Der Futtertisch ist übervoll mit frischem Kleegras. Kein Wunder, dass da nur einzelne Kühe der Braunviehherde von Anja und Christoph Glaser vom Vitalhof Glaser aus Schemmerhofen (Lkr. Biberach) auf der angrenzenden Weide grasen. In diesem Jahr hat die Weidesaison für die Herde mit 140 Kühen mit Ende März relativ spät begonnen. „Es war lange zu nass und mit der aktuellen Baustelle auf dem Hof, war das Herdenmanagement im Stall einfacher“, erklärt Betriebsleiterin Anja Glaser, als sie...
Der Futtertisch ist übervoll mit frischem Kleegras. Kein Wunder, dass da nur einzelne Kühe der Braunviehherde von Anja und Christoph Glaser vom Vitalhof Glaser aus Schemmerhofen (Lkr. Biberach) auf der angrenzenden Weide grasen. In diesem Jahr hat die Weidesaison für die Herde mit 140 Kühen mit Ende März relativ spät begonnen. „Es war lange zu nass und mit der aktuellen Baustelle auf dem Hof, war das Herdenmanagement im Stall einfacher“, erklärt Betriebsleiterin Anja Glaser, als sie kürzlich Teilnehmer der Internationalen Weidetagung auf ihrem Hof empfing.
Weidestart ist auf dem oberschwäbischen Betrieb für gewöhnlich ab Mitte März. Zur Angewöhnung an die Kurzrasenweide bekommt die Herde zwei Wochen vorher Frischgras, die Menge wird stetig gesteigert. Den Kühen stehen in der Saison komplette 15 ha arrondierter Weidefläche an einem Stück zur Verfügung. Sie ist schlauchförmig geschnitten, an der längsten Stelle beträgt die Entfernung zum Stall 1 km. „Die Kühe – vor allem die jungen – laufen diese Strecke ohne Probleme. Sie wird in der Regel komplett abgeweidet, wir mähen hier nicht.“ Nur was Unkräuter, wie Ampfer oder Brennessel angeht, ist die Betriebsleiter-Familie pingelig: „Die stechen wir von Hand aus“, sagt Anja Glaser, die zusätzlich als Lehrerin an der Fachschule für Landwirtschaft (Meisterschule) arbeitet.
Wie die Melkungen am Roboter halten?
Um die Auslastung der beiden Melkroboter auch in der Weidesaison zu gewährleisten, regelt seit 2021 ein Weidetor den Zugang zur Weide. Aktuell berichtet Glaser von durchschnittlich 2,6 Melkungen pro Kuh und Tag bei einer Leistung zwischen 7.500 und 8.000 kg. „Wir treiben im Sommer maximal zehn Tiere nach. Im Winter sind das mehr. Von der Weide haben wir aber schon zwei Jahre lang kein Tier mehr zum Melken holen müssen. Das klappt gut.“ Generell haben die Tiere alle sechs Stunden ein Melkanrecht. Frischlaktierende auch häufiger. Zu Beginn der Weidesaison wird das Weidetor für drei Tage offen gelassen, damit sich die Jungtiere daran gewöhnen können. „Wichtig ist außerdem, dass das Tor gut befestigt ist, um der Belastung stand zu halten. Außerdem sollte der Auslauf aus dem Stall relativ breit angelegt sein.“
Wir treiben von den 120 Laktierenden täglich maximal zehn Kühe nach.
Anja Glaser, Betriebsleiterin
Den ganzen Sommer über gibt es für die Herde die gleiche Ration im Stall: erst TMR, dann Kleegras. Vorgelegt wird das Futter einmal am Tag und per automatischem Futterschieber mehrmals rangeschoben. Am Trog bekommen alle ca. 2 kg Kraftfutter, bestehend aus einer eigenen Mischung aus Körnermais, Ackerbohnen und Triticale. Im Roboter kommen maximal 4 kg Kraftfutter in Form von Pellets oben drauf.
Betriebsspiegel:
140 Kühe, 70 bis 80 Jungtiere (90 % Braunvieh)
145 ha, davon 38 ha Weide
2,5 Ak
7.500 bis 8.000 kg Milch/Kuh/Tag
durchschnittl. 5,2 Laktationen
Weide macht viel Arbeit
Das junge Betriebsleiterpaar hat den Biobetrieb von Christoph Glasers Eltern 2022 übernommen. Den vor ca. 30 Jahren ausgesiedelten Laufstall haben sie bereits zweimal erweitert, 2019 kam der Umstieg vom Tandem-Melkstand auf einen Melkroboter.
Die Weidehaltung hat bei Glasers bereits 30 Jahre lang Tradition. Die Familie schätzt die vielen positiven Effekte der Weide für das Tier, auch wenn sie viel Arbeit macht. So bleibt das Jungvieh – 70 bis 80 Köpfe – in der Saison komplett auf der Weide. Beim Austrieb wird es auf vier Standorte mit insgesamt 20 ha je nach Alter und Größe sortiert. Über Zungentränken können sie sich dort selbst mit Wasser aus Bachläufen versorgen, Holzhütten mit Container sowie Hecken und Bäume sorgen für Schatten. Auch bei den Trockenstehern haben sie schon probiert auf eine solche Vollweide umzusteigen. „Das hat nicht funktioniert, ihnen wurde es draußen zu heiß.“
Im Herbst müssen die Geilstellen abgemäht werden und zweimal im Jahr gehen wir mit dem Ampferstecher raus.
Anja Glaser, Betriebsleiterin
Die Parasitenprophylaxe vor dem Austrieb nimmt der Betrieb sehr ernst, auch weil schon Fälle von Parafilariose aufgetreten sind: Die Betriebsleiterin schickt jährlich 20 Kotproben ein, um zu sehen, ob und welche Erreger vorhanden sind. Alle Jungrinder und Erstlaktierenden bekommen außerdem vor dem Austrieb ein Parasitenbekämpfungsmittel per Spritze hinters Ohr.
Alle vier Jahre Nachsaat
Die Weideflächen erhalten alle zwei Güllegaben, eine im Herbst nach dem Abmulchen, eine im Frühjahr. Alle vier Jahre erfolgt eine Nachsaat mit Kalkung, zum Teil auch mit Schwefelzusatz. Zweimal im Jahr geht Familie Glaser mit dem Ampferstecher über die Flächen. Brennessel und Distel kommen dann auch gleich mit raus. „Wichtig ist, im Herbst die Geilstellen abzumähen“, betont Anja Glaser. Die Jungviehweiden werden alle vier Jahre gemäht und in diesem Jahr dann nicht beweidet.
Die Klauengesundheit der Herde beurteilt die Betriebsleiterin und junge Mutter als gut: „Wir haben kein Mortellaro im Stall.“ In der Regel werden alle Klauen zwei Wochen vor dem Austrieb geschnitten. Sorgen machen ihr allerdings Fruchtbarkeitsprobleme, die Tiere nehmen nur schlecht auf: „Wir suchen noch nach der Ursache. Eventuell haben die hohen Kaliumgehalte in der Grassilage zu einem Magnesiummangel geführt.“ Mit Magnesiumoxid habe man hier schon reagiert, jetzt müsse sich nur noch die Wirkung einstellen und die Tiere wieder besser trächtig werden.
Wer mehr zum Thema Weide und Erfolgsfaktoren für die Weidehaltung lesen will, wird hier fündig:
Internationale Weidetagung
Das künftige Weidemanagement wird zum Beispiel mit Ampferrobotern oder virtuellen Zäunen digitaler. Ein Blick auf aktuelle Trends und Projekte von der Internationalen Weidetagung in Ravensburg.
Viele trockene Kühe verbringen den Sommer draußen. Doch wie wirken sich die Futteraufnahme und Hitze auf der Weide auf die Kuh und ihr ungeborenes Kalb aus?
Fliegen, Stechmücken und Bremsen auf der Weide bedeuten Stress. Sie können bei Kühen und Jungrindern für Leistungseinbußen sorgen. Wie kann man sie bekämpfen?