Wenn eine Kuh die Herde verlässt, obliegt es dem Landwirt, den Abgangsgrund zu melden. Doch oft fehlt es an einer präzisen Klassifizierung - obwohl die Daten theoretisch dazu dienen können Rückschlüsse auf das Herdenmanagement zu ziehen. Das Problem ist, dass es nicht möglich ist, mehrere Ursachen gleichzeitig anzugeben und die vorhandenen Auswahlmöglichkeiten unzureichend sind.
Wenn eine Kuh die Herde verlässt, obliegt es dem Landwirt, den Abgangsgrund zu melden. Doch oft fehlt es an einer präzisen Klassifizierung - obwohl die Daten theoretisch dazu dienen können Rückschlüsse auf das Herdenmanagement zu ziehen. Das Problem ist, dass es nicht möglich ist, mehrere Ursachen gleichzeitig anzugeben und die vorhandenen Auswahlmöglichkeiten unzureichend sind.
Milcherzeuger fordern Optimierung
„Angesichts dieser Probleme drängen Milcherzeuger seit langem auf eine Optimierung der verfügbaren Abgangsursachen sowie auf eine detailliertere Analyse, um den Herausforderungen im Herdenmanagement besser begegnen zu können und die Daten sinnvoll nutzen zu können“, sagt Dr. Anke Römer von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV).
Die Abgangsgründe zu erweitern, ist mehr als sinnvoll.
Dr. Anke Römer
Abgangsgrund nicht immer eindeutig
Wenn Kühe aufgrund von Managemententscheidungen ausscheiden, fallen sie oft in eine der krankheitsbedingten Abgangsgründe. Das lässt den Eindruck entstehen, dass sich in den Herden überproportional viele schwer kranke Kühe befinden. Das ist jedoch irreführend, da eine nähere Betrachtung der Zahlen zeigt, dass sich das Bild in den letzten 20 Jahren deutlich gewandelt hat. Der Anteil an Zwangsmerzungen in den Herden ist signifikant gesunken und liegt mittlerweile unter 26 %.
Ist die Abgangsursache nicht eindeutig zu bestimmen, kann der Herdenmanager den Abgang alternativ als "sonstige Gründe" kennzeichnen. Allerdings ermöglicht diese Angabe ebenfalls keine klaren Rückschlüsse auf das Geschehen im Herdenmanagement. Laut Daten des Bundesverband Rind und Schwein (BRS) aus dem Jahr 2022 machten diese "sonstigen Gründe" sogar 20,6 % der Abgänge aus (siehe Grafik 2). Rückschlüsse zur Verbesserung des Managements lassen sich daraus wohl nur schwer ableiten.
Verbesserung in Sicht
Abhilfe verspricht hier eine Initiative der RinderAllianz (RA) und der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV). Die beiden Organisationen haben einen erweiterten Klassifizierungsschlüssel namens RALFA-Schlüssel zur Erfassung von Abgangsursachen bei Rindern entwickelt.
Der RALFA-Schlüssel im Überblick
RALFA = RinderAllianz + LandesForschungsAnstalt
Der RALFA-Schlüssel soll eine übersichtliche Struktur und effiziente Dokumentation, Analyse und Auswertung von Abgangsursachen in der Rinderhaltung bieten.
Zu den Hauptkategorien gehören weiterhin Zucht, Alter, Eutererkrankungen, Stoffwechselstörungen, Fruchtbarkeitsprobleme, Erkrankungen des Bewegungsapparates sowie Aspekte der Milchleistung und Melkbarkeit. Jede dieser Hauptkategorien wird weiter in spezifischere Ursachen unterteilt.
Pilotprojekt: Mehr Unterkategorien für besseres Management
In Zusammenarbeit mit zwölf Pilotbetrieben wurden insgesamt 838 Abgänge erfasst und sorgfältig analysiert. Hierbei wurden für bestimmte Abgangsursachen wie "Unfruchtbarkeit" neue Unterkategorien erarbeitet. Die Auswertung des Projekts ergab, dass 54 % der Kühe aufgrund erfolgloser Besamungen den Betrieb verließen. „Diese Erkenntnis kann einen wertvollen Beitrag zum Herdenmanagement leisten und soll daher neben anderen Ursachen als neue Unterkategorie in den erweiterten Schlüssel aufgenommen werden“, erklärt Dr. Anke Römer (s. Grafik 3).
Ebenso zeigt sich bei der Abgangsursache "Eutererkrankung" ein Muster: 35 % der Kühe in den Pilotbetrieben schieden aufgrund wiederkehrender Mastitis aus. Die präzise Erfassung der Abgangsursachen zeigt den Betrieben, welche Probleme im Stall eventuell durch bestimmte Management-Maßnahmen oder gezieltere Zucht vermieden werden können. Somit soll auch die Abgangsursache „Eutererkrankungen“ durch neue Unterkategorien erweitert werden (s. Grafik 4).
Erweiterung trifft auf Zustimmung
Aktuell steht die Umsetzung des RALFA-Schlüssels noch bevor. Dabei sollen die bewährten Abgangsursachen beibehalten, jedoch durch mehrere Unterpunkte ergänzt werden. Die Resonanz der zwölf Pilotbetriebe wurde laut Dr. Anke Römer positiv bewertet. Die gemeinsamen Bemühungen der RinderAllianz und der LFA verdeutlichen, dass eine präzise Erfassung der Abgangsursachen sowie eine detaillierte Aufschlüsselung der Probleme im Bestand dazu beitragen können, schneller und gezielter zu handeln sowie züchterisch Einfluss zu nehmen. Die Pilotstudie wurde allerdings nur in einigen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. Für bundesweit einheitliche Veränderungen sind Analysen in allen Bundesländern notwendig. Der BRS hat sich diesbezüglich klar positioniert. Nicht nur deutschlandweit, sondern auch in Österreich soll diese Form der Erweiterung der Abgangsursachen mit allen LKV und Zuchtverbänden diskutiert werden. Zu diesem Zweck hat der BRS eine Arbeitsgruppe "Abgangsursachen" eingerichtet, in der die betroffenen Organisationen eingebunden werden sollen.
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