Viehzählung

Strukturwandel durch gute Milchpreise gebremst

3,78 Mio. Milchkühe gezählt – ein neuer Tiefstand. Der Strukturwandel hat sich zwar verlangsamt, aber es gibt große regionale Unterschiede. Ein Überblick.

34,5 Tsd. Milchkühe weniger in einem Jahr

Im Mai 2023 wurde mit 3,78 Millionen Milchkühen in Deutschland ein neuer Tiefstand erreicht. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 1,1 %. Das geht aus aktuellen Angaben des statistischen Bundesamts hervor. Runtergerechnet auf die Anzahl Kühe bedeutet das einen Rückgang von 34.526 Tieren innerhalb eines Jahres.
Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich der Bestandsabbau jedoch verlangsamt. In den vergangenen Jahren wurden Rückgänge von mindestens zwei Prozentpunkten verzeichnet, während der diesjährige Rückgang der geringste seit 2018 ist. Ein Grund für diese Entschleunigung dürften die historisch hohen Milchpreise im Jahr 2022 und Anfang 2023 sein.

Die Zahl der Milchkühe ist 2023 mit einem Rückgang von 1,1 % deutlich weniger stark gesunken als in den Vorjahren mit Rückgängen zwischen 1,9 % und 2,4 %. (Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)

Zahl der Betriebe mit Herden über 200 Kühe gestiegen

Neben dem Rückgang des Milchkuhbestands ist auch die Zahl der Milchkuhbetriebe um 3,7 % auf 51.674 Betriebe weiter gesunken. Der Trend zu größeren Betriebsstrukturen setzt sich durch. Im Durchschnitt sind nun über 73 Kühe pro Betrieb zu finden, im Vergleich zu rund 71 Kühen im Vorjahr.
Besonders deutlich zeigt sich der Trend auch bei der Betrachtung der Betriebe nach Herdengröße. Die Zahl der Betriebe mit 200 Kühen und mehr stieg um 2,3 % auf 3.062 an. Der stärkste Rückgang war bei Haltungen mit mindestens 10 und höchstens 19 Milchkühen zu verzeichnen. Hier ging die Zahl um rund 7,6 % zurück.

Ungewöhnliche Entwicklung in Schleswig-Holstein?

Die Entwicklung des Milchkuhbestands variiert regional in Deutschland. Obwohl die Kuhbestände in allen Bundesländern im Vergleich zum Vorjahr gesunken sind, sind die Abbauraten recht unterschiedlich.
In den neuen Bundesländern wurden insgesamt 1,8 % weniger Milchkühe gezählt als zum Vorjahreszeitpunkt. Die stärksten Rückgänge gab es in Brandenburg mit 3,4 % und Thüringen mit einem Minus von 2,6 %.
Die Milchkuhherde blieb in Niedersachsen mit einem Rückgang von 0,3 % am stabilsten. Auch in Nordrhein-Westfalen war der Rückgang mit weniger als einem Prozentpunkt unterdurchschnittlich. In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg bewegten sich die Abnahmen nah am bundesdeutschen Durchschnitt.
Hingegen verzeichnete Schleswig-Holstein mit einem überdurchschnittlichen Rückgang von 1,8 % eine ungewöhnliche Entwicklung. Nicht nur die Anzahl Milchkühe ist im „echten“ Norden geschrumpft. Die Zahl der Milchkuhbetriebe reduzierte sich mit 4,4 % ebenfalls überdurchschnittlich. Es handelt sich zwar nur um wenige Prozentpunkte Unterschied, dennoch bleibt die Frage offen, warum gerade dort, wo die Milchpreise im letzten Jahr am höchsten lagen, jetzt ein stärkerer Rückgang zu verzeichnen ist. Wir haben mit Dr. Imme Dittrich von der LWK Schleswig-Holstein gesprochen.

Dr. Imme Dittrich

Beratung Rinderhaltung LWK Schleswig-Holstein

Die Herausforderungen werden nicht kleiner“
Imme Dittrich
„Die Herausforderungen werden nicht kleiner. Auch wenn Norddeutschland ein Gunststandort für die Milchproduktion ist, haben wir mit der Trockenheit zu kämpfen. Das führt im Moment zu Futterknappheit und wirkt sich negativ auf die Ernteerträge der Grassilage aus. Außerdem fehlen immer häufiger Mitarbeiter oder Hofnachfolger. Die Landwirte blicken weit in die Zukunft. Die Entscheidung aus der Milchproduktion auszusteigen wird langfristig getroffen und weniger von kurzfristig höher liegenden Milchpreisen beeinflusst.“

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Fazit: Die steigenden Milchpreise haben dazu beigetragen, dass der Rückgang der Milchkühe in diesem Jahr weniger stark ausfiel als in den Vorjahren. Die Milchpreise sind allerdings wieder gefallen. Das Ende der Anbindehaltung, Klimaextreme, die Wiedervernässung der Moore, fehlende Arbeitskräfte und Hofnachfolger könnten in den kommenden Jahren dazu beitragen, dass wieder mehr Betriebe aus der Milchproduktion aussteigen. Der etwas gebremste Strukturwandel könnte dann wieder an Fahrt gewinnen.
Quelle: Statistisches Bundesamt, AMI
Noch mehr Statistiken? Hier sind die Zahlen zum Milchkontrolljahr 2022:

Milchkontrolljahr 2022

94 Kühe im Bundesdurchschnitt

von Gregor Veauthier

Die Milchleistung der deutschen Milchkühe hat sich im abgelaufenen Kontrolljahr um 41 kg verringert, die durchschnittliche Herdengröße ist hingegen angewachsen.


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