Zuchtwertschätzung 

Neue Zuchtmerkmale für Holsteins 

Mit der ZWS im April 2023 werden bei Holsteins neue Merkmale und Anpassungen eingeführt: Euterbalance, Vorderbeinstellung, Rippenstruktur und Persistenz. 

Der Bundesverband Rind und Schein e.V. (BRS) sowie das Rechenzentrum in Verden (vit) haben folgende Neuerungen für Holsteinbullen und -kühe angekündigt, die ab der Zuchtwertschätzung im April 2023 gelten sollen: 
  • Exterieur: Die bisherigen Versuchsmerkmale „Euterbalance“ und „Vorderbeinstellung“ werden zu regulären Merkmalen. Zudem wurde nach internationaler Abstimmung beschlossen, das Merkmal „Milchcharakter“ neu zu definieren und zu benennen. 
  • Persistenz: Neben den Anpassungen im Exterieur wird erstmals ein neuer Zuchtwert für Persistenz eingeführt. 

1. Neu: Merkmal Euterbalance 

Das Merkmal Euterbalance gehört zu den linearen Exterieur-Merkmalen und beschreibt den Höhenunterschied zwischen Vor- und Hintereuter. Neun Punkte werden vergeben, wenn das Vordereuter fünf oder mehr cm tiefer ist als das Hintereuter. Bei fünf Punkten sind Vorder- und Hintereuter auf gleicher Höhe. Ein Punkt bedeutet, dass das Hintereuter fünf oder mehr cm tiefer ist als das Vordereuter (siehe Abbildung). 

Merkmal Euterbalance (Bildquelle: BRS)

Im Mittel von 528.272 linearen Einstufungen liegt das Merkmal Euterbalance bei 5,3. Die Erblichkeit ist mit 11 % etwas geringer als bei anderen Eutermerkmalen. Die Beziehung zwischen Euterbalance und Merkmalen wie Eutergesundheit oder Nutzungsdauer ist nur gering. Durch die zunehmende Verbreitung automatischer Melksysteme wächst die Bedeutung dieses Merkmals. 

Das Merkmal Euterbalance beschreibt den Höhenunterschied zwischen Vor- und Hintereuter. (Bildquelle: Stöcker-Gamigliano )

2. Neu: Merkmal Vorderbeinstellung 

Auch das Merkmal Vorderbeinstellung gehört zu den linearen Exterieur-Merkmalen, beschreibt die Stellung der Vorderbeine zueinander und wird von hinten gesehen beurteilt. Bei neun Punkten stehen die Vorderbeine parallel zueinander. Fünf Punkte bedeuten, dass die Klauen um 20 Grad nach außen gedreht sind. Bei einem Punkt sind die Klauen mehr als 60 Grad nach außen gedreht (siehe Abbildung). 

Merkmal Vorderbeinstellung (Bildquelle: BRS )

Im Mittel von 529.468 linearen Einstufungen liegt das Merkmal Vorderbeinstellung bei 5,2. Die Erblichkeit entspricht mit 9 % den anderen Fundament-Merkmalen. Die Beziehung der Vorderbeinstellung zu den Merkmalen Klauengesundheit und Nutzungsdauer ist leicht positiv. 
Vorerst werden die beiden neuen Linearmerkmale Euterbalance und Vorderbeinstellung noch nicht bei der Berechnung der zusammenfassenden Zuchtwerte für Euter bzw. Fundament berücksichtigt. Dies soll erst auf Basis von Erfahrungen mit den neuen Zuchtwerten erfolgen. 

Das Merkmal Vorderbeinstellung gehört zu den linearen Exterieur-Merkmalen und beschreibt die Stellung der Vorderbeine zueinander. (Bildquelle: Hünnies)

3. Rippenstruktur statt Milchcharakter 

Das bisherige Merkmal Milchcharakter (international „angularity“, zukünftig „rip structure“) wird ab April durch das Merkmal „Rippenstruktur“ ersetzt. Unter der Bezeichnung Milchcharakter wurde bisher die Schärfe im Widerrist definiert. Das neue Merkmal Rippenstruktur soll stattdessen die Wölbung und den Winkel der Rippe beschreiben. Neun Punkte bedeuten eine stark gewölbte, schräg nach hinten zeigende Rippe. Bei einem Punkt ist die Rippe kaum gewölbt/flach und zeigt nicht bzw. wenig nach hinten (siehe Abbildung).  

Merkmal Rippenstruktur (Bildquelle: BRS )

Das Merkmal Rippenstruktur soll die Wölbung und den Winkel der Rippe beschreiben. (Bildquelle: Hilbk-Kortenbruck )

4. Neuer Zuchtwert für Persistenz 

Persistenz meint das Durchhaltevermögen der Milchleistung über die Laktation und rückt unter anderem durch die Strategie verlängerter Zwischenkalbezeiten stärker in den Fokus. Der neue Zuchtwert für Persistenz ist demnach darauf ausgerichtet, die genetisch bedingten Persistenz-Unterschiede zwischen Einzeltieren zu beschreiben. Ein Unterschied dieses neuen Zuchtwertes gegenüber bereits bestehenden Persistenz-Zuchtwerten in anderen Ländern ist, dass er darauf ausgerichtet ist, die Persistenz in langen Laktationen (z.B. mindestens 400 Tage) zu verbessern, während sich andere Zuchtwerte auf die Persistenz innerhalb der 305-Tage-Standardlaktation beziehen.
  • Die Leistung über die verlängerte Laktation wird anhand der Fett- und Eiweißmenge gemessen und über die ersten drei Laktationen jeder Kuh betrachtet (analog zur Berechnung des RZM).
  • Es gibt keine negative Beziehung zwischen dem Persistenz-Zuchtwert und der 305-Tage-Leistung. Im Gegenteil ergibt sich durch die Überlegenheit in der zweiten Laktationshälfte bei identischer Peakleistung insgesamt eine leicht positive Beziehung von Persistenz und Milchleistung (RZM).
  • Zwischen Persistenz und Nutzungsdauer gibt es ebenfalls eine leicht positive Beziehung. Zu Gesundheit, Exterieur und den anderen funktionalen Merkmalen zeigen sich weder deutlich negative noch deutlich positive Korrelationen
Erste Auswertungen zeigen, dass die Töchter von Bullen mit einem hohen (im Mittel 118,6) und einem niedrigen (im Mittel 94,3) Persistenz-Zuchtwert im ersten Teil der Laktation eine fast identische Laktationskurve zeigen. Die Unterschiede zeigen sich also erst ab der zweiten Laktationshälfte. Mit zunehmender Laktationslänge und vor allem jenseits von 305 Tagen wird der Unterschied, das heißt der Vorsprung der Töchter von Bullen mit hohem Persistenz-Zuchtwert, immer größer. 
Für welche Betriebe die Zucht auf Persistenz sinnvoll ist, hängt vom Managementsystem ab. Je länger die tatsächliche Laktationslänge ist bzw. angestrebt wird, desto eher ist eine Berücksichtigung des Persistenz-Zuchtwertes sinnvoll. 
Quellen: BRS, vit, Milchrind 

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Zuchtwertschätzung Holsteins Dezember 2022

RZG 167 genomisch und RZG 161 töchtergeprüft 

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