Milcherzeuger, die alternative Heilmethoden einsetzen, sind längst keine Exoten mehr. Die am häufigsten eingesetzte Heilmethode ist sicherlich die Homöopathie. Doch es gibt auch andere Methoden, mit denen sich Kühe behandelt lassen. Wir haben Ihnen daher aus der Vielzahl der Angebote fünf Heilmethoden ausgesucht.
Vor dem Einsatz sollte aber die rechtliche Situation (!) abgeklärt werden, denn nicht alle Präparate sind auch für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen.
Homöopathie
Die Homöopathie wird auch oft als Ergänzung zu konventionellen Therapien eingesetzt. Homöopathika bekämpfen jedoch nicht den einzelnen Erreger, sondern sollen die Kühe ganzheitlich in ihrer Körperabwehr unterstützen.
Homöopathika werden aus pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Stoffen hergestellt. Diese Stoffe werden nach dem Potenzieren, auf alkoholischer Basis oder als Verreibung, auf Milchzuckerkügelchen aufgesprüht und als Globulis den Rindern verabreicht.
Aus der Ursubstanz bzw. Urtinktur einer Substanz entstehen über den Vorgang der Verschüttelung die Verdünnungsstufen 1:100 (C-Potenzen) bzw. 1:10 (D-Potenzen). Dabei geht man davon aus, dass je geringer die Dosis (Hochpotenzen), desto größer die Wirkung ist. Die Wirkung ist jedoch noch immer nicht lückenlos wissenschaftlich nachgewiesen.
Mit Homöopathika werden, wie bei der Akupunktur und den Schüßler-Salzen, vor allem Einzeltiere behandelt. Die Behandlung einer Tiergruppe ist jedoch auch möglich. Die Homöopathie eignet sich deshalb auch für größere Bestände.
Das Erlernen der Homöopathie ist relativ einfach. Bereits mit Grundkenntnissen lassen sich erste Erfolge erzielen. Für Milcherzeuger, die noch keine Erfahrungen mit der Homöopathie gesammelt haben, bietet sich am Anfang der Einsatz sogenannter Komplexmittel an. In diesen Mitteln sind mehrere Wirkstoffe in verschiedenen Potenzstufen kombiniert. Beim Einsatz kann man davon ausgehen, dass zumindest einer dieser enthaltenen Wirkstoffe auf das vorhandene Krankheitsbild passt.
Neben Komplexmitteln bieten sich für Einsteiger die drei folgenden Einzelmittel (Akutmittel) an:
- Arnica C200 löst den Schmerz, wird bei Prellungen und (hellroten) Blutungen, z. B. zur Geburt, eingesetzt.
- Aconitum C30 wird verabreicht, wenn eine Erkrankung – egal welche – gerade erst bzw. sehr plötzlich auftritt.
- Belladonna C30 ist angezeigt, wenn sich eine Erkrankung festgesetzt hat. Homöopathika werden in der Regel als Globuli (Streukügelchen) über das Maul der Kühe oder die Scheide verabreicht.
Bei der Behandlung größerer Gruppen können die Mittel auch aufgelöst und mit einer Sprühflasche über die Nasenschleimhaut oder ins Trinkwasser gegeben werden. Für erfahrene Milcherzeuger bietet sich der Einsatz von Konstitutionsmitteln an. Diese sollen Kräfte im Körper aktivieren, die langfristig vor Erkrankungen schützen sollen.
Homöopathika müssen für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen sein (Umwidmung ist möglich) und immer ins Bestandsbuch eingetragen werden.
Phytotherapie
Bei der Phytotherapie setzt man Heilpflanzen (ganze Pflanzen oder Pflanzenteile) als Arzneimittel ein. Diese werden auf Milchkuhbetrieben häufig als Futterzusatzstoffe eingesetzt. Sie können aber auch frisch, als Aufguss oder getrocknet sowohl innerlich als auch äußerlich angewendet werden. Dabei stärken sie die Abwehrkräfte und können nicht nur als Therapie, sondern auch zur Prophylaxe eingesetzt werden.
Sie eignen sich für leichte bis mittelschwere und auch chronische Erkrankungen. Die Phytotherapie kann auch in Kombination mit konventionellen Therapien eingesetzt werden. Bei einer Therapie muss man aber immer beachten, dass die Pflanzen auch starke Nebenwirkungen zeigen können.
Heilkräuter lassen sich sowohl in der Einzeltier- als auch zur Behandlung einer Gruppe/eines Bestandes einsetzen. Sie sind deshalb auch für größere Herden (> 100 Kühe) geeignet. Die Anwendung dieses Naturheilverfahrens erfordert kein großes Fachwissen, wie z. B. bei der Akupunktur.
Die Phytotherapie wird eingesetzt bei Erkrankungen des Stoffwechsels, des Magen-Darmtraktes, der Atemwege, des Euters, zur Stärkung des Immunsystems, zur Wundbehandlung, bei Fruchtbarkeitsstörungen und bei Gelenk- bzw. Klauenproblemen.
Die wichtigsten Wirkstoffgruppen sind: Ätherische Öle, Alkaloide, Anthracen-Derivate, Bitterstoffe, Flavonoide, Saponine, Schleimstoffe und Gerbstoffe.
Aus rechtlichen Gründen sollte beim Einsatz lebensmittelliefernder Tiere besser auf Handelspräparate zurückgegriffen werden.
Akupunktur
Die Akupunktur ist eine aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) stammende Therapiemethode und wissenschaftlich anerkannt. Bei dieser Methode geht man davon aus, dass jede Krankheit durch ein Ungleichgewicht der Energien im Körper (Yin und Yang) ausgelöst werden.
Die Energie fließt entlang der 12 Energieleitbahnen, die sogenannten Meridiane. Wird dieser Energiefluss gestört, können verschiedene Krankheiten oder Schmerzzustände auftreten. Durch einen gezielten Stich (Stimulation) auf die entsprechenden Akupunkturpunkte entlang der Meridiane soll der Energiefluss wieder hergestellt und die Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Für die gängigsten Behandlungen werden ca. 150 Akupunkturpunkte beim Rind genutzt.
Gestochen wird in der Regel mit dünnen, flexiblen Akupunkturnadeln, die 30 mm lang sind und einen Durchmesser von 0,3 bis 0,35 mm aufweisen. Der Zeitaufwand für eine Therapie ist sehr hoch. Deshalb empfiehlt sich die Akupunktur nur als Einzeltiertherapie. Die Akupunktur-Behandlung erfordert viel Übung. Man sollte in jedem Fall an einem Akupunkturkurs teilnehmen.
Taping
Die bunten, dehnbaren Tapes sollen positiv auf Muskeln und Stoffwechsel wirken. Die flexiblen Klebestreifen sind ca. 5 cm breit und aus Baumwollgewebe gefertigt. Auf der Unterseite befindet sich ein temperatursensitiver Acrylkleber. Mit ihm werden die Tapes auf die Körperstellen geklebt, die behandelt werden sollen. Bei der Anwendung muss keine Wartezeit eingehalten werden, Nebenwirkungen sind nicht bekannt.
Die Anwendungsgebiete sind u. a.: Gelenk- und Muskelfunktionen unterstützen, Schmerzen lindern, Lymphzirkulation verbessern, Stoffwechsel anregen. Bei Problemen mit Sehnen und Gelenken sollen Tapes unterstützend wirken. Bei Schwellungen (Ödeme, Entzündungen) kann das Aufkleben die Zirkulation von Blut und Flüssigkeiten anregen. Denn durch das Aufkleben wird die Hautoberfläche angehoben, sodass schädliche Stoffe abtransportiert werden können. Die Tapes lassen sich gut mit der klassischen Medizin kombinieren.
Schüßler Salze
Die Therapie beruht auf der Annahme, dass jede heilbare Krankheit durch eine Störung des Mineralstoffhaushaltes entsteht. Die sogenannten Schüßler-Salze sollen deshalb direkt auf den Mineralstoffhaushalt der Zellen wirken. Hierbei soll aber nicht ein Mangel ausgeglichen, sondern die Mineralstoffaufnahme der Rinder aus dem Futter verbessert werden.
Insgesamt gibt es 12 Haupt- und 12 Ergänzungssalze. Durch die geringe Anzahl der Salze ist die Auswahl auch mit wenig Erfahrung möglich. Jedes Schüßler-Salz besteht aus zwei Mineralstoffen. Wie bei der Homöopathie werden auch die Salze auf D6 bis D12 potenziert. Da sie als Tabletten verabreicht werden, ist ihr Einsatz eher für Einzeltier- als für Herdentherapien geeignet. Wichtig ist, dass passende Salze miteinander kombiniert werden und sich nicht in ihrer Wirkung aufheben.
Schüßler-Salze sind nicht für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen, sie müssen vom Tierarzt umgewidmet werden.
Informationen zu Kursen über die verschiedenen Heilmethoden finden Sie u. a. bei den Landwirtschaftskammern Niedersachsen und NRW
Was leisten alternative Heilmethoden wie Pflanzentherapie oder Homöopathie bei Erkrankungen im Kuhstall? Antworten darauf haben uns zwei Experten gegeben.
Der Schweizer Hans Braun verzichtet in seiner Herde seit 2005 auf Antibiotika, seit 2011 auf Kraftfutter. Der wichtigste Erfolgsfaktor ist für ihn die Genetik im Stall.