Hyperkeratosen (griech. hyper = übermäßig, keratos = Horn) entstehen als natürliche Reaktion auf eine mechanische Belastung. Ähnlich wie an unseren Händen, die bei regelmäßiger Beanspruchung Hornschwielen (Kallus) bilden, entstehen diese an der Zitzenspitze.
Sie erhöhen das Risiko für subklinische und klinische Mastitiden, erschweren die Reinigung der Zitzen und machen den Reinigungsprozess für die Kuh und das Melkpersonal unangenehm. Treten sie häufiger auf, sollte man daher...
Hyperkeratosen (griech. hyper = übermäßig, keratos = Horn) entstehen als natürliche Reaktion auf eine mechanische Belastung. Ähnlich wie an unseren Händen, die bei regelmäßiger Beanspruchung Hornschwielen (Kallus) bilden, entstehen diese an der Zitzenspitze.
Sie erhöhen das Risiko für subklinische und klinische Mastitiden, erschweren die Reinigung der Zitzen und machen den Reinigungsprozess für die Kuh und das Melkpersonal unangenehm. Treten sie häufiger auf, sollte man daher handeln. Aber wie stellt man ein Problem fest?
Kondition kontrollieren
Zu hohe Zellzahlen, Probleme mit Mastitis, auffällige Zitzenspitzen beim Melken: Wer das in den Griff bekommen möchte, sollte viermal im Jahr ein Zitzen-Scoring etablieren, um den Status quo zu ermitteln.
Die Beurteilung erfolgt nach einem vier-stufigen System (siehe Abbildung).
- Score 1 und Score 2 sind als „unauffällig“ einzuordnen.
- Ab einem Score 3 ist die Kuh als „problematisch“ einzustufen.
In kleinen Herden können alle Kühe kontrolliert werden. In größeren Herden reicht es, mindestens 80 Kühe oder 20 % der Herde zu begutachten. Dabei sollte die Auswahl so fallen, dass Tiere aus allen Gruppen (Alter und Laktationsstadium) per Zufall gewählt werden.
Für mehr Licht kann eine Taschen- oder Stirnlampe hilfreich sein. Die Dokumentation geht natürlich klassisch mit einem Blatt Papier, es gibt aber auch digitale Hilfsmittel, wie z. B. die App „Teat End Scorer“ der Wisconsin Universität (1,99 € im App Store, Sprache: Englisch, nur für Tablets).
Es sollten alle vier Zitzen begutachtet werden. Die Zitze mit dem höchsten Score bestimmt das Gesamtergebnis für die Kuh. Das heißt: Hat eine Kuh an drei Zitzen einen Score 2, aber an einer Zitze einen Score 3, dann wird sie als „problematisch“ eingestuft. Fallen mehr als 20 % der Kühe in die Kategorie „problematisch“, besteht Handlungsbedarf bzw. sollte auf Ursachenforschung gegangen werden.
Das sind die Fehler
Die Ursache für Hyperkeratosen ist eine zu hohe mechanische Beanspruchung der Zitze beim Melkprozess. Dazu gehören:
- Zu hohes Melkvakuum, welches auf eine hohe Melkgeschwindigkeit ausgelegt ist.
- Falsch eingestellte Pulsatoren: exzessiv lange Dauer der Massagephase (D-Phase). Sie sollte nicht länger als 250 ms sein. Derzeitige Industrieempfehlung sind 200 bis 250 ms für die D-Phase. Der National Mastitis Council empfiehlt nicht weniger als 150 ms für die D-Phase.
- Blindmelken: Falsch eingestellte Abnahmeautomatik oder falsches Anrüsten (< 60 Sekunden) der Kühe, was ebenfalls zu Blindmelken (bimodale Milchflusskurven) führt und die Zitze negativ beansprucht.
- Zitzengummi die nicht zur Dimensionen (Länge und Breite) der Zitzen in der Milchherde passen.
Risikofaktoren im Blick
Neben den Melkeinstellungen gib es mehrere Risikofaktoren, die die Entstehung von Hyperkeratosen begünstigen:
- Laktationszahl: Mehrkalbskühe haben ein höheres Risiko im Vergleich zu Erstkalbinnen.
- Laktationsstadium: Spätlaktierende haben ein höheres Risiko als Frischlaktierende.
- Zitzenform: Spitz zulaufende Zitzen haben ein höheres Risiko für Hyperkeratose. Danach folgen runde Enden. Das geringste Risiko besteht bei Zitzen mit flachem Ende. Der Gerund dafür ist, dass bei Zitzen mit spitzem Ende die Druckbelastung des kollabierenden Zitzengummis auf eine kleinere Fläche verteilt wird. Diese konzentrierte Druckbelastung auf eine relativ kleine Fläche erhöht das Risiko für Gewebeschäden, die zu Hyperkeratose führen.
- Jahreszeit und Witterung: Sowohl im frostigen Winter als auch in den heißen Sommermonaten mit geringer Luftfeuchtigkeit werden auf einigen Betrieben vermehrt Hyperkeratosen festgestellt. In beiden Fällen hängt dies sehr wahrscheinlich mit einer trockenen Zitzenhaut und dadurch einer Reduktion der Geschmeidigkeit der Zitze zusammen. Die Druckbelastung wird dann direkt auf den Zitzenkanal und das Zitzenende übertragen. Das kann auch in windigen Regionen der Fall sein.
- Zitzengummis (Material, Form, Dicke) beeinflussen die Beanspruchung der Zitze und können daher einen Einfluss auf die Bildung von Hyperkeratosen haben.
- Verwendung von Post-Dips mit geringem Emollient-Gehalt, also Dippmittel, die wenig Mittel enthalten, welche die Haut geschmeidig machen.
Verhornung bildet sich zurück
Genauso wie die Schwielen an unseren Händen, gehen auch Hyperkeratosen bei einer geringeren Beanspruchung der Zitzen wieder zurück. Es dauert in der Regel zwei bis acht Wochen, bis sich die Haut regeneriert hat. Wer die Melkeinstellungen anpasst, kann also in diesem Zeitrahmen mit einer positiven Verbesserung rechnen. Natürlicherweise bilden sich die Hyperkeratosen auch in der Trockenstehphase wieder zurück. Wie lange es dauert, ist davon abhängig wie stark die Hyperkeratose ist. Bei Extremfällen (Score 4) kann es sein, dass selbst eine Trockenstehzeit von acht Wochen nicht ausreicht, damit sich die Haut vollständig regeneriert.
Tipp: Dippmittel mit einer Peeling-Funktion verwenden. Diese basieren auf Säuren (häufig Laktatsäure) und sind in der Lage, alte Hautschüppchen zu entfernen. Unter Umständen können sie auch zur Entfernung von Hyperkeratosen beitragen. Wenn die Zitze mit einem sauberen, trockenen Stofftuch gereinigt wird, lässt sich die vorhandene Verhornung dann mechanisch entfernen.
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