Eine schwermelkende Kuh bremst beim konventionellen Melken oft den Melkstand aus. Muss der Melker drei Minuten warten bis ein schwermelkendes Tier fertig ist, ist die Entscheidung, ob das Tier in der Herde verbleibt, oft schnell getroffen. Beim automatischen Melksystem (AMS) fällt eine solche Kuh nicht so schnell auf. Erst wenn eine bestimmte tägliche Milchmenge pro Melkbox nicht erreicht wird, wird die Roboterperformance betrachtet. Faktoren wie bspw. die Euterqualität der Herde können sich...
Eine schwermelkende Kuh bremst beim konventionellen Melken oft den Melkstand aus. Muss der Melker drei Minuten warten bis ein schwermelkendes Tier fertig ist, ist die Entscheidung, ob das Tier in der Herde verbleibt, oft schnell getroffen. Beim automatischen Melksystem (AMS) fällt eine solche Kuh nicht so schnell auf. Erst wenn eine bestimmte tägliche Milchmenge pro Melkbox nicht erreicht wird, wird die Roboterperformance betrachtet. Faktoren wie bspw. die Euterqualität der Herde können sich negativ auf das Ansetzverhalten und damit auf die Zeit, die die Kuh im Roboter verbringt, auswirken. Oft wird aber auch übersehen, dass einzelne Tiere mit einer schlechten Melkbarkeit den Roboter sehr lange für sich beanspruchen.
Bei der Melkbarkeit sind extreme Werte unerwünscht. Lange Melkzeiten schwermelkender Tiere führen zu einer hohen mechanischen Beanspruchung der Zitzen, was die Bildung von Hyperkeratosen fördert und Mastitiden begünstigt. Bei Kühen mit sehr hoher Melkbarkeit erhöht sich ebenfalls die Gefahr für Mastitiden, da diese oft Milch in der Liegebox ausdrücken und die natürlichen Schutzmechanismen der Zitze nicht ausreichen, um das Eindringen von Erregern zu verhindern. Ist die Melkbarkeit der Herde unterdurchschnittlich, kann es passieren, dass das AMS indirekt überbelegt wird. Durch lange Melkzeiten einzelner Tiere reduziert sich die freie Zeit am AMS. Weniger als 10 % freie Zeit verlängert die Wartezeiten, was zu kürzeren Fress- und Liegezeiten führt und zu längeren Standzeiten. Die Folgen sind weniger und unregelmäßigere Melkbesuche und dadurch eine reduzierte Milchleistung.
Tipp: Berechnen Sie, wie viele Kühe Sie pro Melkbox bei Ihrer durchschnittlichen Tagesleistung und Melkbarkeit melken könnten.
Die erste Melkung im Melkroboter kann für Färse und Milcherzeuger stressig enden. Tipps wie das Anlernen gelingt und worauf geachtet werden sollte.
Vergleich der möglichen Kuhzahl pro Melkbox
Die Kalkulation verdeutlicht, welche Auswirkungen die Melkbarkeit der Herde auf die Effizienz des Melkroboters hat. Bei der Berechnung gehen wir davon aus, dass alle anderen Einflussfaktoren wie z. B. die Euterqualität optimal sind. Je langsamer die Herde melkt, desto weniger Kühe können pro AMS gehalten werden (siehe Übersicht). Folgende Ausgangspunkte wurden angenommen:
- 24 Std./Tag - 1,5 Std. für Haupt- und Zwischenreinigungen = 22,5 Std. Melkzeit/Tag
- - 15 % freie Zeit = 19,1 = 19 Std./Tag zum Melken = 1.140 Min./Tag
- 30 l Herdendurchschnitt : 2,5 Melkungen/Tag = 12 l pro Melkung im Durchschnitt
Bei einer Melkbarkeit von 2,0 l/min, können 9 Kühe weniger pro Melkroboter gemolken werden, als bei durchschnittlich 2,5 l/min. (Quelle: eigene Recherche)
Schwermelker bedeuten weniger Milch pro Box!
Vergleicht man zwei Herden mit einer Melkbarkeit von 2,0 l/min und 2,5 l/min miteinander, können bei konstanten Rahmenbedingungen neun Kühe mehr pro Melkbox gehalten werden. Das entspricht bei den vorgegebenen Daten einer täglichen Milchmenge von 270 l. Bei Milchpreisen von 40 ct/l Milch, sind das täglich 108 € und jährlich bis zu 39.420 € mehr an Erlösen durch verkaufte Milch. Bei Holsteinherden liegt der Zielwert pro AMS bei ca. 2.000 l verkaufter Milch pro Tag. Mit einer schwermelkenden Herde ist das kaum zu erreichen. Um wirtschaftlich am AMS zu melken, sollte die durchschnittliche Melkbarkeit einer schwarzbunten Herde deshalb bei mindestens 2,6 l/min liegen, bei einer Fleckviehherde bei etwa 2,4 l/min.
Robotereffizienz verbessern
Wird die mögliche Kuhzahl pro Melkbox durch viele langsam melkende Kühe beeinflusst, dann sollten Sie folgende Dinge checken:
- Entpuppen sich Färsen nach der Abkalbung als Schwermelker, ist es sinnvoll, diese zu verkaufen. Beim Verkauf wird die geringe Melkbarkeit zu einem Wertverlust führen. Jedoch sind die Folgen schwermelkender Tiere am AMS deutlich teurer. Tipp: Prüfen Sie etwa zwei Wochen nach der Kalbung die Melkbarkeit im Managementprogramm und treffen dann die Entscheidung zum Verbleib des Tieres. In den Tagen nach der Kalbung halten die jungen Kühe manchmal die Milch fest und haben dadurch auch eine schlechtere Melkbarkeit.
- Die Melkbarkeit wird zu 28 % vererbt. Wenn einzelne Kühe Minutengemelke unter 2,0 l/min aufweisen, sollten Sie bei der Anpaarung auf den Zuchtwert für Melkbarkeit achten. Vererber mit einem negativen Zuchtwert für dieses Merkmal, sollten Sie nicht einsetzen. Kühen mit unter 1,0 l/min sollten von der Zucht ausgeschlossen werden. Falls sie in der Herde verbleiben, ist der Einsatz von Fleischrassesperma empfehlenswert. Tipp: Nehmen Sie das Merkmal Melkbarkeit immer mit in Betracht, wenn es um Selektionsentscheidungen in der Herde geht.
- Großen Spielraum zur Verbesserung des durchschnittlichen Minutengemelks und damit der möglichen Kuhzahl pro Melkbox, bieten die Melkeinstellungen und das Herdenmanagement. Tipp: Überprüfen Sie die Melkzulassungen pro Tier. Wenn weniger als zehn Liter pro Besuch gemolken werden, sollten Sie das Melkanrecht bei diesen Tieren auf 2,4 Melkungen pro Tag runter setzen. Außerdem ist es empfehlenswert, die Milchflusskurven zu kontrollieren. Gibt es Bimodalitäten, sollte die Anrüstzeit angepasst werden. Die Ansetzzeit wird von Euterqualität, Eutersauberkeit und -behaarung beeinflusst, aber auch davon, wie nervös und ängstlich meine Herde ist. Wie ist die Blindmelkzeit und wie die Abnahmeschwelle, passen Pulsation und Vakuum, verwende ich die passenden Zitzengummis? Weitere Kontrollpunkte, die die Roboterperformance maßgeblich verbessern können.
Viele Roboter haben einen bunten Strauß an Optimierungsmöglichkeiten.
Ulrike Stibbe
Das durchschnittliche Minutengemelk einer Herde ist auf jeden Fall multifaktoriell zu betrachten! Dennoch haben schwermelkende Kühe am AMS einen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion. Die negativen Folgen durch indirekte Überbelegung werden oft nicht erkannt. Daher sollte auch am AMS das Thema Melkbarkeit keinesfalls aus den Augen gelassen werden!
In Zusammenarbeit mit Ulrike Stibbe; Herdenmanagement Consulting & Service
Das könnte Sie außerdem interessieren:
Spezialkühe am AMS