Dazu haben wir Marktexpertin Monika Wohlfarth von der Zentralen Milchmarkt Berichterstattung GmbH, kurz ZMB, befragt.
Elite: Welche potenziellen Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf den deutschen Milchmarkt?
Monika Wohlfarth: Da der Krieg vor wenigen Tagen begonnen hat und der weitere Verlauf nicht absehbar ist, sind die Auswirkungen noch schwer einzuschätzen. Sicher ist, dass der Konflikt massive indirekte Folgen hat und die Kosten...
Dazu haben wir Marktexpertin Monika Wohlfarth von der Zentralen Milchmarkt Berichterstattung GmbH, kurz ZMB, befragt.
Elite: Welche potenziellen Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg auf den deutschen Milchmarkt?
Monika Wohlfarth: Da der Krieg vor wenigen Tagen begonnen hat und der weitere Verlauf nicht absehbar ist, sind die Auswirkungen noch schwer einzuschätzen. Sicher ist, dass der Konflikt massive indirekte Folgen hat und die Kosten für Milcherzeuger und Molkereien noch weiter in die Höhe treiben wird: Durch die Sanktionen gegenüber Russland werden die Preise für Energie weiter steigen. Das bedeutet höhere Kosten für Treibstoff, Verpackungen, die Milchverarbeitung, Transporte und Mineraldünger. Russland ist der größte Düngerexporteur der Welt, so dass eine Verstärkung der bereits bestehenden Engpässe möglich ist. Für die Haushalte wird die Inflation noch weiter angeheizt und die Kaufkraft vermutlich sinken.
Elite: Und auf den Weltmilchmarkt?
Wohlfarth: Kostensteigerungen für Energie, Kraftfutter und Dünger werden vermutlich die Milcherzeuger und -verarbeiter auch in anderen Teilen der Welt treffen. Für die Verbraucher überall in der Welt wird die Inflation noch weiter steigen. Die Handelsströme mit Milchprodukten selbst werden voraussichtlich gering sein, da die Ukraine kein großer Akteur im internationalen Milchmarkt ist. Das Angebot aus der Ukraine wird zurückgehen und die Importe, die in letzten Jahren gestiegen sind, vermutlich auch. Wenn, wie prognostiziert, Millionen Einwohner aus dem Land fliehen werden, sinkt der Bedarf an Milchprodukten in der Ukraine. Gleichzeitig steigt er in den Nachbarländern, also in der EU. Der Angreifer Russland ist nach wie vor einer der weltgrößten Importeure von Milchprodukten. Seit 2014 ist Weißrussland der Hauptlieferant für den russischen Markt, der für westliche Länder durch den Importstopp unzugänglich geworden. Durch weitere Sanktionen wird sich der Handel Russlands mit Milch voraussichtlich kaum verändern.
Elite: Wieviel Milch produziert die Ukraine normalerweise?
Wohlfarth: Im Gegensatz zur Rolle als Kornkammer der Welt ist die Ukraine am Milchmarkt ein kleinerer Spieler. 2021 wurden dort 8,7 Mio. t Milch erzeugt. Das entspricht weniger als einem Prozent der weltweiten Erzeugung. Seit 2014 sinkt die Erzeugung. Weniger als die Hälfte wird an Molkereien angeliefert und dort verarbeitet.
Elite: In welche Länder exportiert die Ukraine Milch? Und in welcher Form?
Wohlfarth: Sie exportiert Butter, Käse, Milchpulver, Molkenerzeugnisse und Kasein. In die EU geht vor allem Kasein. Die wichtigsten Abnehmer für die übrigen Produkte sind ehemalige Sowjetrepubliken ohne Russland. Auch Bangladesch, Israel und China sind Absatzmärkte.
Elite: Gibt es bereits Verschiebungen bei den internationalen Milchflüssen und welche sind mittelfristig denkbar?
Wohlfarth: Die gravierenden Verschiebungen sind bereits 2014 eingetreten. Damals hat Russland auf die Sanktionen wegen der Annexion der Krim mit dem Importstopp für Lebensmittel aus den meisten westlichen Ländern reagiert. Die EU hat ihren größten Exportmarkt für Käse und Butter verloren. Die russischen Importe sind dauerhaft gesunken. Derzeit sind lediglich unwesentliche Verschiebungen zu erwarten.
Elite: Wie werden die Preise in Deutschland und international reagieren?
Wohlfarth: Die Preise werden voraussichtlich weiter steigen, bei allerdings auch steigenden Kosten.
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