Milcherzeuger Benedikt Renz möchte mit dem „Feed no food“-Ansatz die Akzeptanz der Milchkuhhaltung langfristig verbessern und setzt dafür voll auf Regionalität.
„Uns wird immer wichtiger, Futtermittel zu verfüttern, die nicht als Lebensmittel dienen können“, erklärt Benedikt Renz, als er den Betriebsrundgang startet. Der 36-jährige bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie einen Milchkuhbetrieb mit 195 Milchkühen in Wangen im Allgäu. Er möchte für seinen Betrieb ein „rundes“ Betriebskonzept entwickeln, denn: „Landwirtschaft muss wieder vermarktbar werden – und da gehört für mich der ‚feed no food‘-Ansatz definitiv dazu.“
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„Uns wird immer wichtiger, Futtermittel zu verfüttern, die nicht als Lebensmittel dienen können“, erklärt Benedikt Renz, als er den Betriebsrundgang startet. Der 36-jährige bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie einen Milchkuhbetrieb mit 195 Milchkühen in Wangen im Allgäu. Er möchte für seinen Betrieb ein „rundes“ Betriebskonzept entwickeln, denn: „Landwirtschaft muss wieder vermarktbar werden – und da gehört für mich der ‚feed no food‘-Ansatz definitiv dazu.“
Biobetrieb mit regionaler Fütterung
Die Renz GbR ist ein biologisch wirtschaftender Milchkuhbetrieb und liegt am westlichen Rand des Allgäus in Baden-Württemberg – einer absoluten Gunstregion für die Milchkuhhaltung. Leicht hügelig, viele Weiden, kleine Dörfer. Bis zu sieben Schnitte vom Grünland sind möglich. Rund 115 ha bewirtschaftet der Betrieb, dazu kommen 25 ha Ackerbau. Trockensteher leben auf einem zweiten Standort einen Kilometer entfernt, Jungrinder sind auf benachbarte Betriebe ausgelagert. Im Sommer gehen bis zu 150 Jungrinder im angrenzenden Bregenzer Wald in Österreich auf die Alp.
Wir haben so viel Potenzial vor Ort – das gilt es bestmöglich zu nutzen.
Benedikt Renz
Gras vom Grünland wird zu Silage und Heu (eigene Heutrocknung), auf dem Acker wachsen Kleegras, Mais und Grünroggen als Zwischenfrucht. „Ich mag einfache Rationen, mit nur einer Eiweiß- bzw. Energiekomponente“, erklärt Benedikt Renz, während er auf dem Futtertisch die Ration durch die Finger gleiten lässt, „Eiweiß ist allerdings der im Biobereich am schwierigsten zu beschaffende Anteil. Da haben wir Glück, dass wir hier im Süden auf so viele Alternativen zurückgreifen können.“
Melkende Ration: Renz GbR
9 kg Grassilage, 4 kg Maissilage, 2 kg Kleie, 2 kg Graspellets, 2 kg Körnermais am Trog plus bis 4 kg als Lockfutter im Melkroboter (alle Angaben in Trockenmasse, Stand März 2023)
Heu ad libitum am Trog (18 Fressplätze), ca. 1 kg/Tag
In der Region um den Bodensee gibt es viele Grastrocknungsanlagen. Diese produzieren Graspellets mit garantierten Eiweißgehalten von >20%, mit 39 Euro/dt im Biobereich ein günstiges Futtermittel. Ab Frühjahr setzt Renz wieder Sojapülpe aus der Sojadrink-Herstellung ein. Auch solche Koppelprodukte aus der Lebensmittelproduktion finden sich häufig im Süden Deutschlands. Weitere Beispiele sind:
Abfallprodukt aus der Polenta-Industrie (ein aus Maisgrieß hergestellter fester Brei) statt Körnermais
Schälmühlpellets (ein Produkt, das beim Trennen und Sortieren von Getreide entsteht) statt Kleie
Graspellets oder Sojapülpe statt Ackerbohnen.
Auf den Ackerflächen soll in erster Linie eigenes Eiweiß in Form von Kleegras produziert werden. Aufgrund der Fruchtfolge kommt Silomais als Stärke- und Masselieferant auf rund einem Drittel der Ackerfläche zum Einsatz.
Ich will nicht nur auf hohem Level produzieren, ich möchte auch eine Landwirtschaft machen, die ich nach außen tragen kann.
Benedikt Renz
Nicht alle Futtermittel sind jederzeit verfügbar. „Manchmal läuft eine Komponente aus oder die Inhaltsstoffe schwanken stark. Dann muss ich mir eine Alternative suchen. Das ist nervig, aber letzten Endes bringt es mich dem Ziel ein Stückchen näher“, erläutert Renz. Körnermais beispielsweise konnte er bislang von einem Betrieb beziehen, der nur wenige Kilometer entfernt große Einheiten bewirtschaftet und einheitliche Partien von sehr guter Qualität liefern konnte. Dieser Betrieb hat den Vertrag nicht verlängert – der Mais von diesen Flächen geht künftig an Hipp und wird zu Babynahrung. Renz war zuerst verstimmt, aber: „Eigentlich ist das richtig so.“
Ein rundes Betriebskonzept: Nachhaltigkeit, Bullenkälber, Mitarbeiter
Neben der regionalen Fütterung ohne Lebensmittel gehört für Benedikt Renz zu seinem Konzept auch Freiraum für sich als Unternehmer, den er durch gute Bedingungen für seine Mitarbeiter schafft (Details dazu finden Sie im ersten Teil der Milchmacher-Reportage) sowie eine gute Vermarktung der hofeigenen Produkte.
Benedikt Renz leistet sich mehr Mitarbeiter, als er eigentlich braucht. Wie schafft er das?
Die Milch der Renz GbR wird seit 15 Jahren über die Milcherzeugergemeinschaft (MEG) EMBA vermarktet. Den Löwenanteil (95%) nimmt eine Partner-Molkerei ab, Preis und Menge sind auf fünf Jahre festgeschrieben. Die restlichen fünf Prozent werden zu aktuellen Marktpreisen und kurzfristigen Lieferverträgen abgegeben. Darüber regelt die MEG die Produktionsmenge der teilnehmenden Betriebe.
Benedikt Renz‘ neuestes Projekt ist der Einstieg in die Rindermast. „Ich will nicht nur auf hohem Level produzieren, ich möchte auch eine Landwirtschaft machen, die ich nach außen tragen kann.“ Gerade im Biobereich seien die Verbraucher besonders sensibel dafür, was mit den Bullenkälbern geschehe. Deswegen arbeitet er nun daran, seine Bullenkälber als Mastochsen über örtliche Metzger selbst zu vermarkten.
Genüsslich streckt die grau-braune Kuh ihren Kopf in Richtung der Streicheleinheiten, die Benedikt Renz auf seinem Stallrundgang verteilt. Nachdem er sie ausführlich gekrault hat, tritt er zurück und richtet sich auf: „Wir haben als Landwirtschaft total verlernt, uns zu verkaufen. Dabei hat doch jede Region oder Produktionsweise ihre Alleinstellungsmerkmale.“
Für den dunkelhaarigen Betriebsleiter bietet die Milchkuhhaltung schon im Allgemeinen viel Potenzial: das Verfügbarmachen von Grünland für die menschliche Ernährung, die Kreislaufwirtschaft, die lange Nutzungsdauer einer Herde – plus regionale oder individuelle Aspekte. Doch er sieht sich und seine Berufskollegen in der Pflicht, diesen Mehrwert den Verbrauchern nahezubringen. „Natürlich bringt Marketing dem Betriebsergebnis im ersten Moment keinen Mehrwert. Doch wenn Molkereien und jeder einzelne Landwirt im Rahmen der eigenen Möglichkeiten Werbung machen, bekommen unsere Produkte auch wieder mehr Gewicht!“