Transitkühe vollbringen Stoffwechsel-Höchstleistungen. Bestimmte Zusatzstoffe versprechen, die Leber in dieser Zeit zu entlasten. Was ist dran und für wen lohnt sich der Einsatz?
Kühe stellen ihren Stoffwechsel rund um die Kalbung um. Auch die Leber benötigt dann viel Energie. Es gibt Wirkstoffe (Futtermittelzusatzstoffe oder Ergänzungsfuttermittel), die versprechen, sie in diesem Zeitraum zu entlasten und für gesündere Kühe und mehr Milch zu sorgen. Was ist dran an diesem Versprechen und für wen lohnt sich der Einsatz?
Viel Energie benötigt
Während es im Körper einer Kuh verschiedene Energielieferanten (z. B. Kohlenhydrate, Fette, Abbauprodukte) gibt, sind manche Organe auf Glukose als Energieträger angewiesen (z. B. das ungeborene Kalb oder das Euter).
Über 90 % der benötigen Glukose wird nicht über das Futter aufgenommen, sondern in der Leber neu gebildet. Das kostet viel Energie – in einem Zeitraum, der ohnehin durch eine negative Energiebilanz gekennzeichnet ist. Dafür nutzen Kühe die Abbauprodukte der Pansenmikroben oder schmelzen Körperfett ein. Dieses liefert mit Fettsäuren (z. B. NEFAs, nicht-veresterte Fettsäuren) und Glycerin Vorstufen für die Erzeugung von Energie und Glukose.
Wie genau sind die verschiedenen Ketose-Testsysteme? Eine Projektstudie zeigt Vergleiche und gibt praktische Hinweise für die Anwendung.
Idealerweise werden diese Vorstufen direkt in der Leber weiterverarbeitet. Übersteigt das Angebot an freien Fettsäuren aber die Verarbeitungskapazitäten, können sich Fettsäuren in der Leber anlagern und es kommt zum Fettleber-Syndrom. Alternativ entstehen Ketonkörper statt Glukose, welche auch von anderen Geweben als Energiequelle genutzt werden. Sie können der Kuh allerdings auch schaden (subklinische Ketose).
Nicht alle Kühe kommen gleich gut mit diesen Abbauprozessen zurecht. Bei einigen passt sich der Stoffwechsel an, andere entwickeln Stoffwechselstörungen.
Den Stoffwechsel über Futtermittel unterstützen?
Forschende wie Heather White (Universität Wisconsin/Madison) diskutieren zwei Methoden, um den Stoffwechsel von Transitkühen durch die Fütterung zu stärken:
Heather White
Bereitstellung von Glukose- und Energievorläufern – die Kuh muss diese nicht mehr selbst herstellen und spart Energie (z. B. Propylenglykol, Glycerin, Laktat, Propionat)
Unterstützung des Leber-Fettstoffwechsels und der „Nährstoffverteilung“ – der Kuh fällt es leichter, die benötigten Stoffwechselprozesse durchzuführen (zum Beispiel. durch Choline, die den Transport freier Fettsäuren aus der Leber heraus ermöglichen, oder funktionelle Fettsäuren wie konjugierte Linolsäuren/CLAs für den Fettstoffwechsel)
Zu diesen Wirkstoffen gibt es eine Vielzahl wissenschaftlicher Forschungsarbeiten. Viele zeigen positive Effekte: Kühe weisen günstigere Stoffwechselwege auf (s. u.) oder produzieren mehr Milch bei besseren Inhaltsstoffen. Dennoch sind nicht alle Wirkmechanismen im Körper vollständig entschlüsselt. Einige dieser Studien wurden auch von den Herstellern selbst finanziert.
Praxisverfügbar (Übersicht 1) sind unter anderem diese Inhaltsstoffe:
Propylenglykol, häufig als Gemisch mit Glycerin
Propionat und Cholin in verschiedenen chemischen Verbindungen
konjugierte Fettsäuren (CLAs)
Vitamine wie z. B. Niacin
Einige Produkte werden als Ergänzungsfuttermittel selbst in die Ration gegeben, andere gelangen in Form von Vormischungen oder einem Mischfutter auf den Hof.
Übersicht 1: Zusatzfuttermittel für die Frischmelkerphase (Auszug)
Altbekannt: Propylenglykol
Propylenglykol verändert das Verhältnis der freien Fettsäuren im Pansen (Propionat, Acetat, Butyrat) in Richtung einer glukogenischen, d. h. „glukosefreundlichen“ Umgebung (höherer Anteil Propionat). Die orale Eingabe von flüssigem Propylenglykol ist effektiver als die Einmischung eines Pulvers in die TMR und kann Ketosen wirkungsvoll behandeln. Gleichzeitig ist die händische Eingabe aufwendig, Propylenglykol mehr als fünf Tage am Stück gegeben kann den Pansen negativ beeinflussen.
Propylenglykol wirkt flüssig am besten, muss aber händisch eingegeben werden.
(Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)
Weitere Ergänzungsfuttermittel für die Frischmelker-Phase werden in den ersten Wochen der Laktation über den Mischwagen bzw. den Flüssigdosierer des Melkroboters gefüttert und weisen pansengeschützte Inhaltsstoffe auf. So müssen die Wirkstoffe nicht mehr den „Umweg“ über den Pansen gehen und kommen über Dünndarm und Blut direkt in der Leber an.
Risikotiere oder hohe Leistung
Was ist nun also von diesen Produkten zu halten? „Rein von der Wirkweise her bin ich ein großer Fan von Propy, Cholin, Niacin und Co“, berichtet Fütterungsberater Dominik Bützler von LandVet-QPlus. „Damit tun wir den Kühen auf jeden Fall etwas Gutes. Nur die Handhabung muss stimmen.“ Nicht jeder Milcherzeuger mische z. B. eine eigene Frischmelker-Ration.
In kleineren Herden ist es oft einfacher, den wenigen frischmelkenden Kühen von Hand eine Flüssigkeit einzugeben, wenn sie nicht fit sind oder mit sehr hohen Leistungen in die Laktation starten.
Rein von der Wirkweise bin ich ein großer Fan. Nur die Handhabung muss stimmen.
Dominik Bützler, LandVet-QPlus
Einen Fokus auf Risikotiere setzt auch Fütterungsexperte Thomas Mitzscherlich: „Die moderne Holstein-Kuh ist in der Lage, sich selbst zu helfen. Um die Fütterung wirtschaftlich zu gestalten, würde ich darum die Bedingungen im Stall, z. B. Klauengesundheit, Körperkondition oder Hygiene zur Abkalbung so weit wie möglich optimieren und lediglich Risikotiere, die zu fett oder zu dünn abkalben, mit Produkten unterstützen.“
Chancen sieht er in der Fütterung „entzündungshemmender“ Futtermittel wie z. B. pansengeschützten Leinsamen (Omega-3-Fettsäuren).
Klauengesundheit, Körperkondition, Hygiene – Zusatzfuttermittel können diese „Basics“ nur ergänzen.
(Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)
Tierärztin und Fütterungsberaterin Kathrin Nieland, HCS Herdenmanagement, nennt zwei Einsatzgebiete für diese Ergänzungsfuttermittel in der Transitperiode: „Entweder bei gut gemanagten Herden, die ihre Leistung um zwei bis zweieinhalb Liter steigern sollen. Oder als Teil der Maßnahmen bei akuten Problemen.“ Bei Leberproblemen (Fettlebern, schwere Ketosen, Kühe kommen nicht aufs Leistungsmaximum) setzt sie z. B. auf Cholin. Treten zu Beginn der Laktation vermehrt entzündliche Erkrankungen auf, empfiehlt sie energieliefernde Produkte wie z. B. Propionate. „Das muss aber betriebsindividuell entschieden werden.“
Fazit
Leider ist die Deklaration der Futtermittel oft nicht sehr aussagekräftig. Es gilt daher, mit dem Futterberater genau zu prüfen, ob die Produkte den Formulierungen bzw. den Dosierungen entsprechen, die sich in der Forschung als wirksam erwiesen haben.
Auch wenn sie nur über kurze Zeit eingesetzt werden, die Spezialfuttermittel sind teuer. Ob sich der Einsatz der Produkte wirtschaftlich gestalten lässt, ist am Ende eine einzelbetriebliche Entscheidung.
Fest steht: Kühe, die besser durch die Frischabkalberphase kommen, erreichen oft über die gesamte Länge der Laktation ein höheres Produktionsniveau.
Die Grassilage-Qualitäten des letzten Jahres sind wenig zufriedenstellend. Manchmal kann es Sinn machen, dann Futterfette einzusetzen. Worauf ist zu achten?
„Entzündungen“ sind in der Transitperiode normal und sogar nötig. Wird es zu viel, sind die wirtschaftlichen Schäden enorm. Wann es sich lohnt, einzugreifen.