In der Praxis überwiegt der Bestandsschnitt an zwei bis drei Terminen pro Jahr. Die Termine lassen sich im Herdenmanagement einfacher organisieren und das Vorgehen erlaubt den Klauenpflegern oft noch ein effizienteres, günstigeres Arbeiten. Klauenerkrankungen und Lahmheiten lassen sich aber gezielter vorbeugen, wenn das Pflegeintervall am Bedarf der Einzelkuh ausgerichtet wird. Denn das hat mehrere Vorteile.
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In der Praxis überwiegt der Bestandsschnitt an zwei bis drei Terminen pro Jahr. Die Termine lassen sich im Herdenmanagement einfacher organisieren und das Vorgehen erlaubt den Klauenpflegern oft noch ein effizienteres, günstigeres Arbeiten. Klauenerkrankungen und Lahmheiten lassen sich aber gezielter vorbeugen, wenn das Pflegeintervall am Bedarf der Einzelkuh ausgerichtet wird. Denn das hat mehrere Vorteile.
Je nach Gesundheit, Leistung und Alter hat jede Kuh andere Ansprüche an die Klauenpflege. Während eine klauengesunde Kuh mit zwei bis drei Kontroll- und Pflegeterminen pro Jahr zurechtkommen kann, benötigt eine kranke Kuh womöglich über fünf. Für hochleistende, alte und vorbelastete Kühe sind mindestens drei Termine pro Jahr eine Versicherung: Je früher Probleme behoben werden, desto geringer ist das Risiko für eine schwere Lahmheit.
Aus einem solchen kuhindividuellen System ergeben sich je nach Herdengröße monatliche bis wöchentliche, in großen Herden auch tägliche Termine, an denen Klauenpfleger im Betrieb sind und eine kleinere Kuhgruppe durcharbeiten. So können sich abzeichnende Bestandsprobleme früher erkannt werden und nach einer gemeinsamen Analyse lassen sich die zugrunde liegenden Fehler im Haltungs- und Betreuungsumfeld finden. Steigt z. B. die Häufigkeit von Mortellaro-Läsionen, helfen nicht allein Verbände am Einzeltier. Passt der Milcherzeuger gleichzeitig das Klauenbad an und optimiert ggf. die Stallhygiene oder andere Stressfaktoren, ist die Chance auf langfristig gesündere Klauen am größten.
Dadurch, dass immer nur eine kleine Kuhgruppe pro Termin in die Klauenpflege geht, kann sich der Stress in der Gesamtherde reduzieren. Kühe ohne Pflegebedarf werden bei guter Organisation bestenfalls gar nicht gestört.
Aufgrund der positiven Effekte sollten die Kosten der Klauenpflege auf den Liter Milch und auf die Remontierung statt pro Kuh umgelegt werden. Die vermuteten erhöhten Kosten sind dann mittelfristig nicht mehr so hoch!
Doch wie organisiert man eine Herde in ein kuhindividuelles Klauenpflegeintervall? Die Aufgabe ist anspruchsvoll, aber machbar. Für die Besamung, Trächtigkeitsuntersuchung und das Trockenstellen muss das schließlich auch gelingen! Entscheidend dafür ist eine gute Vorbereitung.
1. Daten beschaffen
Als Erstes steht bei allen Überlegungen ein Gespräch mit dem Klauenpfleger an. Nicht jeder ist dazu bereit, Kunden in einem kuhindividuellen System zu betreuen. Eine Umstellung ist aber nur bei enger Zusammenarbeit zwischen Milchkuhhalter, Klauenpfleger und Bestandstierarzt in den folgenden Punkten erfolgreich:
Den Bedarf einer Kuh zur Klauenpflege zu bestimmen, erfordert mehr als eine Einteilung nach Laktationsabschnitt. Zusätzlich sind der jeweilige Klauengesundheitsstatus der Einzelkuh (Befunde, Lahmheit), die Milchleistung und das Alter sowie gegebenenfalls ihre Körperkondition – sprich die Einzeltierdaten – einzubeziehen.
Einen Vorteil haben diesbezüglich Betriebe, die bereits eine digitale Dokumentation der Klauenbefunde und Nachbehandlungstermine auf Einzeltierebene von ihren Klauenpflegern erhalten. Und diejenigen, die ein regelmäßiges Lahmheitsscoring (siehe Seite 10) in ihrem Bestand durchführen. Für Betriebe, die nur über die Laktationsdaten der Kühe verfügen, wird folgendes Vorgehen empfohlen: Der Betriebsleiter sollte mit seinem Klauenpfleger einen Termin für einen letzten Bestandsschnitt machen. Unmittelbar davor, aber nicht am selben Tag ist ein Lahmheitsscoring mit Dokumentation pro Einzeltier durchzuführen, inklusive Trockensteher (gegebenenfalls mit einer Notiz zur Körperkondition). Das Beurteilungsverfahren gilt es vorab zu erlernen und eine Kuhliste vorzubereiten. Hilfreich kann es sein, die Kühe das erste Mal gemeinsam mit dem Tierarzt oder dem Klauenpfleger nach ihrem Lahmheitsgrad zu scoren.
Was gilt bei Weidetieren?
Grundsätzlich gilt für auf der Weide gehaltene Rinder das Gleiche, wie für die Stalltiere: Sie müssen gut laufen können. Dabei gibt es sicher Unterschiede in der Intensität des Hornwachstum, der mechanischen Belastung der Klauen unter anderem aufgrund der Elastizität sowie Rutschfestigkeit und Feuchtigkeit der Weiden. Wir wissen,dass die Hygiene im Haltungsumfeld den Erregerdruck und damit das Risiko infektiös bedingte Erkrankungen an der Zehe der Rinder maßgeblich bestimmt.Fazit: Wir müssen auch bei Weiderindern tierindividuell und dem entsprechenden Haltungs-, Fütterungs- und Managementsystem angepasst Klauenpflege- und -korrekturintervalle festlegen und die Klauengesundheit dokumentieren.
2. Bereitstellen der Kühe
Vorzubereiten ist auch, wie die kleinen Kuhgruppen zur Klauenpflege aus der Herde selektiert werden und das monatlich bis täglich! Die Kühe müssen stressfrei bereitstehen. In Ställen, die über eine Autoselektion und einen Selektionsbereich verfügen, ist das einfach, für Betriebe ohne schwieriger: Manche haben die Möglichkeit, die Kühe manuell aus dem Rücktrieb vom Melken in einen Aufenthaltsbereich zu bringen. Anderen bleibt nur die Option, die Kühe über das Fressgitter zu selektieren und in den Wartebereich für die Klauenpflege zu treiben. Was beim Aussortieren von zwei, drei Kühen gut machbar sein mag, wird bei 30 Kühen pro Termin durchaus zur Stresssituation! Zur Vereinfachung sind leicht bedienbare, temporäre Hubschranken oder Schiebetore entlang der Treibwege ratsam.
Wechsel begleiten
Beim letzten Bestandsschnitt sind natürlich die Klauenbefunde und Nachbehandlungstermine pro Kuh zu dokumentieren. Sinnvoll ist dazu, pro Klauenpflegestand eine Person aus dem Betrieb „abzustellen“, die auf einer Kuhliste die Informationen notiert, die der Klauenpfleger durchgibt.
3. Termine zuteilen
Und in welcher Reihenfolge stellt man nun die Kühe nach dem letzten Bestandsschnitt vor? Das System baut sich langsam auf, doch besonders die erste Zuordnung der Kühe erfordert Konzentration – nehmen Sie sich Zeit.
An folgenden Punkten können Sie sich orientieren: Ein Klauenpfleger kann 35 bis 40 Kühe pro Tag pflegen. Das ist je nach Anzahl der Klauenpfleger das Maximum pro Tag. Abhängig von Herdengröße und Klauengesundheit ergibt sich aus der folgenden Zuordnung der Kühe der erforderliche Turnus an Terminen:
Für den ersten kuhindividuellen Termin werden zunächst alle Kühe eingeplant, die im letzten Bestandsschnitt zur Nachbehandlung vorgemerkt wurden. Und alle Kühe, die durch Lahmheit aufgefallen sind (ab L2 bis „leicht lahm“). Der erste kuhindividuelle Termin sollte also spätestens vier Wochen nach dem letzten Bestandsschnitt erfolgen. Hinzukommen die Kühe, die als nächstes nach Laktationsabschnitt, Leistung und Vorgeschichte anstehen:
Für durchschnittlich leistende Kühe (< 10.000 kg Laktationsleistung) beraumt man zunächst alle fünf Monate Pflegetermine für die Klauen plus einem Zwischentermin zur Kontrolle an.
Der erste Termin im Laktationsverlauf ist bei diesen Kühen sowie bei unauffälligen Färsen ab dem 80. Laktationstag anzusetzen. Für hochleistende Kühe werden drei Termine pro Jahr eingeplant. Sie sollten dem Klauenpfleger das erste Mal ab dem 14. bis 28. Laktationstag zur Kontrolle (nicht zwingend Klauenschnitt!) vorgestellt werden.
Der zweite Kontroll- und Pflegetermin im Laktationsverlauf ist je nach Zwischenkalbezeit mittig in der Laktation zu platzieren.
Der dritte Termin erfolgt ein bis drei Wochen vor dem Trockenstellen. Bedenken Sie hierbei, dass ein Verband nach drei Tagen abzunehmen ist und eine Kuh mit Klotz nach vier Wochen zur Nachkontrolle muss.Für ältere Kühe (> 4./5. Laktation) und chronisch klauenkranke Kühe werden ebenfalls mindestens drei Termine pro Jahr einkalkuliert. Es können auch mehr als fünf Termine möglich sein, „wenn die Kuh es braucht“.
Für den weiteren Verlauf ist es wichtig, neu-lahme Kühe in den Rhythmus mit mehr als drei Kontroll- und Pflegeterminen aufzunehmen. Ein regelmäßiges Lahmheitsscoring sollte beibehalten werden. Neu-lahme Kühe dürfen nicht unversorgt bis zum nächsten Pflegetermin bleiben. Es muss eine sachkundige Person im Betrieb geben, die einen Mortellaro-Verband legen, Druckstellen öffnen und entlasten sowie Klötze kleben kann. Nach der Erstversorgung wird die Kuh beim nächsten regulären Klauenpflegetermin mit vorgestellt.-ks-
Wie Jungkühe eingliedern?
Im Idealfall sollte die Nachzucht ab dem besamungsfähigen Alter einmal und spätestens zwei Monate vor der Abkalbung noch einmal zur Klauenpflege. Das gilt unabhängig von den Haltungsbedingungen – selbst bei abrasiven Böden sollte zumindest die Spitze gekürzt werden, damit die Kühe an Trachtenhöhe gewinnen und sich die Last besser verteilt. Beginnen Sie früh mit Klauenbädern, um chronische Mastitis zu vermeiden.
Ein besonderes Augenmerk auf die Klauenpflege zu legen, das lohnt sich. Da sind sich Tierarzt, Landwirt, Züchter und Klauenpflegerin einig. Tipps aus der Praxis.
Milchkuhhalter, die die Klauen ihrer Kühe in Eigenleistung schneiden und behandeln, haben ihre Gründe. Welche sind es und wie organisieren sie sich?