Der Schnee glitzert in der Sonne. Es ist Ende November auf dem Milchkuhbetrieb im Kreis Pinneberg in Schleswig-Holstein. In der Nacht hat das Thermometer einen Tiefstwert von - 12 °C erreicht, der Hof ist mit einer 10 cm dicken Schneedecke überzogen.
Noch nicht auf den Winter vorbereitet
Malte Krohn beugt sich zum Ansetzarm einer seiner fünf Lely-Melkroboter herunter und bricht einige Eiszapfen ab. „So ganz vorbereitet auf den Winter und einen Temperatursturz waren wir noch nicht“, bedauert der junge Milcherzeuger.
Nicht nur die Zentraleinheit des Melkroboters muss er kurzfristig mit Wärmelampen warmhalten, auch der automatische Futtermischwagen konnte nachts die vereisten Metallstreifen auf dem Hof nicht mehr erkennen und meldete sich beim Betriebsleiter.
280 ha nahezu arrondiert
Da sein Vater früh verstorben ist, führt Malte Krohn den Betrieb schon seit mehr als zehn Jahren. Dabei ist er erst 32 Jahre alt. Zu einem Zeitpunkt, an dem andere Milcherzeuger zum ersten Mal Verantwortung übernehmen, hat er mit Anfang dreißig bereits seinen Betrieb umgekrempelt und sowohl das Melken als auch das Füttern seiner 310 Kühe vollautomatisiert.
„Die Bedingungen, die mir mein Vater hinterlassen hat, haben mir dafür aber auch einen guten Start ermöglicht“, betont der junge Betriebsleiter. „Nicht nur, dass er bereits an diesem Standort 350 Kühe gemolken hat. Mein Vater hatte das Talent, mit Verpächtern und Berufskollegen so zu verhandeln, dass wir heute 280 ha Fläche nahezu arrondiert bewirtschaften können.“
Alle an einen Tisch
Miteinander sprechen, Ratschläge einholen: Auch Malte Krohn fällt es leicht zu kommunizieren. Deshalb trifft sich auf seinem Betrieb alle vier Wochen eine sogenannte „Expertenrunde“. Zu dieser Gruppe, die derzeit aus vier Personen besteht, gehört der Tierarzt, der Fütterungsberater, ein Berater der Agrarberatung Südholstein sowie inzwischen die zuständige Beraterin von der Firma Lely. An den Besprechungen nehmen der Betriebsleiter und seine Frau oder ein weiterer Mitarbeiter teil.
„Wir starten mit einem Betriebsrundgang, um uns die Kühe und die Jungtiere anzusehen. Der Fütterungsberater kommt häufig schon eine Stunde früher, um die Ration und die Kondition der Kühe zu beurteilen“, beschreibt Malte Krohn das Prozedere der regelmäßigen Treffen.
Einblick in andere Milchkuhbetriebe
Anschließend setzen sich der Milcherzeuger und die Berater zusammen und besprechen, was ihnen aufgefallen ist und was geändert werden sollte. Dabei gehe es immer darum, konstruktive Lösungen zu finden, aber nie um Schuldzuweisungen, zum Beispiel, wenn die Technik oder die Fütterung nicht rund laufen.
„Ich denke, dass mich die Expertenrunde am Anfang davor bewahrt hat, größere Anfängerfehler zu begehen“, gibt der Milcherzeuger zu und fügt an: „Die Berater haben Einblick in verschiedene Betriebe, sie sind nicht betriebsblind und geben immer neue Denkanstöße. Davon kann ich nur profitieren.“
Ich möchte nicht betriebsblind werden
Malte Krohn
In diesen Runden werden für das Herdenmanagement Ziele festgelegt, gesamtbetriebliche Ziele und Entscheidungen würden hier nur selten besprochen. „In dieser Runde war die Automatisierung z. B. kein großes Thema. Damit habe ich mich allein beschäftigt, mir mehrere Betriebe angeschaut und mit Berufskollegen gesprochen“, so Malte Krohn.
Mit der Automatisierung startete der Milcherzeuger im Jahr 2021. Eigentlich hatte Malte Krohn geplant, Fütterung und Melkroboter gleichzeitig anzuschaffen. „Aber als wir umstellen wollten, gab es nochmals eine Milchpreisdelle. Nach Absprache mit der Bank haben wir zuerst in die Futterhalle und den Lely-Vector investiert“, sagt Malte Krohn und ergänzt: „Erst im vergangenen Jahr haben wir dann auf automatisches Melken umgestellt.“
Personal ist knapp
Für die Automatisierung gab es für den Betriebsleiter mehrere Gründe. Zum einen der Arbeitsmarkt: „Wir wirtschaften im Speckgürtel von Hamburg. Arbeitskräfte sind rar, für die Arbeit im Kuhstall begeistern sich nicht viele, zumal in anderen Branchen der Verdienst oft höher ist. Wir haben dafür Arbeitsspitzen und es ist nicht die sauberste Arbeit“, erklärt Malte Krohn und zuckt mit den Schultern. Zwar haben sie motivierte Mitarbeiter, aber es werde nicht leichter, Personal zu finden.
Nach Bedarf füttern
Für die automatische Fütterung hat auch gesprochen, dass sich hiermit genau nach Bedarf füttern lässt. Der Futtermischwagen scannt die Futterreste und legt entsprechend Futter vor. „So haben wir, auch an heißen Tagen, kaum Futterreste und die Kühe sind trotzdem satt.“ Vorher hätten sich die Mitarbeiter beim Füttern abgewechselt. „Das konnte man leider an der Milchleistung, aber vor allem an den Inhaltsstoffen erkennen.“
In anderen Branchen ist es leichter Geld zu verdienen
Malte Krohn
Allerdings sei das System bei ihm so stark ausgelastet, dass schon kleine Störungen den Fütterungsablauf unterbrechen. „Bei uns wird auch die Nachzucht automatisch gefüttert. Seitdem alle Tiere von der Weide wieder in den Stall zurückgekehrt sind, muss das System schon rund um die Uhr arbeiten. Kleinste Störungen, wie die Kälte oder das Aufspielen neuer Software, bringen dann den Ablauf völlig durcheinander.“
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Langlebige Kühe
Eine kleinrahmige Kuh wird über den Laufgang zum Melkroboter getrieben. „Nigella“ hat in diesem Jahr die 150.000 Liter-Marke geknackt. „Die alte Dame steht inzwischen im Strohstall und wird zweimal täglich zum Roboter getrieben. Wenn wir noch im Melkstand melken würden, hätte ich sie vielleicht auch noch einmal besamt. Aber so ist der Arbeitsaufwand irgendwann zu groß“, erklärt Malte Krohn und man merkt ihm an, dass ihm diese Entscheidung nicht ganz leichtfällt.
Ein Ziel, worin ihn die Expertenrunde kontinuierlich unterstützt, ist die Langlebigkeit seiner Herde. Hier hat Malte Krohn schon viel erreicht.
100.000 l-Kühe
So liegt die Abgangsrate seiner Herde derzeit bei 24 %. In den ersten 100 Laktationstagen verlassen bei ihm nur 4,5 % der Kühe die Herde. Das ist ein sehr guter Wert, denn die 25 % Besten in seiner Region liegen hier bei 5,9 %. Dementsprechend zeigt sich auch eine sehr gute Lebensleistung von 50.982 kg bei den abgehenden Kühen bzw. eine Lebenstagsleistung von 20,4 kg.
„Mein Ziel ist es, jedes Jahr vier bis fünf 100.000 Liter-Kühe mehr im Stall stehen zu haben“, sagt er, strahlt und zeigt auf eine 100.000 Liter-Kuh im Strohstall, die vor ein paar Tagen gekalbt hat.
Immer nach draußen
Doch woran liegt es, dass seine Kühe so alt werden? Malte Krohn stützt sich auf das Nackenrohr am Futtertisch und überlegt: „Ich denke es sind viele kleine Stellschrauben, die dazu führen, dass unsere Kühe so lange bleiben.“ Neben der Fütterung sei dies auch der Kuhkomfort. So hat z. B. die Gruppe der mehrlaktierenden Kühe ständigen Zugang zu einem großzügigen Laufhof, an dem auch ein Melkroboter liegt. „Wenn es nicht gerade in Strömen regnet, drängen sich hier die Kühe draußen am Futtertisch.“
Außerdem würden sie die Kühe rund um die Kalbung intensiv betreuen. So sind die Tiere nach der Geburt zum Beispiel bis zu drei Wochen im Strohstall, bevor sie wieder zurück in die Herden kommen. „Bei uns haben die Kühe, auch wenn es mehr als 300 sind, noch alle Namen. Ich denke immer, dass das die Bindung, auch die der Mitarbeiter, zu den Tieren stärkt und sie motiviert, sich gut um die Kühe zu kümmern“, freut er sich.
Keine Aufstockung geplant
Malte Krohn hat seinen Milchkuhbetrieb neu aufgestellt, welche weiteren betrieblichen Schritte plant er? „Weiter aufzustocken kommt derzeit nicht infrage. Erst einmal wollen wir das Herdenmanagement verbessern und in den nächsten Wochen unsere 100 kW-Biogasanlage anschließen. Das muss für die nahe Zukunft erst einmal ausreichen“, sagt er und lacht.
Mitarbeiter zu führen, die kaum Deutsch sprechen, ist anspruchsvoll. Doch wer sich hier Mühe gibt, profitiert auf vielen Ebenen!