Zunehmende Milchleistungen sind eine Herausforderung für das Trockenstellen am Ende der Laktation. Nicht selten geben Hochleistungskühe dann noch mehr als 25 kg Milch/Tag. Werden sie dann von einem auf den anderen Tag -also abrupt- trocken gestellt, schwellen die Euterviertel deutlich an. Das verursacht Stress und Druckschmerz. In Deutschland stellen 75% der Milchkuhhalter ihre Kühe abrupt trocken. In den USA ist der Prozentsatz (82%) noch höher.
Melkfrequenz reduzieren
Wissenschaftler...
Zunehmende Milchleistungen sind eine Herausforderung für das Trockenstellen am Ende der Laktation. Nicht selten geben Hochleistungskühe dann noch mehr als 25 kg Milch/Tag. Werden sie dann von einem auf den anderen Tag -also abrupt- trocken gestellt, schwellen die Euterviertel deutlich an. Das verursacht Stress und Druckschmerz. In Deutschland stellen 75% der Milchkuhhalter ihre Kühe abrupt trocken. In den USA ist der Prozentsatz (82%) noch höher.
Melkfrequenz reduzieren
Wissenschaftler in den USA haben deshalb die Auswirkungen des schrittweise Trockenstellen auf die Eutergesundheit, die Milchleistung und das Wohlbefinden der Kuh untersucht. Die Studie wurde bei knapp 400 Hochleistungskühen (12.000 kg Milch/Jahr) im Bundesstaat New York durchgeführt. Die Hälfte der Kühe wurde von einem auf den anderen Tag (abrupt) nach dem vorherigen dreimaligen Melken trocken gestellt.
Bei der zweiten Gruppe wurde die Melkfrequenz eine Woche vor dem vollständigen Trockenstellen von drei -auf einmal Melken/Tag reduziert (graduell). Die Ergebnisse zeigen, dass sich weder die Milchleistung, noch die Abgangshäufigkeit zwischen den Gruppen unterschieden. Bei der Eutergesundheit gab es keinen Unterschied bei dem Auftreten von klinischen Mastitiden oder der Höhe der Zellzahl.
Nur die Neuinfektionsrate in der Trockenperiode lag numerisch, aber nicht signifikant, höher in der schrittweise, trockengestellten Gruppe (12 % vs. 8%). Und: Alle Kühe ließen gleich häufig die Milch laufen, egal ob sie abrupt oder mit reduzierter Melkfrequenz trockengestellt wurden.
Auswirkungen von abrupten und graduellen Trockenstellen
Weniger Druck
Einen weiteren messbaren Unterschied gab es allerdings beim Euterdruck. Die schrittweise trockengestellten Kühe hatten einen geringeren Euterdruck. Es spricht also für eine Verbesserung des Tierwohls, wenn man die Melkfrequenz von Hochleistungskühe, wenn man sie eine Woche vor dem Trockenstelltermin weniger oft melkt. Dabei muss man die Eutergesundheit im Auge behalten. Aber die ist neben der Methode des Trockenstellens und den hygienischen Bedingungen auch von der Höhe der Milchleistung abhängig.
Neuinfektionsrate kontrollieren
Das Ansteckungsrisiko mit Mastitiskeimen ist für die Kuh zu Beginn und am Ende der Trockenperiode aufgrund des hohen Euterdrucks am höchsten. Der Trockenstellprozess sollte immer begleitend kontrolliert werden z.B. durch den Anteil der Neuinfektionen direkt nach dem Trockenstellen und in den ersten 14 Laktationstagen. Der anzustrebende Zielwert liegt unter 15%.
Milch laufen lassen
Kühe mit hohem Euterdruck lassen nach dem abrupten Trockenstellen oft die Milch laufen. Da stellt sich die Frage, ob die vorab verabreichten antibiotischen Trockensteller und der Zitzenversiegler auch mit der Milch ausgespült wurden? Klinischen Studien zur Folge reichen dem antibiotischen Trockensteller in der Regel wenige Stunde aus, um einen Wirkspiegel im Euter aufzubauen.
Es ist auch nicht ratsam, Tage später nochmal mit einem Antibiotikum zu behandeln. Denn dadurch wird der bis dahin gebildete natürliche Zitzenpropf aus abgestorbenen Zellen und Fett (LaktoSebum) zerstört. Der Zitzenversiegler bildet eine mechanische Barriere in der Zitze. Ist der Milchdruck zu hoch, dann läuft Milch mit Resten des antibiotischen Trockenstellers an diesem künstlichen Propf vorbei. Der Zitzenversiegler selbst wird in der Regel nicht ausgespült.
Gegen eine Wiederholungsbehandlung mit dem antibiotischen Trockensteller spricht auch der Trend zum Antibiotika einsparen und die im nächsten Jahr gelendende Mengenerfassung für Antibiotika auch im Milchkuhbetrieb. Wichtig ist jedoch darauf zu achten, dass erst der antibiotische Trockensteller in die Zitze eingebracht wird. Dann wird die Zitze an der Basis abgeknickt, damit der Zitzenversiegler richtig platziert im unteren Teil der Zitze verbleibt. Mitarbeiterschulungen sind hier ratsam.
Weniger Milch zum Trockenstellen
· Um die Tagesmilchmenge auf maximal 15 bis 20 kg pro Tag zu senken, kann man schon vorab die Spätlaktierenden „abfüttern“. In großen Herden können ein extra Gruppe einrichten, um die Tiere mit einer energieärmeren Ration (< 6MJ/NEL) auf den Trockenstand vorzubereiten. Wer mit Teil-TMR arbeitet kann das Kraftfutterangebot leistungsgerecht zurückfahren. Eine Kontrollmöglichkeit für das Fütterungsmanagement ist die Erfassung des BCS-Wertes, der im letzten Laktationsdrittel zwischen 3,25 und 3,75 Punkten liegen (Fleckvieh +0.5) sollte.
· In Schweden wird eine Strategie praktiziert, bei der eine Woche vor dem geplanten Trockenstelltermin eine energiearme Ration auf Basis von Häckselstroh (3,5MJNEL/kg TS). Die Milchproduktion geht daraufhin deutlich zurück. Die Abstände zwischen den Melkungen werden auf 36 Stunden verlängert und Freitagabend nach dem letzten Melken einen antibiotischen Trockensteller und Zitzenversiegler verabreicht.
· Auch bei Melktechnik kann man die Abnahmeschwellen in der Spätlaktation schrittweise anheben, damit die Kuh auf die Minderleistung eingestellt wird.
· Wer es über die Fütterungsanpassung nicht schafft, den Euterdruck zu senken, kann Einzeltiere mit einem Bolus (Bovikalc Dry) versorgen. Der Bolus sorgt im Pansen für eine leichte metabolische Azidose, die die Milchproduktion absenken soll. Er wird einen Tag vor und zum Trockenstellen verabreicht und soll die Milchleistung um ca. 10% senken.
· Auch die Verlängerung der Laktation z.B. für Färsen ist eine Möglichkeit, den Euterdruck zu reduzieren. Sie werden dann so lange gemolken, bis sie von selbst nur noch 20 kg/Tag geben.
· Wasserentzug zum Trockenstellen ist keine Lösung, sondern gefährdet die Stoffwechselgesundheit und ist mit dem Tierwohl nicht vereinbar.
EU-Tierarzneimittelverordnung
Die prophylaktische Anwendung von Antibiotika ist bei allen Tiergruppen EU-weit verboten. Demnach könnte das selektive Trockenstellen bald verpflichtend sein.