Uniformität in einer Herde vereinfacht es, die Kühe zu versorgen. Nicht nur bezüglich der Stalleinrichtung, sondern auch in Fütterung und Management. Letzteres, wenn sich die Kühe etwa auch in Stoffwechselstabilität, Klauengesundheit und Persistenz ähneln. Der Weg hin zu einer homogenen Herde ist langwierig und fordert objektive Entscheidungskraft sowie Konsequenz vom Tierhalter. Wir haben Zuchtexperten nach einem „Erfolgsrezept“ gefragt.
1. Ideal-Kuh & Zuchtziel definieren
Uniformität in einer Herde vereinfacht es, die Kühe zu versorgen. Nicht nur bezüglich der Stalleinrichtung, sondern auch in Fütterung und Management. Letzteres, wenn sich die Kühe etwa auch in Stoffwechselstabilität, Klauengesundheit und Persistenz ähneln. Der Weg hin zu einer homogenen Herde ist langwierig und fordert objektive Entscheidungskraft sowie Konsequenz vom Tierhalter. Wir haben Zuchtexperten nach einem „Erfolgsrezept“ gefragt.
1. Ideal-Kuh & Zuchtziel definieren
Als erstes wird der betriebsindividuelle Idealtyp Kuh definiert:
- Welche Kühe kommen am besten mit den Produktionsbedingungen im Betrieb zurecht?
- Welche Kuhfamilien bewähren sich seit Jahren?
Bei den Überlegungen haben Betriebsleiter (und Herdenmanager) ihre aktuellen Gegebenheiten (AMS, Weidegang, …) und Entwicklungsperspektiven im Auge. Daraus ergeben sich Mindestanforderungen an Fundamente, Euter, Größe, Milch- und Fleischleistung und die funktionalen sowie Gesundheits-Merkmale.
Diese Anforderungen werden in einem Zuchtziel definiert und formuliert. Je nach Rasse und Betrieb unterscheiden sich hier die gesetzten Schwerpunkte – einen Ideal-Typ für alle kann es aufgrund der Heterogenität in den Betrieben nicht geben.
Zucht ist Arbeit über Generationen, daher braucht das formulierte Zuchtziel eine langfristige Gültigkeit, man darf es nicht jährlich neu erfinden! Was nicht ausschließt, dass man es leicht anpassen bzw, korrigieren kann. Die Merkmale im Zuchtziel sollten auch die Hauptkriterien bei der Bullenauswahl sein.
2. Klare Informationsbasis schaffen
Im zweiten Schritt werden möglichst vollständige und, zwecks dauerhafter Übersichtlichkeit, digitale Informationen zur Herde herangezogen und ausgewertet. Neben Daten aus der Leistungsprüfung gehören dazu heute bestenfalls auch Daten der Herdentypisierung. Diese erlauben einen ungeschönten Einblick in die Genetik im Stall. Vor allem in die funktionalen Merkmale, die über eine händische Aufzeichnung und Auswertung über den Phänotyp nur schwer erfassbar und vergleichsweise ungenau sind.
3. Objektiv entscheiden
Auf Basis der aufgearbeiteten Informationen aus Leistungsprüfung und Genotypisierung können Milchkuhhalter dann in der praktischen Zuchtarbeit objektiver in der Selektion als auch in der Anpaarung entscheiden. Mit höherer Sicherheit können sie:
- Schwächen einzelner Tiere frühzeitig erkennen,
- Tiere korrekt zur Selektion rangieren,
- optimale Anpaarungen am Einzeltier vornehmen.
Auf diesem Weg ist ein schnellerer Zuchtfortschritt erreichbar, als wenn allein auf Basis von Leistungsprüfung, Pedigree und Exterieureinstufung gearbeitet wird. Beide Zuchtberater raten aufgrund der Fülle an Informationen auf weiblicher sowie männlicher Seite zudem zu einem computergestützten Bullenanpaarungsprogramm (BAP, CowShip etc.) und – je nach züchterischer Passion – zu einer nur begrenzten Auswahl geeigneter Bullen pro Besamungsintervall.
4. Kritische Erfolgskontrolle
Das erreichte Herdenniveau der neuen Generation muss mit den gesteckten Zielen abgeglichen werden – im Phänotyp und idealerweise auch auf genetischer Ebene. Am deutlichsten zeigen die Erstlaktierenden, ob durch die getroffene Auswahl auf weiblicher und männlicher Seite die Stärken und Schwächen der Herde effektiv genug bearbeitet wurden. Je sauberer die Datenerfassung (Klauengesundheit, Eutergesundheit, Leistung), desto besser lassen sich der Erfolg messen und das Zuchtziel korrigieren.
5. Tipps für schnellen Erfolg
- Hilfreich: hoher Anteil Idealtyp-Kühe; gute und digitale Daten; Genotypisierung (KuhVision, BraunviehVision, FLECKfficient); Anpaarungsprogramme; Fachberatung (seitens der Zuchtverbände); persönliche Gradlinigkeit bzw. Entschlossenheit
- Kontraproduktiv: Deckbullen (nie für alle Kühe die optimale Wahl); viel Zukauf; häufige züchterische Sinneswandel („Trendhörigkeit”)
Quelle: Dr. Jan Körte, RinderAllianz & Dr. Alfred Weidele, RBW
Das sagen die Praktiker:
Silvio Griepentrog,1.500 Holsteins, über 12.500 kg Milch
In den Augen von Betriebsleiter Silvio Griepentrog ist Homogenität der wichtigste Erfolgsfaktor
für seine hochleistenden, langlebigen Kühe. Auch weil er bislang an die Maße in den vorhandenen alten 1930er-Anlagen gebunden ist. Die Strategie des Züchters: „Bei der Anpaarung lege ich mich nicht auf bestimmte Vererber fest, sondern suche den passenden Bullen für das Einzeltier. Um die Nutzungsdauer zu verbessern, setze ich eher auf einzelne Parameter wie Euter oder Exterieur, statt den Nutzungsdauer-Zuchtwert alleine heranzuziehen.“ Die Herdentypisierung erlaubt ihm dabei, einen guten Überblick über das genetische Potenzial der Herde zu haben.
Reinhold Haag, 84 Fleckvieh, Zweinutzungstyp 9.800 kg Milch
Reinhold Haag züchtet seit 1993 auf Uniformität. Weil sie es erleichtert, Kühe gezielt zu versorgen. Er achtet u. a. auf Melkbarkeit, Euter und Rahmen. Selektiert wird auf weiblicher Seite mit Laktationsbeginn: „Die Jungkuh muss leistungsstark und unkompliziert sein und damit in meine Herde passen.“ Die Gesundheitsmerkmale werden so indirekt berücksichtigt, künftig sollen die genomischen Zuchtwerte bei der Auswahl helfen. Die Haag GbR nimmt am Projekt FLECKfficient teil. Die Typisierungsdaten erleichtern bereits die Anpaarung (100 % Genomics), zudem schätzt Haag den Gewinn an Gesundheitsdaten, etwa zur Stoffwechselstabilität. Der Aufwand lohnt: „Wer etwas in der Zucht erreichen möchte, muss Zeit dafür investieren.“
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