Elite Dairy Tour 2021

Schön alt werden

Mit voller Familien-Power sorgen Lohmöllers für ihre Herde. Alle sind sich einig: Bei 70 Kühen bleibt genug Zeit für Freizeit und ihre Leidenschaft, die Zucht! 

Eigentlich kennt man Familie Lohmöller aus Emsbüren als Züchter mit ganz großem Namen: Neben zahlreichen Schau-Erfolgen und Zuchttier-Verkäufen sorgte zuletzt vor allem TJ Loh Alesjja für Aufsehen, die den Supreme Champion-Titel der Germany Dairy Show 2019 mit nach Hause nehmen konnte. Doch dass sich hinter dem weithin bekannten Kürzel Loh-An Holsteins ein Familienbetrieb mit extrem hoher Lebensleistung und spannenden Gedanken zum Betriebskonzept verbirgt, ist weniger bekannt. Grund für uns, dem Emsland im Rahmen der Elite Dairy Tour einen Besuch abzustatten.

Betriebsspiegel 

70 Kühe 
12.300 kg Milch (3,5% Fett und 4% Eiweiß)
55 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche + 20 Hektar Wald 
1,5 bis 2,5 AK – 100 % Familie

Betriebsstandbeine: Zucht und Milch

Derzeit fußt der Betrieb mit seiner knapp 70-köpfigen Holsteinherde plus Nachzucht vor allem auf dem Verkauf von Milch. Gut 12.300 kg Milch geben die beeindruckend exterieurstarken Schwarz- und vereinzelten Rotbunten im gleitenden Schnitt. Darüber hinaus haben Andreas und Sabine Lohmöller zusammen mit ihren vier Kindern Jake, Devon, Alison und Luke in den vergangenen Jahren den Zuchttierverkauf deutlich ausgebaut.
„Letztes Jahr haben wir 30 Melkende verkauft, dazu kommen zunehmend halbjährige Jungrinder mit besonderer Genetik“, erklärt Andreas Lohmöller. „Das macht mittlerweile 20 bis 30% des Betriebseinkommens aus.“

Zwei Aushänge-Schilder der Loh-An-Herde: Loh Lilli Brax (EX 95, 5. Laktation, v. Braxton) und Loh Tj Alesjja (Ex 92, 3. Laktation, v. Armani, im gemeinsamen Besitz von Jake Lohmöller, Torben Melbaum, Nosbisch Holsteins und Marc Blaise) (Bildquelle: Hilbk-Kortenbruck )

Das gemeinsame Familien-Hobby, Tierschauen zu beschicken, sorgt für steigende Bekanntheit. Und letztlich sind die Färsen einfach übrig – denn neben einer niedrigen Remontierungsrate von 10 bis 14% weisen die Kühe von Lohmöllers eine extrem hohe Lebensleistung auf! Fast 63.000 kg Milch haben die abgegangenen Kühe im letzten Jahr gegeben; das ergibt eine Lebenstagsleistung der Abgangstiere von über 24 kg. Und das bei Zellzahlen von 77.000 Zellen/ml Milch.
Komplett zufrieden ist Andreas Lohmöller damit allerdings noch nicht: „Wir hatten viel zu wenig 100.000-Liter-Kühe, nur 25“, meint er, nur halb im Spaß, „immerhin folgen sieben oder acht Kühe, die diesen Meilenstein in ihrer nächsten Laktation erreichen werden.“ Rund 15% der Herde werden „passend für die Schau“ besamt; ansonsten ist die Fruchtbarkeit (FWZ) tierindividuell ausgelegt. Die durchschnittliche Zwischenkalbezeit liegt derzeit bei ca. 456 Tagen.

Färsen dürfen langsam starten

Neben dem Exterieur ist auch eine lange Nutzungsdauer erklärtes Zuchtziel bei Familie Lohmöller. Dabei dürfen die jungen Kühe ruhig langsam starten: „Unsere Färsen müssen keine 11.000 kg geben, die sollen lieber drei Kälber mehr haben“, erklärt der Betriebsleiter. Das zeigt sich auch im LKV-Bericht: Während die Erstlaktierenden von der Leistung her noch nicht mit den +25% mithalten können, überflügeln sie diese spätestens mit der dritten Laktation um über 2.000 kg. „Die hohe Leistung kommt bei uns vor allem durch die hohe Futteraufnahme“, ergänzt Andreas Lohmöller, „das können die Färsen ja noch gar nicht fressen.“
Unsere Färsen müssen keine 11.000 Liter geben, sie sollen lieber drei Kälber mehr bekommen. 
Andreas Lohmöller 
Wenn nicht gerade eine langjährige Dürre dazwischenkommt, erreichen Lohmöllers mit sehr gutem Grundfutter und hoher Verdaulichkeit Futteraufnahmen zwischen 24,5 bis 28 kg Trockenmasse pro Tier und Tag und eine Grundfutterleistung von mehr als 6.000 kg.
Andreas Lohmöller legt zwar viel Wert auf eine regelmäßige Grünlandpflege und sachgemäße Grundfutterbergung , hat jedoch nicht den Anspruch, all dies selber zu machen: „Eigene Maschinen haben wir für die Grünland-Pflege, die Bodenbearbeitung, dazu Wender und Schwader – den Rest übernimmt der Lohnunternehmer. Wenn ich alleine bin und da kalbt eine Kuh, kann ich nicht stundenlang auf dem Trecker sitzen.“

Heu für alle 

„Wir sind Heu-Fans“, berichtet Hofnachfolger Devon von einer weiteren Besonderheit. Denn neben den Schaukühen, die während des Melkens an die „Heubar“ dürfen, erhalten auch Frischabkalber und abgesetzte Jungrinder täglich eine entsprechende Portion. Trockensteher und ältere Rinder werden seit einem Jahr mit einer Ration aus Stroh und Kraftfutter gefüttert. „Die bleibt auch bei unserer Herdengröße im Sommer immer frisch, zudem haben alte Kühe weniger Schwellungen und es dadurch einfacher“, erklärt der Mittzwanziger.

Neben den Schaukühen, die während des Melkens an die „Heubar“ dürfen, erhalten auch Frischabkalber und abgesetzte Jungrinder täglich eine entsprechende Portion Heu. (Bildquelle: Hilbk-Kortenbruck)

Tiere aller Altersklassen bis auf Trockensteher haben zudem die Möglichkeit, eine Weide oder wenigstens einen Auslauf aufzusuchen. Devon Lohmöller ist sich sicher: „Viel Bewegung tut ihnen einfach gut.“ Tragende Färsen verbringen in der Regel mindestens den frühen Sommer auf der Vollweide. Je nach Futter und Witterung kommen sie im Hochsommer wieder zum Hof, spätestens aber 40 Tage vor der Kalbung zur Anfütterung.
Lohmöllers Kälber werden zuerst in Einzel- und später zu viert oder fünft in Großraumiglus gehalten. In den ersten drei Wochen verfahren sie mit einer ad-libitum-MAT-Tränke. Abgesetzt wird schließlich mit zehn bis zwölf Wochen, je nachdem, wann eine Gruppe „voll“ ist. Abgesetzte Kälber bekommen Heu, etwas Maissilage und Kraftfutter, im Besamungsalter dann Stroh und Kraftfutter. Mit ca. 14 Monaten werden die Jungrinder zum ersten Mal besamt.

Stall und Melkstand aus den 80ern 

Noch ein bisschen spannender sind Milchleistung, Tiergesundheit und Nutzungsdauer unter dem Aspekt, dass Familie Lohmöller die Herde noch in Stall und Melkstand von 1980 betreut. Zwar haben sie immer wieder investiert und modernisiert (Lüfter, Fressgitter, Liegeboxen, …), dennoch findet sich bis auf eine Milchmengenmessung keine moderne Sensortechnik im Stall.
Das gesamte Herdenmanagement geht über’s Auge – und mit sehr viel Einsatz:
  • Tägliches Einstreuen der Liegeboxen plus eine Reinigung bei jedem Stallgang zur Brunstkontrolle – fünf bis sechsmal pro Tag!
  • Intensive Melkhygiene: Vormelken, ein Tuch pro Kuh, 40 Sekunden Stimulation – und dann nicht mehr anfassen.
  • „Kuh-Kenntnis“, Brunstkalender und Karteikarten für den Repro- und Besamungsbereich. Lohmöllers besamen alle Tiere selbst.
  • Wenigstens drei Personen haben alle Kühe im Kopf – „Bei Frischabkalbern guckt man doppelt!“
  • Klauenpflege macht die Familie selbst, alle drei Wochen ist der Tierarzt auf dem Hof (TU und Bestandsbetreuung). 
  • Einfache, sichere Ration als Kompakt-TMR (Mais, Gras, Stroh, Raps-/Maisschrot, Wasser; Säurepulver im Sommer) – morgens vor dem Melken wird frisch gefüttert, damit das Futter auch im Sommer schön kalt bleibt.
  • Weidegang aus Überzeugung, im Sommer nachts.
„Mittlerweile sind wir in anderthalb Stunden mit der gesamten Stallzeit durch, das ist sehr entspannt. Doch das war nicht immer so“, berichtet Andreas Lohmöller, „denn gerade, als die Kinder klein waren, sind 70 Kühe alleine als Familie doch eine ziemliche Herausforderung – vor allem, wenn neben der normalen Stallarbeit noch die Zuchtgeschichten wie Auktionen, Tierschauen, Tierarzttermine zum Spülen oder Renovierungen im Stall dazukommen.“

Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren im Kuhstall von Familie Lohmöller

| Kuhkomfort und Auslauf
| Futterqualität
| Kontrolle: das Auge für die Kuh – „Es ist immer jemand im Stall, der etwas sieht!“

Die Betriebsstätte der Familie Lohmöller in Listrup, Emsbüren. Links oben der Auslauf der Jungrinder, rechts unten das Wohnhaus und ja: genauso ordentlich und sauber war es auch bei unserem Besuch!  (Bildquelle: Lohmöller )

Genetik als wichtige Grundlage

Ohne das Thema Zucht funktioniert ein Besuch bei Familie Lohmöller natürlich auch nicht. Spätestens bei den Melkenden zeigt sich, welchen Erfolg die Züchter-Leidenschaft mit sich bringt. Nicht nur, dass sich eine „Granate“ nach der nächsten im Laufstall präsentiert, sondern vor allem, wie unfassbar jugendlich die Kühe aussehen, wenn man das hohe Durchschnittsalter bedenkt.
Das Zuchtziel bei Loh-An Holsteins: „Wir wollen ausbalancierte Kühe mit Veranlagung für Milch – denn das ist die Voraussetzung. Die Kühe müssen es auch leisten können!“ Obwohl fast jede Besamung bei so viel züchterischem Sachverstand in der Familie heiß diskutiert wird, sind sich Eltern und Kinder hier einig. „Hohe Leistungen und Langlebigkeit erreicht man durch gutes Management. Die Genetik und speziell das Exterieur liefern aber wichtige Grundlagen dafür“, erklären Devon und Andreas. Ihrer Philosophie nach führen ein breiter und starker Körper, gute Fundamente und ein tadelloses Euter dazu, dass Kühe viel fressen können und alt werden.

Von links: Devon Lohmöller mit Freundin Sara Raff, Loh Big Bella (EX 93, 5. Laktation, v. Goldsun), Loh TJ Alesjja (EX 92, 3. Laktation, v. Armani), Loh Lilli Brax (EX 95, 5. Laktation, v. Braxton), WHO Sataday (VG 89, 3. Laktation, v. Megastar) und Andreas Lohmöller.  (Bildquelle: Stöcker-Gamigliano)

Das zu erreichen, ist aber gar nicht so einfach: „Kühe müssen ausgeglichener werden – aber ohne Breite zu verlieren!“ Die Zucht sei zu einseitig geworden. „Warum gibt es fünf Bullen mit RZG 165, aber keinen mit fünf 100.000-kg-Müttern im Pedigree?“, äußert sich Andreas Lohmöller kritisch. Extreme Vererber findet man in ihrem Spermabehälter kaum. Eine Besonderheit ist vielmehr, dass sie häufig eigene Deckbullen einsetzen, die sich schon oft vielversprechend vererbt haben. Im April 2021 gehörten elf Kühe mit einer Einstufung von 92 Punkten und höher zu Herde, wovon fünf Kühe von selbst gezüchteten Deckbullen abstammen.
Neben klassischen Einzelzuchtwerten (Fruchtbarkeit, Eutergesundheit, wenig Größe) und Linear-Profil nutzen sie vor allem das Triple-A-System. Künftig wollen sie neben Schauqualität, Nutzungsdauer und weiteren funktionalen Merkmalen zusätzlich die Inhaltsstoffe züchterisch verbessern.

Stark als Familienbetrieb

Gerne würden Lohmöllers ihren Tieren noch mehr Komfort bieten, z.B. durch den Bau einer neuen Liegehalle. Doch der Betriebsstandort ist ausgereizt. Unerwartet: Wirklich stören tut das Andreas und Devon Lohmöller nicht. „Mit unserer Betriebsgröße sind wir flexibel in alle Richtungen. Wir können wachsen, wir können 20 Kühe komplett auf der Weide halten, wenn die Gesellschaft sich das wünscht; wir könnten sogar aufhören – das kann nicht jeder von sich behaupten“, erklärt Andreas Lohmöller zufrieden und streckt den Rücken durch. „Derzeit sind wir jeden Tag dankbar für unsere kleine Herde.“
Mit unserer Betriebsgröße sind wir flexibel in alle Richtungen.
Andreas Lohmöller 
Sorgen machen den beiden eher die steigenden Auflagen und die Politik. Problematisch könnte künftig die Dünge-Verordnung werden, um weiter auf dem sandigen Standort gute Grundfutter-Leistungen erreichen zu können. Erst einmal will Familie Lohmöller aber so lange wie möglich mit dieser Kuhzahl weitermelken und die Qualität weiter verbessern. Warum sie weitermelken? „Wegen der Kühe – das macht Spaß und ist wirklich der tollste Beruf“, bekräftigt Andreas Lohmöller. Und Devon sitzt entspannt in seinem Stuhl, lächelt und nickt.

Bildergalerie Betrieb 

Das hat uns besonders beeindruckt: 

  • Die alten Kühe, die dabei so jugendlich aussehen! – Während sie ohne Sonderbehandlung normal im Laufstall mitlaufen und uns direkt zu Beginn eine 100.000-kg-Kuh auf drei Beinen begrüßt, weil sie sich entspannt am Hinterbein kratzt…
  • Die beeindruckenden Zahlen im Bereich Lebensleistung und Lebenstagsleistung! - Und das, obwohl es bei Schau-Fanatikern auch immer einige „Langzeittrockensteher“ gibt.
  • Der Kuhkomfort in Altgebäuden! – Gute Luft, gepflegte Tiefboxen und die ruhige Atmosphäre innerhalb der Herde verleiten nicht gerade zu dem Gedanken, dass es hier unbedingt einen neuen Kuhstall braucht. 
  • Die Zufriedenheit! – Begeisterung für Kühe, Familienzusammenhalt und eine totale Zufriedenheit mit dem eigenen Gesamtkonzept sind drei entscheidende Aspekte, um an der Milchproduktion festzuhalten.
Info: Am 8. April 2022 veranstalten LOH-AN HOLSTEINS gemeinsam mit FUTURE GENETICS und HÖVEN HOLSTEINS die erste „The Best of the North West Sale“. Mehr dazu. 

Bildergalerie Schaukühe 

Die Sponsoren der Elite Dairy Tour 2021. (Bildquelle: Elite)


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