf GmbH).
Gebrauchte von Lemmer Fullwood werden von Händlern bzw. vom Hersteller angeboten. Hier reicht das Angebot vom Kauf direkt aus dem Stall bis hin zu vollständig überarbeiteten Maschinen (Garantien).
Das Unternehmen RetrofitM hat sich auf die Aufbereitung des Mlone-Melkroboters aber auch auf die Monobox bzw. DairyRobot R9500 von GEA spezialisiert (Phönix-Programm, mit Garantie). Aber auch Händler verkaufen gebrauchte Melkroboter.
Sind die Melkroboter bestellt, sollte man frühzeitig mit der Planung rund um das Einmelken, die Fütterung und Arbeitsroutinen beginnen. Hier finden Sie Tipps!