Besonders in den warmen Sommermonaten ist die Nacherwärmung der Ration eine entscheidende Ursache für den Rückgang der Futteraufnahme. Studien zeigen, dass „warmes“ Futter die Trockenmasseaufnahme um bis zu 13% reduziert. Mit der Nacherwärmung geht zudem ein Energieverlust sowie eine schlechtere Verdaulichkeit einher. Bei einer Temperaturerhöhung um 10 °C ist täglich von 0,1 MJ NEL/kg TM Energieverlusten auszugehen.
Das dadurch entstehende Energiedefizit löst nicht selten Stoffwechselprobleme und Fruchtbarkeitsstörungen aus, deren Folgen noch lange über die eigentliche Hitzeperiode hinaus andauern. Zudem reagieren die Kühe oft auch mit einer erhöhten Zellzahl und Euterentzündungen.
Eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera …
Deshalb dürfen warme Silage-Partien oder Futtermischungen auch nicht verfüttert werden! Warme Silage muss ebenso wie von Schimmel befallene Partien großzügig (30 cm Radius) abgeräumt und „entsorgt“ werden! Ist die Silage knapp, kann das Jungvieh auf eine Stroh-/Kraftfuttermischung umgestellt werden. Notfalls muss Futter zugekauft werden, auch wenn‘s teuer ist. Unter dem Strich rechnet sich die Verfütterung warmer Silagen nämlich nicht. Wer sich scheut, das warme Futter zu entsorgen, dem sei gesagt, dass dies letztlich einer Entscheidung zwischen Pest und Cholera gleichkommt, denn letztlich führt die Verfütterung zwangsläufig zu den oben genannten Problemen im Kuhstall.
Mischration mit Säuren oder Salzen stabilisieren
Die Frage ist: Kann in einem warmen Silo zumindest noch ein Teil des Futters noch gerettet werden?
Eines der Kernprobleme liegt darin, dass sich eine Nacherwärmung quasi selbst befeuert, denn die Geschwindigkeit der Erwärmung wird durch eine höhere Temperatur beschleunigt. Eine Temperaturerhöhung von 10 °C bedeutet, dass sich die Schadorganismen ungefähr doppelt so schnell entwickeln.
Dies bedeutet: Ein kalter Silostapel wird sich auch unter Hitzebedingungen später erwärmen als ein bereits leicht erwärmter Silohaufen.
Eine Nacherwärmung im Silostock lässt sich noch am ehesten verhindern durch:
- sauberes Arbeiten
- Vorschub erhöhen
- Entnahme ohne Auflockern
- Warme Partien auslagern bis wieder kalte Silage erreicht wird
- evtl Säure an die Anschnittfläche sprühen
- umsilieren
Sauber Arbeiten: Lockere Silagereste vor dem Silo sind ein Paradies für Hefen! Die Erwärmung in solchen Haufen oder Silageresten kann explosionsartig erfolgen, unter Umständen bereits wenige Stunden nach der Entnahme. Kommen diese Silagereste in Kontakt mit dem Silostapel so wird auch dessen Anschnittfläche kontaminiert, sie erwärmt sich und verliert an Stabilität.
Tipp: Sofortiges Abschieben an der Silowand ist immer Sommer eine Pflicht und keine Kür!
Den Vorschub erhöhen: Sauerstoff dringt durch Poren in den Silostapel ein - je geringer die Silagaverdichtung desto leichter gelangt er in das Siloinnere. Dort wo Hefen mit Sauerstoff in Kontakt kommen, verliert die Silage ihren Schutz gegen eine Erwärmung. Da dieser Prozess aber eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt hat man glücklicherweise noch eine „Galgenfrist“, bis es zur Erwärmung kommt. Wenn die Silage innerhalb dieser Frist entnommen und verfüttert wurde, dann kommt es nicht zur Erwärmung.
Tipp: Eine Erhöhung des Vorschubs verhindert das Zusammentreffen von Sauerstoff und Hefebakterien, im Idealfall erwärmt sich die Silage dann nicht.
Entnehmen ohne aufzulockern: Eine Entnahmetechnik die den Silostapel auflockert, befördert Sauerstoff in tiefere Schichten und verringert somit die Frist bis zur Erwämung (s.o.). Deshalb empfiehlt sich eine schneidende Entnahmetechnik, die glatte Anschnittflächen hinterlässt (z.B. Siloblockschneider oder Schneidschaufel).
Warme Partien auslagern: Ist es bereits eine Erwärmung im Silostock eingetreten, so wird die entstehende Temperatur die Aktivität der Hefen weiter beschleunigen und die Frist von Sauerstoff kontakt bis Erwärmung weiter verkürzen.
Tipp: Die warme Silage entnehmen, bis mindestens 50 cm hinter die erwärmte Schicht. Ein Verkauf an eine Biogasanlage bietet sich in diesem Falle an. Wichtig ist es aber nun, die Silage vor einer erneuten Erwärmung zu schützen, um die erkaufte Zeit nicht wieder zu verlieren.
Anschnitt mit Säure einsprühen: Ist der Anschnitt ist warm, kann die Anschnittfläche mit einem Propionsäuregemisch eingesprüht werden. Aulendorfer Versuche zeigten, dass eine Flächenbehandlung mit Propionsäure zwar keine signifikante Verbesserung der Energiegehalte bewirkte, jedoch verzögerte sich dadurch die Nacherwärmung um 1,7 Tage.
Tipp: Aufgrund der geringen Eindringtiefe des Mittels (max. 6 cm) ist eine tägliche Behandlung des kalten Anschnittes notwendig. An einem leicht schrägen Anschnitt lässt sich ein Mittel leichter ausbringen. Zudem sollte nach der Behandlung die Folie stramm über den Anschnitt gezogen werden, um ein Abdampfen des Zusatzes zu verhindern. Wichtig: Unbedingt auf den Arbeitsschutz achten und Schutzkleidung tragen!
Umsilieren als letzte Lösung: Wenn trotz Erhöhung des Vorschubs und dem Aufbringen von Säure der Anschnitt immer noch warm bleibt, also die Nacherwärmung bereits tiefer in das Silo eingedrungen ist, dann kann ein Umsilieren der oberen Schichten im Silo oder sogar des gesamten Silostocks nötig werden. Zuerst werden die Schimmelschichten entnommen und verworfen. Anschließend werden die warmen Partien komplett entnommen und rasch in dünnen Schichten mit einem stabilisierenden Mittel auf Basis von Propionsäure mit mindestens 5 l/t Frischmasse intensiv verdichtet und sofort abgedeckt. Es ist eine niedrige Füllhöhe einzuhalten, um später einen raschen Vorschub zu erzielen.
Tipp: Das neue Silo sollte mindestens 14 Tage geschlossen bleiben. Wurden lediglich die oberen Schichten entfernt, so ist die Oberfläche im übrigen Silo vor dem Abdecken ebenfalls zu behandeln.
Warme TMR behandeln
Die Nacherwärmung einer TMR am Futtertisch wird hauptsächlich von Hefen verursacht. Kontakt mit Luftsauerstoff führt zu einer rasanten Vermehrung von Schadhefen, so dass sich die Ration in wenigen Stunden erwärmt. Wichtig: die Erwärmung ist lediglich ein Symptom für den Verderb Prozess, die schädlichen Auswirkungen wie geringere Schmackhaftigkeit und Energieverluste beginnen aber bereits sechs bis acht Stunden bevor wir eine Temperaturerhöhung bemerken können. Dies bedeutet, dass wenn Sie morgens feststellen, dass die TMR warm ist, sie evtl. ihren Kühen bereits die Hälfte des Tages verdorbenes Futter angeboten haben!
Silage, die bereits einen erhöhten Gehalt an Hefen aufweist (beginnende Erwärmung schon im Silostock) beimpft die frische TMR und verringert die Stunden bis zum Verderb! Also niemals den Kühen am Morgen bereits eine warme Mahlzeit vorlegen.
Hier hilft (wenn überhaupt) oft nur noch, Säure oder Pulver (TMR-Stabilisator) in den Mischwagen zuzugeben. Wichtig: Die Säure muss homogen im Futtermischwagen eingemischt werden. Beim Einsatz abgeschwächter Säuren (weniger korrosiv) ist unbedingt auf die richtige Aufwandmenge zu achten erhöht werden. Der stechende Geruch der Propionsäure die Futteraufnahme reduzieren, deshalb ist es angebracht, die Säure zunächst zu verdünnen und eine höhere Menge zuzugeben.
Auch einige Salze wie z.B. Kaliumsorbat kann zur Rations-Stabilisierung eingesetzt werden. Das Granulat wird vor der Zugabe in den Mischbehälter in Wasser aufgelöst. Kaliumsorbat kann bereits erwärmte Silagen nur eingeschränkt stabilisieren. Allerdings sind die Kosten für das Salz geringer.
Hinweis: Säuren sind oft leicht flüchtig, stark korrosiv und ätzend. Die Sicherheitsvorschriften (Gefahrgut) sind unbedingt einzuhalten. Auch ist häufig ein HACCP-Protokoll zu führen.
Tipp: Spezielle TMR-Futtersäuren sind zwar oftmals etwas teurer, jedoch für eine bessere Handhabung so aufgearbeitet dass sie weit weniger gefährlich (wenn auch keinesfalls ungefährlich) sind.
Zusätzlich sollten sie bei ihrem Lieferanten nachfragen, wie hoch der Wasseranteil in der Säure ist. Manchmal sind sehr günstige Produkte im Markt, jedoch könnten diese einfach mit Wasser gestreckt sein. Auch kann eine abgepufferte Propionsäure kann bis zu 8% Wasser enthalten.
TMR mit Wasserzusatz?
Versuche der Kammer NRW haben gezeigt das feuchte Rationen schneller zu einer Erwärmung neigen! Es kann also passieren das eine TMR ohne Wasser den gesamten Tag stabil bleibt- mit Wasserzusatz jedoch schon nach 12 bis 18 Stunden verdorben sein kann! Wenn die das Wasser für die TMR in einem Behälter vorlagern, so bietet es sich an, in diesem Behälter bereits die benötigte Menge Säure einzudosieren. Zu diesem Zweck gibt es verschiedene Dosiersysteme (elektronisch oder DOSATRON).
Hygiene: Kein Gramm darf übrig bleiben!
Der Futtermischwagen muss immer restlos entleert, der Futtertisch so sauber wie möglich gehalten (glatter Futtertisch) werden, den Futterreste können eine frische Ration mit Hefen „beimpfen“ und so deren Erwärmung beschleunigen.
Bei hohen/heißen Temperaturen hat es sich bewährt, die Futtervorlage in die kühleren Abendstunden (Futter erwärmt nicht so schnell) oder am sehr frühen Morgen zum Sonnenaufgang (besser da dem Fressrhythmus der Kühe entsprechend) zu verlegen bzw. die Ration mehrmals täglich vorzulegen und ranzuschieben. Im Sommer nehmen die Kühe bis zu 2/3 des Futters nachts auf, deshalb darf der Futtertisch abends und nachts nie leer sein!
Welche Silagen neigen zur Erwärmung?
Das Ausmaß einer Nacherwärmung ist von vielen Faktoren abhängig:
● Keimdichte an Mikroorganismen
● die Verdichtung, der Gärdauer
● dem Vorschub
Entsprechend zeigt sich eine Nacherwärmung in den Silos auch in einem unterschiedlichen Ausmaß. Mal zeigt sich eine leichte Erwärmung am Rand und im oberen Silobereich, mal ist die gesamte Anschnittfläche betroffen. In den Randpartien des Silos folgt die Temperatur schneller der Umgebungstemperatur, sie steigt im Sommer dort also eher an. Da die Randzonen meist weniger gut verdichtet sind, ist dort das Nacherwärmungsrisiko am höchsten.
Bei Nacherwärmung riecht die Silage alkoholisch bis zu muffig oder gar faulig (eine gute Silage riecht hingegen aromatisch säuerlich).
Quelle: Jan Hendrick Puckhaber, Milchhof Gut Bantelstorf
Weitere Informationen zu diesem Thema:
Nacherwärmung von TMR senkt die Futteraufnahme der Kühe und den Nährwert der Ration. Diese Maßnahmen verhindern, dass die Ration auf dem Futtertisch hoch geht.