Meine Kolleginnen aus der Landwirtschaft halten meine tierärztlichen Warnungen vor dem Verzehr von nicht abgekochter Rohmilch oft für übertrieben. Krank werden immer nur die, die nicht vom Hof kommen. Stimmt das?
Dr. Tenhagen: Darüber gibt es wenige Studien. Allerdings ist es so, dass Personen, die ohnehin täglichen Umgang mit den Tieren haben, sich vermutlich auch auf anderen Wegen anstecken können und von daher ihr Immunsystem diese Bakterien kennt. Ob das tatsächlich schützt ist aber nicht...
Meine Kolleginnen aus der Landwirtschaft halten meine tierärztlichen Warnungen vor dem Verzehr von nicht abgekochter Rohmilch oft für übertrieben. Krank werden immer nur die, die nicht vom Hof kommen. Stimmt das?
Dr. Tenhagen: Darüber gibt es wenige Studien. Allerdings ist es so, dass Personen, die ohnehin täglichen Umgang mit den Tieren haben, sich vermutlich auch auf anderen Wegen anstecken können und von daher ihr Immunsystem diese Bakterien kennt. Ob das tatsächlich schützt ist aber nicht bekannt.
Welche humanpathogenen Keime in der Milch können Menschen infizieren? Wie groß ist das Ansteckungsrisiko und mit welchen Symptomen ist zu rechnen?
Dr. Tenhagen: Die bekanntesten mit Rohmilch in Zusammenhang gebrachten Krankheitserreger sind Shigatoxin bildende E. coli (STEC) und Campylobacter spp.. Beide können zu Durchfall und Erbrechen führen, durch STEC kann v.a. bei Kindern auch das lebensgefährliche hämolytisch urämische Syndrom (HUS) hervorgerufen werden. Die Erkrankungen sind zwar nicht sehr häufig, können dann aber gravierende Folgen haben. Campylobacter ist europaweit der häufigste Erreger bakterieller Darmerkrankungen. Krankheitsausbrüche mit mehreren Erkrankten sind nicht selten auf verunreinigte Rohmilch zurückzuführen. Insbesondere für empfindliche Personen (Kinder, alte Leute, Schwangere, Immunsupprimierte) können diese Infektionen auch lebensgefährlich werden. Früher gab es auch noch die Erreger der Tuberkulose und der Brucellose. Diese stehen aber aufgrund der Erfolge der Tierseuchenbekämpfung nicht mehr im Vordergrund.
MRSA sind resistenten Keime, die nicht mehr auf eine Antibiotikatherapie ansprechen. Wie hoch ist das Risiko, sich mit diesen Keimen anzustecken? Und mit welchen Symptomen ist zu rechnen?
Dr. Tenhagen: MRSA kommen in etwa 8 bis10 % der Milchviehbetriebe vor und sind dann häufig auch in der Tankmilch nachzuweisen. Personen, die in den Betrieben arbeiten, tragen das Risiko, dass die Keime durch Kontakt mit den besiedelten Tieren auf sie übertragen werden. Dies führt nicht unmittelbar zur Erkrankung. Es kann aber problematisch werden, wenn diese Personen ins Krankenhaus müssen, weil sie dann die resistenten Bakterien mitbringen. Die Konzentration der Bakterien in der Tankmilch ist in der Regel gering, und es ist nicht klar, ob das ausreicht, um MRSA auf Menschen zu übertragen. Für Menschen im Betrieb ist das Risiko durch den Kontakt mit besiedelten Tieren sicher höher.
Würden Sie ihrer 20jährigen Tochter verbieten, Rohmilch zu trinken?
Dr. Tenhagen: Meine Töchter wurden und werden nicht mit Essensvorschriften gequält. Allerdings würde ich als LandwirtIn betriebsfremden Personen keine Rohmilch anbieten, ohne sie auf die Notwendigkeit der Erhitzung hinzuweisen.
Familie Großhans verkauft rund 15 % der Milch ihrer 130 Holsteinkühe ab Hof. Wir haben sie nach ihren Erfolgsfaktoren bei der Direktvermarktung gefragt.