Jan Schedding ist 31 Jahre alt und erfüllt sich endlich einen Lebenstraum: Auf dem Betriebsgelände, auf dem seine Eltern 2017 die Milchkuhhaltung aufgaben, baut er einen neuen Stall für 60 Anglerkühe. Die alten Gebäude entsprachen nicht mehr den Größenanforderungen für die Haltung von Milchkühen und wurden seitdem für die Aufzucht fremder Rinder genutzt. Neben der Entscheidung für die, doch eher selten genutzte Rasse Angler gibt es viele weitere Besonderheiten: Die ganzjährige Haltung...
Jan Schedding ist 31 Jahre alt und erfüllt sich endlich einen Lebenstraum: Auf dem Betriebsgelände, auf dem seine Eltern 2017 die Milchkuhhaltung aufgaben, baut er einen neuen Stall für 60 Anglerkühe. Die alten Gebäude entsprachen nicht mehr den Größenanforderungen für die Haltung von Milchkühen und wurden seitdem für die Aufzucht fremder Rinder genutzt. Neben der Entscheidung für die, doch eher selten genutzte Rasse Angler gibt es viele weitere Besonderheiten: Die ganzjährige Haltung auf Stroh mit Weidegang von Frühjahr bis Herbst, die Saisonabkalbung und die Gruppenhaltung von sechs bis acht Kälbern vom ersten Lebenstag an.
Schedding steht vor großen Herausforderungen und freut sich auf die Zukunft als Milcherzeuger. Er weiß aber auch das es ohne die bestehenden 40 ha Eigen- und 25 ha Pachtland seiner Eltern nicht möglich wäre. Sein eher „untypischer“ Plan für den Einstieg in die Milchkuhhaltung hat viele Gründe. Wir haben ihn im Sommer während des Stallbaus in Münster besucht, um diese zu erfahren:
Familienbetrieb ohne Fremd-Arbeitskräfte
Den Plan, irgendwann einmal selbst Kühe zu melken hatte Jan Schedding schon immer. Nach der landwirtschaftlichen Lehre, dem Agrarstudium und einem Auslandsjahr in Neuseeland auf einem Milchkuhbetrieb hat er seit 2018 als Berater/Verkäufer gearbeitet. Ende August beendete Schedding seine dortige Tätigkeit und widmete sich voll und ganz den Entzügen des Stallbaus.
Durch seinen bisherigen Job weiß er nur zu gut, wie schwierig es ist Mitarbeiter zu finden. „Immer wieder hörte ich auf den Betrieben das Leute fehlen. Deswegen will ich mich nicht von Fremd-Arbeitskräften abhängig machen.“ sagt er mit einem bedrückten Gesichtsausdruck. Nach dieser Entscheidung wurde ihm aber zunehmend bewusst, dass ein Sommerurlaub mit der Familie in Zukunft ganz ohne Mitarbeiter kaum möglich sein wird. „Vor allem Frischmelker und Kälber sind das Problem. Die kann man nicht einfach für eine Woche von jemand anderem machen lassen der sonst nie auf dem Hof hilft.“
Deshalb hat sich Jan Schedding für die Saisonabkalbung mit einer jährlichen Abkalbephase von zehn bis zwölf Wochen ab Oktober entschieden. Wenn nötig, ist die Überlegung einen Praktikanten für drei Monate während der Kalbephase einzustellen. Neben der Unabhängigkeit von Fremd-Arbeitskräften ist eine einfache Fütterung der Herde von Vorteil. Alle Kühe haben durch die Saisonabkalbung denselben Laktationsstand. Das ermöglicht ein einfaches Fütterungsmanagement.
Ich habe mich durch die Saisonabkalbungen auf ein drei bis vier Monate verringertes Sozialleben eingestellt.
Jan Schedding
Ein Stall für alle Kühe
Die finale Entscheidung für die Saisonabkalbung führte den Junglandwirt unweigerlich zur nächsten Frage: Welches Stallsystem wird es? Da die Kühe alle innerhalb eines kurzen Zeitraums abkalben, wäre zusätzlich zu einem Boxenlaufstall ein riesiges Abkalbeabteil nötig. Aus diesem Grund entschied sich Schedding für die ganzjährige Haltung in einem großen Strohstall. Mit Hilfe von installierten Toren im Stall soll die Trennung der großen Strohbucht in verschieden große Abteile möglich sein. Dadurch lassen sich die Kühe im Herbst in laktierend und noch trockengestellt einteilen.
Die Liegefläche ist 15 x 42 m groß. Angrenzend ist der vier Meter breite Fressgang, indem die Kühe zum Misten untergebracht werden. Insgesamt ergibt das eine Grundfläche von etwa 13 m2 pro Kuh. Zusätzlich gibt es einen nicht überdachten Auslauf der vor allem im Winter ohne Weidegang wichtig für den Klauenabrieb ist, weiß Jan Schedding.
Durch die Saisonabkalbungen brauchen wir nur einen Stall für alle Kühe. Dafür fehlt uns im Sommer aber etwa zwei Monate das Milchgeld.
Jan Schedding
Insgesamt kalkuliert er Kosten von rund 15.000 € pro Kuhplatz. In der Investitionssumme sind aber neben dem Kuhstallgebäude, die Technik wie z.B. der Doppel 8er-Side-by-Side Melkstand mit Schnellaustrieb, der neue Kälberstall, ein Radlader und ein Mischwagen enthalten.
Robuste Kühe
Gegen Holsteinkühe sprach für den zukünftigen Milcherzeuger einiges: „Holsteinkühe eignen sich aus meiner Sicht nicht für ein System mit Saisonabkalbungen. Außerdem sind sie sehr anfällig. Ich möchte robuste Kühe die mit der Weide klar kommen. Inhaltsstoffe sind mir außerdem wichtiger als der letzte Liter Milch“ Die Rasse Angler hatte er während seines Studiums bei der Tierbetreuung auf einer Messe entdeckt und sich sofort informiert. Die hohen Inhaltsstoffe sowie die gute Fruchtbarkeit der Rasse waren für ihn letztendlich auschlaggebend.
100 % fremde Tiere
Scheddings Ziel ist eine zukünftige Herdenleistung von 9.000 bis 9.500 l Milch pro Kuh und Jahr. Doch wie schnell er dieses Ziel erreicht ist unklar. Er hat die ersten 56 Rinder, die dieses Jahr kalben und 14 Jungrinder für die Remontierung in 2023 von verschiedenen Milchkuhbetrieben zugekauft. Welches Leistungspotential sie wirklich mitbringen wird er in den nächsten Monaten und Jahren sehen. Oberste Priorität hat für ihn, alle Kühe und Rinder schnellstmöglich wieder tragend zu bekommen. In Zukunft möchte er alle Rinder einmal künstlich besamen, die Kühe zweimal. Danach kommt bis zur achten oder neunten Woche in der Besamungssaison der Reinrassige Anglerbulle zum Einsatz für alle Umläufer. Bis zur zwölften Woche der Besamungssaison deckt anschließend ein Herefordbulle.
Sobald „alles läuft“ möchte Jan Schedding auch mit der Direktvermarktung von Milch und Fleisch beginnen. Deshalb hat er sich bewusst für die Kreuzung mit einem Herefordbullen entschieden. Die Kreuzungskälber kann er dann selbst mästen und vermarkten.
Bauverspätung: Melkalternative muss her
Der neben dem neuen Kuhstall anliegenden Kälberstall, wird nicht pünktlich bereit für den Einzug sein. Jan Schedding möchte kein Kalb in Einzelhaltung halten. „Durch die geringen Altersunterschiede bei Saisonabkalbungen, plane ich von Tag Null die Aufzucht in Kleingruppen mit sechs bis acht Kälbern“, sagt Jan Schedding mit Blick auf den Rohbau des Kälberstalls. Die Aufkantung des Futtertisch ist schon deutlich zu erkennen. Sie sollen über den gesamten Tränkezeitraum zusammen bleiben. Für den Fall, das ein Kalb erkrankt, hat er sich eine mobile Einzelbox innerhalb der Gruppe mit Zugang zum Trog und zur Tränke ausgedacht.
Angespannt erzählt Jan Schedding über den kommenden Stalleinzug und die erste Abkalbewelle. Denn im Oktober kalben die ersten 42 Rinder und das obwohl der Stall aufgrund von Bauverspätungen bis dann weder fertig gebaut noch einzugsbereit ist. Eine Übergangslösung im neuen Melkstand und die Nutzung des alten Kuhstalls sowie der alten Kälberställe sollen Abhilfe schaffen.
Jan Schedding steigt mit Anglerkühen und Saisonabkalbungen neu in die Milcherzeugung ein. Bauverspätungen durchkreuzen seine Pläne. So lief die Startphase.
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