Kleine, hellbraune Kühe kommen neugierig zum Futtertisch gelaufen, als wir dort ankommen. Trotz des nasskalten Wetters im niedersächsischen Axstedt, halten sich fast alle Kühe im Auslauf und am Außen-Futtertisch auf, fressen die frisch gefütterte TMR oder fordern die Aufmerksamkeit ihrer Chefin Katharina Bleis. Statt ursprünglich 300 Holsteins besteht die Herde der Bleis KG heute nur noch aus 200 Holsteins, dafür aber zusätzlich aus 100 Jersey-Jungkühen, die vorerst die älteren...
Kleine, hellbraune Kühe kommen neugierig zum Futtertisch gelaufen, als wir dort ankommen. Trotz des nasskalten Wetters im niedersächsischen Axstedt, halten sich fast alle Kühe im Auslauf und am Außen-Futtertisch auf, fressen die frisch gefütterte TMR oder fordern die Aufmerksamkeit ihrer Chefin Katharina Bleis. Statt ursprünglich 300 Holsteins besteht die Herde der Bleis KG heute nur noch aus 200 Holsteins, dafür aber zusätzlich aus 100 Jersey-Jungkühen, die vorerst die älteren Stallungen übernommen haben. Noch in diesem Jahr sollen die Jerseys alle Stallplätze belegen.
Eine Idee, die sich rechnet
Katharina Bleis (30 Jahre alt) bewirtschaftet den Milchkuhbetrieb seit 2011 in einer KG mit ihren Eltern und wird den Betrieb zukünftig übernehmen. Zum Team gehören zudem ein Festangestellter, eine Melkerin in Teilzeit sowie eine Auszubildende. Katharina selbst ist eine absolute „Kuh-Frau“ und für das gesamte Herdenmanagement und die Besamungen zuständig. Das Füttern und fast die komplette Außenwirtschaft übernimmt ein Lohnunternehmen. Dass Katharina den Betrieb weiterführen wird, stand schon früh fest. 2012 hat die Familie deshalb noch einmal einen neuen Boxenlaufstall gebaut und die Kuhherde von 150 auf 300 Kühe aufgestockt. Die Idee, eine andere Rasse zu melken, entstand dagegen spontan.
Nach zwei Betriebsbesuchen in Dänemark war ich überzeugt.
Katharina Bleis
Im Rahmen ihrer Meisterarbeit hat Katharina eine Betriebskalkulation für die Umstellung auf Jerseys erstellt. Die Ergebnisse waren zukunftsweisend: Rein rechnerisch würde sich die Umstellung auf Jerseys durch eingesparte Vieheinheiten pro Fläche (Düngebilanz), eingespartes Futter (Kosten) sowie die Bezahlung der Milchinhaltsstoffe seitens der Molkerei eindeutig lohnen. Wenn die Zahlen passen, sollte man es doch umsetzen?! Um sich vorab ein Bild zu machen, hat Katharina gemeinsam mit Berater Frank Achelpöhler und Viking Genetics Jerseybetriebe in Dänemark besichtigt. „Nach dem zweiten Betrieb war ich bereits überzeugt“, erzählt sie.
Aller Anfang …
Ziemlich schnell war die Entscheidung getroffen und wurde vom gesamten Team unterstützt. Obwohl schon vorher zehn Jerseys zur Herde gehörten und man sich bewusst für die kleinen Kühe entschieden hatte, fiel der Abschied von den Holsteins nicht leicht. „Alle auf einmal zu verkaufen hätte ich nicht über das Herz gebracht“, ist sich Katharina sicher. Um also nach und nach Holsteins durch Jerseys zu ersetzen, wurden zuerst 74 und später noch einmal 20 hochtragende Jerseys aus Dänemark zugekauft. Nach 14 Tagen in Quarantäne durften sie in Axstedt einziehen. Gleichzeitig verkauften sie Holstein-Jungrinder und sortierten die Kühe nach „Abgangsdringlichkeit“.
Am 9. Januar 2021 hat schließlich die erste Färse gekalbt. Von da an wurde immer eine Holsteinkuh verkauft, sobald eine Jersey gekalbt hat. „Wenn man selektieren muss, weiß man sofort, welche Kuh geht“, sagt Katharina. Die strikte Selektion und der große Anteil an Jungkühen hat sich schnell auf die Zellzahl und Eutergesundheit ausgewirkt. Mittlerweile ist es okay für sie, bald keine Holsteins mehr zu melken. Allerdings wird der Zukauf immer schwieriger und teurer, weil die Nachfrage nach Jerseys steigt.
Separate Aufstallung
Bisher sind noch alle zugekauften Jerseys im Bestand, haben mindestens einmal abgekalbt und somit schon für Nachzucht gesorgt. Die Jerseykühe werden dreimal gesext und danach mit Angus besamt. Die Holsteins besamt Katharina mit Fleischrassen, um keine Nachzucht mehr zu produzieren. Sie erhofft sich, dass die kleinen Kühe älter werden und die Remontierung in Zukunft sinkt. Sie möchte nur noch das aufziehen, was sie selbst benötigt und sieht durchaus einen Absatzmarkt für weibliche Jerseykälber.
In der Aufzucht und im Transitbereich laufen Holsteins und Jerseys zusammen, die Melkenden sind separat aufgestallt. „Ich denke, dass auch eine gemeinsame Aufstallung funktionieren würde, aber die kleinen Hellbraunen passen gut in unseren alten Boxenlaufstall“, erklärt die junge Herdenmanagerin. „Die Jerseys sind wetterfester, das merkt man beim Füttern im Winter“, sagt sie mit Blick auf den Außen-Futtertisch. Die Liegeboxen im neueren Boxenlaufstall müssen irgendwann auf Jerseys zugeschnitten werden. Der 20er-Swingover-Melkstand wurde bereits angepasst.
Viele positive Veränderungen
In den Jerseys sieht Familie Bleis schon jetzt viele Vorteile: Neben der eingesparten Fläche und des geringeren Futterverbrauchs machen sich vor allem die hohen Inhaltsstoffe, die Gesundheit und die Robustheit positiv bemerkbar. „Mein Papa hat sich immer um die Klauenpflege akuter Patienten gekümmert, das ist aber fast gar nicht mehr nötig“, erzählt Katharina. Während die Jerseykühe das Management offensichtlich vereinfachen, sind die Kälber etwas schwieriger: „Sie können extrem stur sein, bis sie das Nuckelsaufen akzeptieren.“
Die durchschnittliche Herdenleistung aller Kühe ist von 10.600 kg Milch mit Holsteins auf jetzt 9.800 kg Milch mit einem Drittel Jerseys gefallen. Die Inhaltsstoffe sind deutlich gestiegen auf 4,96 % Fett und 3,94 % Eiweiß. „Die hohen Inhaltsstoffe sind extrem wichtig, damit es sich rechnet“, erklärt Katharina. Um die zu erreichen möchte sie weiterhin auf dänische Genetik setzen. Ihr langfristiges Ziel ist es, allein mit Jerseys rund 7.800 kg Milch mit 6,20 % Fett und 4,80 % Eiweiß zu melken.
Respekt vor der Zukunft
Katharina Bleis ist sich absolut sicher, dass die Entscheidung für Jerseys richtig war und hat Spaß an den entspannten kleinen Kühen. Bisher läuft es gut und die Zahlen passen. Kürzlich wurde die Bleis KG sogar mit dem 4. Platz bei der „Goldenen Olga“ ausgezeichnet! „Es ist wichtig, so eine Entscheidung nicht zu überstürzen, sich beraten zu lassen und offen darüber zu sprechen. Für uns ist es super, aber sicher nicht für jeden“, empfiehlt Katharina.
Für die Zukunft könnte sie sich vorstellen, in mehr Tierwohl zu investieren. Weiter wachsen soll der Betrieb aber nicht. Etwas Respekt hat sie vor der Hofübergabe: „Mit mehr Verantwortung wachsen auch meine Aufgaben im Büro und in der Außenwirtschaft. Ich hoffe, dass dann noch genug Zeit für die Kühe bleibt, die mache ich nämlich am liebsten selbst.“
Bildergalerie:
Video Goldene Olga:
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