Kälberaufzucht

Durchfall ist nicht gleich Durchfall

Die Kotkonsistenz von Kälbern ändert sich nicht nur bei Durchfallerkrankungen, sondern auch je nach Alter und Futter. Das ist relevant bei der Tierkontrolle.

Nicht jeder dünne Kot (Durchfall) deutet auf eine Infektion mit einem Krankheitserreger hin. Gerade in den ersten Lebenswochen beeinflussen auch Darmentwicklung und Futterumstellungen die Konsistenz und Farbe der Darmausscheidungen.
Ein vorübergehend dünnerer Kot ist nicht gleich schlimm. Wichtig ist, dass das Kalb dabei unverändert trinkt und fit ist."
Dr. Theresa Scheu
Grundsätzlich unterschieden werden vier Kotkonsistenzen: pastös, breiig, suppig und wässrig. Suppig und wässrig sollte der Kot nicht über mehrere Kotabsätze sein, denn dann verliert das Kalb viel Flüssigkeit. Vor allem, wenn es nicht weiter trinkt.

Theresa Scheu

Tierärztin, Hofgut Neumühle

Einfluss der Darmentwicklung auf die Kotkonsistenz

Der Darm entwickelt sich in den ersten Lebenswochen enorm. Zunächst ist das Darmepithel so aufgebaut, dass es die Bestandteile des Kolostrums aufnehmen kann: Man kann sich das so vorstellen, dass für die Immunglobuline und andere Stoffe „größere Lücken“ im Epithel sind.
Ist diese Resorptionsphase beendet, stellt sich die Schleimhaut nach und nach auf die Aufnahme von reinen Nährstoffen um. Zudem geht man davon aus, dass sich das Darmepithel grundsätzlich alle zwei bis zehn Tage erneuert, um abgenutzte oder verletzte Zellen zu ersetzen.
  • Sichtbar wird der Einfluss der Darmentwicklung zunächst durch den Absatz des Mekoniums in den ersten 24 bis 48 Stunden nach der Geburt. Mekonium ist dunkelbraun-schwarz bis ocker-gelb gefärbt und hat die Konsistenz von Kitt.
  • Erst der Kot danach ist ein echtes Verdauungsendprodukt aus dem aufgenommenen Kolostrum. Er ist pastös bis breiig. Je größer die aufgenommene Milchmenge, desto weicher ist die Konsistenz.

Pastös, geformter Kot eines gesunden Kalbes, das mit Vollmilch mit einem carotinhaltigen Vollmilchaufwerter gefüttert wird. (Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)

  • Um den siebten bis zehnten Lebenstag können kurzzeitig suppige Konsistenzen auftreten, die wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Erneuerung der Darmschleimhaut stehen.

(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)

  • Ungefähr ab der sechsten Lebenswoche stellen Kälber von Milch- auf Wiederkäuerkot um. Diese Phase kann von wechselnder Kotkonsistenz geprägt sein. Teilweise setzen die Kälber in dieser Zeit für ein, zwei Tage nur wenig Kot oder Schleim ab. Vorübergehend kann Durchfall auftreten.

Schleimbeimengungen sind in dieser Form typisch, wenn sich ein Kalb entweder von einer infektiösen Durchfallerkrankung erholt oder wenn ein Kalb von Milch- auf Wiederkäuerkot umstellt. (Bildquelle: Leister)

Wiederkäuerkot ist deutlich dunkler, geformter und fester. Insbesondere, wenn die Kälber letztlich vollständig von der Milchtränke abgesetzt sind.

Wiederkäuerkot ist deutlich dunkler, geformter und fester. (Bildquelle: Thiemann)

Einfluss von Futterumstellungen auf die Kotkonsistenz

Der Darm muss sich an Futterwechsel anpassen. Die erste Umstellung ist die von Kolostrum oder Transitmilch auf die Folgemilch. Zu diesem Zeitpunkt wird oft über dünnere, suppige Kotkonsistenzen berichtet. Auch zu anderen Futterwechseln ist dies zu beobachten. Diese diätetisch-bedingten Veränderungen sind als akzeptabel, „normal“ zu bewerten, sofern sie betriebsintern immer und nur kurzzeitig vorübergehend im Zusammenhang mit der Umstellung auftreten und sich das Verhalten der Kälber nicht verändert (siehe unten „Infektiös bedingten Durchfall erkennen“).
Es ist zu empfehlen, möglichst nur bei einer Sorte Tränke zu bleiben. Also Vollmilch oder MAT.“
Dr. Theresa Scheu
Grundsätzlich gilt, je schonender Umstellungen erfolgen, desto weniger wird das Verdauungssystem gefordert und desto weniger treten extreme Kotveränderungen auf. So ist es zu empfehlen, möglichst bei einer Sorte Tränke zu bleiben. Also nach dem Kolostrum oder der Transitmilch nur auf z.B. angesäuerte Vollmilch oder nur auf Milchaustauscher umzustellen und dabei zu bleiben. In den ersten Wochen sollte MAT zudem kein pflanzliches Protein enthalten, die Kälber können dies noch nicht verdauen.
Bei Umstellungen von Tränkeprodukten (z.B. MAT 1 sehr hochwertig auf MAT 2 mit Anteilen pflanzliches Eiweiß) kann es vorübergehend zu diätetisch bedingten Kotveränderungen kommen. Die Kälber trinken aber normal weiter, außer es gibt geschmackliche Akzeptanzprobleme.

Dünner Kot eines Kalbes, dass den Tränkeautomaten nicht verstanden hat und plötzlich keine Milch sondern mehr Wasser und Kälberstarter aufgenommen hat. (Bildquelle: Leister)

Auch die Aufnahme von Festfutter beeinflusst die Kotkonsistenz. Wir sehen besonders bei Kälbern, die zu früh, vor der sechsten bis achten Lebenswoche, viel Kraftfutter aufnehmen oder es aus der Kälber-TMR selektieren, dass unverdaute Bestandteile im Kot zu finden sind. Diese Tiere neigen zu Durchfällen. Das Phänomen zeigt sich oft bei zu früh abgetränkten oder restriktiv getränkten Kälbern: Sie haben Hunger und fressen dann Kraftfutter in einer Menge, die sie noch nicht hinreichend verdauen können.

Wässriger Kot mit unverdauten Partikeln (Durchfall). Da das Kalb weniger Milch getrunken hat, erhielt es zusätzlich Elektrolyttränke bis zur Besserung. (Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Infektiös bedingten Durchfall erkennen

Die Kotkonsistenz ist nur ein Einzelbefund. Allgemeinzustand, Verhalten, Alter und Fütterung des Kalbes müssen zur Beurteilung mit berücksichtigt werden.“
Dr. Theresa Scheu
Die Kotkonsistenz allein ist nur ein Einzelbefund. Um abzugrenzen, ob ein dünner Kot infektiös bedingt ist, muss man immer auch das Allgemeinbefinden des Kalbes aufmerksam beobachten. Solange es munter und neugierig bleibt und mit Appetit seine Milch säuft („klinisch unauffällig“), ist ein kurzzeitig vorübergehender suppiger Kot akzeptabel.

Sobald das Kalb beginnt weniger zu trinken oder gar damit aufhört, ungern aufsteht und apathisch wird, besteht sofortiger Handlungsbedarf. (Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)

Sobald das Kalb beginnt weniger zu trinken oder gar damit aufhört, nicht aufsteht, apathisch wird, den Bauch hochzieht, häufig auf Kot presst, beim Kotabsatz stöhnt, Fieber hat und/oder dehydriert, steht der dünne Kot höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit einer Infektion.
Das Kalb ist gesondert zu behandeln (Elektrolyte etc.)! Weiterführende Artikel dazu siehe unten.
Bei einem gesunden Kalb ist Kot maximal suppig.“
Dr. Theresa Scheu
Bei einer Darminfektion, z.B. durch Rota-Viren, werden die Epithelzellen geschädigt, sodass sie der Nährstoffresorption nicht mehr nachkommen können. Was wir bei diesen Kälbern dann sehen, ist Durchfall, der wässrig im Strahl abgesetzt wird. So etwas kommt bei einem gesunden Kalb nicht vor, hier ist dünner Kot maximal suppig.

Flüssigkeit und Elektrolyte sind das Wichtigste, was ein durchfallkrankes Kalb braucht. Fehler beim Anmischen können fatale Folgen haben.  

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