Alle festliegenden Kühe sind ein Notfall und es können sieben verschiedene Ursachen infrage kommen, wenn ein Tier festliegt. Das erklärte Tierarzt Franz Zimmer vom Tierärztlichen Unternehmen Kuhkraft aus Frankenau-Ellershausen beim Elite-Seminar: „Erste Hilfe im Kuhstall“, das Ende März einmal auf Haus Düsse in Bad Sassendorf (NRW) und einmal im bayerischen Herrieden stattfand.
Während Milchfieber und die nervöse Ketose laut...
Alle festliegenden Kühe sind ein Notfall und es können sieben verschiedene Ursachen infrage kommen, wenn ein Tier festliegt. Das erklärte Tierarzt Franz Zimmer vom Tierärztlichen Unternehmen Kuhkraft aus Frankenau-Ellershausen beim Elite-Seminar: „Erste Hilfe im Kuhstall“, das Ende März einmal auf Haus Düsse in Bad Sassendorf (NRW) und einmal im bayerischen Herrieden stattfand.
Während Milchfieber und die nervöse Ketose laut Zimmer gute Heilungschancen haben, seien ein Trauma (Verletzung), eine Torsio (Gebärmutterverdrehung) und eine Blutvergiftung als schwierig einzustufen. Eine Analyse der Vorgeschichte und eine sorgfältige Diagnose am Tier seien unverzichtbar, um richtig handeln zu können. So seien kalte Ohren z.B. kein eindeutiges Zeichen für einen Calcium-Mangel, sondern vielmehr ein Zeichen dafür, dass sich der Kreislauf zentralisiert. Ein niedriger Calciumspiegel im Blut deute nicht automatisch klassisches Milchfieber an. „Denn bei jeder kranken Kuh sinkt der Blutcalciumspiegel.“
Eine umfassende Aufnahme der Symptome sei daher für die richtige Reaktion des Tierhalters entscheidend. Dazu gehörten neben dem Allgemeinbefinden und der Temperatur des Tieres, die Herz- und Atemfrequenz, die Blutgefäße am Auge, die Pansenaktivität und die Kotbeschaffenheit. Außerdem sollte man sich die Lage des Tieres und der Gliedmaßen anschauen, den Schwanztonus und das Milchsekret anschauen und ggf. das Tier rektal und vaginal untersuchen. Die weitergehende Analyse umfasst das Blut auf die Parameter Calcium, Phosphor, BHB und der CK-Wert (Kreatin-Kinasen).
Ein niedriger Blutcalciumspiegel ist nicht automatisch klassisches Milchfieber.
Franz Zimmer, Tierärztliches Unternehmen Kuhkraft
Franz Zimmer berichtete von Kühen, die in Folge von Hitzestress festlagen. Diese Tiere atmen schneller, haben Fieber und rot unterlaufene Augen. „Wichtig ist das Tier bestmöglich zu kühlen und mit Cortison den Kreislauf zu stabilisieren.“ Die Prognosen für solche Tiere seien eher schlecht, oft sterben sie an den Folgen einer Blutvergiftung.
Nicht ganz einfach zu diagnostizieren seien auch festliegende Färsen nach einer Schwergeburt, weil sie oft erst 24 Stunden danach festliegen. Franz Zimmer: „Häufig ist ein eingeklemmter Nerv die Ursache dafür.“ Der Tierarzt betonte: „Im Zweifel und bei Rückfragen sollte man sich an den Tierarzt wenden.“
Schwere Mastitis: Toxinschock abfedern
Für eine schwere Mastitis (z.B. Coli-Mastitis) sind meist Endotoxine verantwortlich, die durch bereits zerfallene Bakterien im Euter freigesetzt wurden. „Das kranke Tier muss diese Toxine verstoffwechseln, was zu einer Blutvergiftung und in der Folge zu einem Kreislaufschock führt“, schilderte Tierärztin Dr. Ann-Christin Diepers den Entstehungsverlauf.
Viel Flüssigkeit und die Gabe eines Entzündungshemmers sind die ersten Maßnahmen bei einer akuten Mastitis.
Dr. Ann-Christin Diepers, Tierärztin
Die allererste Maßnahme am Tier sollte dann eine Infusion als Flüssigkeitstherapie mit isotonischer Kochsalzlösung, Calcium als Toxinfänger und Glucose sein. Sie betonte auch die Bedeutung der zeitnahen Verabreichung eines Entzündungshemmers. „Solange Sie noch nicht wissen, was mit dem Tier weiterhin passiert, wählen Sie am besten einen Entzündungshemmer mit kurzer Wartezeit.“ Zusätzlich unterstützt ein Drench mit 40 bis 60 Liter lauwarmem Wasser.
Eine systemische Antibiotika-Gabe sei erst nach dem Vorliegen der bakteriologischen Untersuchung angezeigt. Das begleitende regelmäßige Ausmelken des Tieres sei wichtig, um den Toxinschock abzufedern.
Kälber: Drenchen, aber richtig!
Will das Kalb in den ersten Stunden keine Biestmilch aufnehmen, sollte man es drenchen. „Zentral ist dabei, dass keine Milch in die Luftröhre gelangt“, betonte Dr. Michael Schmaußer von der Tierarztpraxis Freising. Er riet dazu, einen Drencher mit starrer Lanze zu verwenden. Das Kalb sollte dabei links stehen, das reduziere das Risiko, dass man mit der Lanze in die Luftröhre gelangt. „Das muss innerhalb von maximal 6 bis 12 Stunden nach der Geburt passieren, sonst gelangen die Immunglobuline in der Biestmilch nicht mehr in die Blutbahn des Kalbes.“ Wer unsicher sei, ob man mit der Lanze auch wirklich in der Schlundrinne ist, könne den Drencher zunächst mit etwas Wasser ausprobieren.
Dr. Schmaußer riet dazu, in den ersten zwei Stunden zwei Liter zu verabreichen und in den nächsten Stunden nochmal dieselbe Menge. „Das Kalb braucht mindestens 200 mg Immunglobuline, das erreichen wir mit 4 Liter Biestmilch. Nichts ist so billig und so wertvoll wie diese Milch.“ Laut einer neuen Studie lohne es sich außerdem, Biestmilch in die Milch von Durchfallkälbern zu geben: Das verkürze die Krankheitstage. „Biestmilch oder auch Transitmilch wirkt bis zum 10. Tag des Kalbes zudem positiv auf seine Darmentwicklung.“
Elektrolyttränken sollten Sie großzügig mit Wasser anmischen.
Dr. Michael Schmaußer, Tierarztpraxis Freising
Drücken Durchfall-Kälber längere Zeit den Kopf an die Boxenwand, könne das auf Kopfweh infolge einer Blutübersäuerung hindeuten, sagte der Tierarzt. Nicht auszuschließen sei hierbei die Ursache, dass die Elektrolyttränke zu hochkonzentriert sei. „Sie sollten sie großzügig anmischen und dem Tier zusätzlich ab der 2. Lebenswoche Wasser im offenen Eimer anbieten.“ Das gelte auch für Betriebe, die Durchfallkälbern Bicarbonat verabreichten.
Generell ist es bei akuten Fällen immer angezeigt, den Tierarzt zu holen.
Kühe mit Mastitis noch mal intensiv nachmelken? Wir haben Dr. Friederike Reinecke gefragt, ob dies immer sinnvoll ist.
Festliegende Kühe sind immer Notfallpatienten und erfordern besondere Aufmerksamkeit! Tipps zur richtigen Versorgung dieser Tiere haben wir auf einem Seminar zum Umgang mit kranken Kühen bekommen.