Auch in diesem Sommer trafen sich die Milcherzeuger der European Dairy Farmers wieder zum Austausch und um die betriebswirtschaftlichen Auswertungen ihrer Betriebe zu vergleichen. Auf dem Kongress in Skövde (Schweden) wurde dabei u.a. diskutiert, ob die schwedischen Milchkuhbetriebe trotz hoher Auflagen bei Tierwohl und Tiergesundheit gegenüber ihren europäischen Berufskollegen wettbewerbsfähig sind?
Auch in diesem Sommer trafen sich die Milcherzeuger der European Dairy Farmers wieder zum Austausch und um die betriebswirtschaftlichen Auswertungen ihrer Betriebe zu vergleichen. Auf dem Kongress in Skövde (Schweden) wurde dabei u.a. diskutiert, ob die schwedischen Milchkuhbetriebe trotz hoher Auflagen bei Tierwohl und Tiergesundheit gegenüber ihren europäischen Berufskollegen wettbewerbsfähig sind?
Schwieriger im hohen Norden
Leicht war es für die Schweden auch im Jahr 2022* nicht, im europäischen Vergleich mitzuhalten. Das zeigten die Auswertungen von 274 europäischen und kanadischen Milchkuhbetrieben (231 EU-konventionell, 23 ökologisch wirtschaftende Betriebe).
Denn der Break-Even-Point (Milcherlös, der notwendig ist, um die Produktionsvollkosten zu decken) der Schwedenbetriebe lag bei einer Leistung von 11.650 kg ECM bei 40,0 ct/kg ECM und damit 0.9 ct/kg ECM über dem Durchschnitt der konventionellen EDF-EU-Betriebe (Deutschland 35,8 ct/kg ECM).
Die Vollkosten (EDF-Vergleich) in den schwedischen Betrieben betrugen 56,4 ct/kg ECM und waren damit 5.8 ct/kg ECM höher als im Durchschnitt der konventionellen EDF-EU-Betriebe.
Kostentreiber sind vielfältig
Gründe für die höheren Kosten liegen unter anderem in hohen Arbeitserledigungskosten: Eine Arbeitsstunde ist sehr teuer (23 € pro Akh) gleichzeitig ist der Arbeitsaufwand im Betriebszweig Milch vergleichsweise hoch (52.3 Stunden pro Kuh und Jahr). Ursächlich dafür sie unter anderem die umfangreichere (und damit deutliche teurere) Jungviehaufzucht (+2.3 ct/kg ECM höher als im europäischen Vergleich).
Sehr gute Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Tiere aber auch für Betriebsleiter und Mitarbeiter sind ein wichtiges Ziel auf vielen Betrieben, was sich ebenfalls auf den Arbeitsaufwand auswirkt.
Zudem sind die Besatzdichten je ha Fläche (1.27 GV je ha) deutlich geringer als in anderen nationalen EDF-Gruppen (durchschn. EDF EU konventionell 2.6 GV je ha). Um das benötigte Futter für die Herde zu produzieren, wird deutlich mehr Fläche bewirtschaftet. Das bedeutet mehr Arbeit, mehr Diesel, mehr Lohnunternehmer-Einsatz. Auch das verteuert die Produktion.
Außerdem entstehen Kosten durch die hohen, gesetzlichen Anforderungen an Tierwohl. Das schlägt sich z.B. in höheren Kosten für Gebäude nieder. Neben viel Platz (mindestens 8,5 m² pro Kuh) müssen die schwedischen Milcherzeuger ihren Tieren einen regelmäßigen Zugang zur Weide ermöglichen.
So besteht eine Weidepflicht für alle Rinder, wobei die Kühe täglich mindestens sechs Stunden weiden müssen. Dabei ist auch die maximale Anzahl an Tieren pro Hektar festgesetzt.
Bio auf dem Rückzug
Noch vor einigen Jahren war Schweden im Bio-Bereich Vorreiter. Doch das Blatt hat sich gewendet. Zwar werden derzeit noch 20 % der Fläche biologisch bewirtschaftet, doch der Anteil geht stetig zurück.
Dieses Bild können auch die schwedischen Molkereien bestätigen, denn die vier größten Milchverarbeiter verloren 13 % ihrer Biomilch-Lieferanten. Auch der Absatz an Biomilch ging um 16 % zurück.
Grund für diesen Rückgang ist – wie in anderen europäischen Ländern auch – dass die hohen Kosten nicht mehr durch die Biomilchpreise gedeckt werden. Die Preisdifferenz zwischen Biomilch und konventioneller Milch ist vergleichsweise gering.
Neben Tierwohl und Weidepflicht, müssen die Milcherzeuger zudem hohe Standards bei der Tiergesundheit erfüllen. Die Gabe von Antibiotika ist eingeschränkt, sodass z.B. selektives Trockenstellen auf allen Milchkuhbetrieben zur Regel gehört.
Komfortable Ausgangslage bei der Nutzfläche
Neben den hohen Kosten gibt es aber auch Aspekte, die der Milcherzeugung entgegenkommen. So sind die meisten Betriebe sehr komfortabel mit Nutzfläche ausgestattet. Daneben liegen die Pachtpreise mit rund 200 € pro Hektar im europäischen Vergleich (EDF-Auswertung) im unteren Drittel (Deutschland 350 €).
Auch die sonstigen Erlöse aus Viehverkäufen sind im Schnitt höher als beispielsweise in Deutschland, so dass die höheren Kosten für die Jungviehaufzucht zum großen Teil durch höhere Erlöse kompensiert werden können.
Aber vor allem werden die schwedischen Milcherzeuger von ihrem Staat unterstützt. Denn die öffentlichen Prämien- und Direktzahlungen liegen bei knapp 8.8 ct/kg ECM und damit um 5.2 ct/kg ECM höher als beispielsweise in Deutschland.
Fazit
Die Schweden sind trotz hoher Auflagen wettbewerbsfähig: Allerdings nur, weil die „Wettbewerbsnachteile“ zu großen Teilen durch höhere Direktzahlungen und staatliche Unterstützung und eine sehr hohe Milchleistung (11.650 kg ECM/Kuh) ausgeglichen werden.
* Hinweis: Ergebnisse der EDF sind nicht repräsentativ, es lässt sich aber ein regionaler Trend ablesen!
Europäischer Club
Die European Dairy Farmers (EDF) sind ein unabhängiger Club für Milcherzeuger aus ganz der EU sowie einigen Nicht EU-Ländern wie der Schweiz, Kanada, Australien, Neuseeland und den USA. Leitmotiv der Mitglieder ist es, gegenseitig Wissen und Erfahrungen auf internationaler Ebene auszutauschen sowie sich zu vergleichen (benchmarken).
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Ein Milchkuhbetrieb, der nur von Mitarbeitern gemanagt wird: Kann das funktionieren? Ja, lautet die klare Antwort auf dem schwedischen Betrieb Vadsbo Mjölk.