Chinesische Forscher (Kang et al., 2020) konnten über eine neue Herangehensweise einen Störfaktor umgehen, der die Genauigkeit vorhandener Techniken zur automatischen Erkennung lahmer Kühe und erkrankter Klauen stört. Und zwar den Einfluss kuhindividueller Verhaltensmuster, wie z.B. die Kopfhaltung und den Aufsetzdruck der Klauen.
Konkret nutzten sie zur Erkennung lahmer Kühe ihr natürliches Entlastungsverhalten beim Laufen: Die kranke, schmerzende Klaue wird möglichst wenig...
Chinesische Forscher (Kang et al., 2020) konnten über eine neue Herangehensweise einen Störfaktor umgehen, der die Genauigkeit vorhandener Techniken zur automatischen Erkennung lahmer Kühe und erkrankter Klauen stört. Und zwar den Einfluss kuhindividueller Verhaltensmuster, wie z.B. die Kopfhaltung und den Aufsetzdruck der Klauen.
Konkret nutzten sie zur Erkennung lahmer Kühe ihr natürliches Entlastungsverhalten beim Laufen: Die kranke, schmerzende Klaue wird möglichst wenig belastet, also nur möglichst kurz aufgesetzt. Der Zeitunterschied in den Auftrittsphasen je Fuß pro Kuh erlaubt entsprechend eine sehr genaue Lahmheitserkennung.
Software erkennt und misst aus Bildmaterial die Auftrittsphasen pro Fuß
Zwecks Automatisierung wurden die Beine von 100 Kühen in einem Gangabschnitt (1,2 m breit, 4,0 m lang) auf dem Weg zum Melkstand gefilmt. Vor dem Melken, weil die Kühe durch das volle Euter und so höhere Gesamtgewicht deutlicher entlasten als nach dem Melken.
Aus dem Bildmaterial wertete eine spezielle Software anschließend die jeweiligen Bein- und Klauenpositionen und die jeweilige Aufsetzdauer aller vier einzelnen Füße pro Kuh aus.
Zur Vergleichsbasis für die anschließenden computergestützten Auswertungen wurden alle Kühe zusätzlich von zwei trainierten Personen auf Lahmheit gescort.
Das könnte Sie auch interessieren: Genauer auf die Klauen schauen! – Wer Lahmheiten früher erkennt, kann schneller mit der Therapie beginnen. Das spart Geld und ist gut fürs Tierwohl. In der Praxis wird das noch oft unterschätzt.
Kuhindividuelle Schrittgeschwindigkeit und Aufsetzphasen wurden berücksichtigt
In der Auswertung wurde die Auftrittsdauer aller vier einzelnen Füße pro Kuh in sich vergleichen anstatt, wie es andere Systeme tuen, die Werte einer Kuh mit denen anderen Kühen bzw. einem Herdenmittel. Sprich, der große Einfluss der Unterschiedlichkeit zwischen Kühen konnte so ausgeschaltet werden.
Dazu trug auch bei, dass im für die Datenauswertung neu entwickelten Algorithmus („supporting phase-based lameness detection algorithm“) die individuelle Schrittgeschwindigkeit der Kühe berücksichtigt wurde. Diese variiert, unabhängig von einer vorhandenen Lahmheit, für jede Kuh mitunter stark.
Es wurde angenommen, dass der Fuß mit der kürzesten Auftrittsphase der erkrankte ist und dass, wenn sich ein oder mehrere Füße in der Auftrittsdauer unterschieden, die Kuh lahm ist. Je größer die Differenzen zwischen den Auftrittsphasen waren, desto schwerer ist die Lahmheit zu bewerten (siehe Tabelle). Bei einer lahmfreien Kuh wird von einer in etwa gleichen Aufsetzdauer pro Fuß ausgegangen. Eine Kuh, die auf allen vier Füßen gleich lahm ist, könnte das System damit theoretisch jedoch auch nicht erkennen.
1 | Kurze Auftrittsphasen zeigen erkrankten Fuß
Sehr hohe Vorhersagegenauigkeit – Empfehlung für den Praxiseinsatz ausgesprochen
- Die Ergebnisse zeigen, dass die Korrelation zwischen Lahmheit und der Dauer der Aufsetzphasen sehr stark ist (0,864).
- 96 % der Kühe wurden über die computergestützte Bildanalyse und den Algorithmus zur Auswertung korrekt als nicht lahm, leicht lahm und schwer lahm vom System eingestuft und 93 % der erkrankten Klauen (kürzeste Aufsetzphase) wurden richtig erkannt.
Die chinesischen Wissenschaftler empfehlen die Herangehensweise und den neuen Algorithmus „supporting phase-based lameness detection algorithm“ in vorhandene computergestützte Lahmheitserkennungssysteme zu integrieren. Und auch, den Faktor Aufsetzphase mit anderen visuellen Lahmheitsfaktoren (gekrümmter Rücken, gesenkter Kopf) zu kombinieren, um bestenfalls eine noch höhere Aussagekraft (richtig positive und richtig negative Aussagen) aus computergestützten, auf Bildmaterial basierenden Systemen zu bekommen.
Klauenpflege ist wichtig, kostet aber Zeit. Gut ist, wenn das Material schnell zur Hand ist. Das gilt sowohl für den Klauenstand als auch für das Klauenbad.