Gesunde Kühe sind bei Weidegang weniger anfällig für Parasiten als Kälber oder Jungrinder. Fütterungsfehler, Stress und hoher Infektionsdruck können allerdings auch bei Kühen die klassischen Endoparasitosen begünstigen – Leistungseinbußen bis hin zu bleibenden Schäden inklusive.
Zeigen Kühe die Symptome einer Infektion mit Leberegeln, Magen-Darm- oder Lungenwürmern (Durchfall, struppiges Fell, abgemagert, ggf. trockener Husten), sind sie umgehend zu behandeln. In diesem...
Gesunde Kühe sind bei Weidegang weniger anfällig für Parasiten als Kälber oder Jungrinder. Fütterungsfehler, Stress und hoher Infektionsdruck können allerdings auch bei Kühen die klassischen Endoparasitosen begünstigen – Leistungseinbußen bis hin zu bleibenden Schäden inklusive.
Zeigen Kühe die Symptome einer Infektion mit Leberegeln, Magen-Darm- oder Lungenwürmern (Durchfall, struppiges Fell, abgemagert, ggf. trockener Husten), sind sie umgehend zu behandeln. In diesem Stadium liegen bereits irreparable Organschäden (Leber, Labmagen/Darm oder Lunge) vor – solche Fälle müssen daher die Ausnahme sein!
Um sie zu verhindern, empfiehlt es sich, dass Milchkuhhalter mit ihrem Tierarzt eine vorbeugende Parasiten-Strategie entwickeln.
Entscheidend für den Erfolg eines Parasiten-Managements ist eine strategische Ausrichtung aller Maßnahmen. Diese sollten situationsgerecht geprüft und angepasst werden.“
Dr. Hartwig Timm, Tierärztliche Gemeinschaftspraxis in Atens
Antiparasitika mit Verstand einsetzen
Bewährt hat es sich die körpereigene Abwehr der Rinder zu fördern. Ein geringer Befall mit Parasiten sollte toleriert und erst bei einem nachgewiesenen hohen Infektionsdruck oder Befall behandelt werden. Dieses Vorgehen wirkt einer Ausbreitung von Resistenzen entgegen.
Ein unreflektierter, systematischer Einsatz von Antiparasitika erhöht dagegen das Risiko einer Resistenzausbildung, ebenso wie der falsche Zeitpunkt einer Behandlung und Fehler bei der Dosierung.
Es sollte daher immer als erstes geklärt werden, ob eine Herde besonders belastet ist:
1. Infektionsdruck bestimmen
Die bedeutenden Endoparasiten in der Weide sind der Große Leberegel, Lungenwürmer und Magen-Darm-Würmer (hier MDW).
- Großer Leberegel: Infektionsnachweis über Antikörpernachweis in Tankmilchproben (verhältnismäßig günstig, gibt gute Auskunft über Infektionsdruck); in Risikogebieten mind. 1 x jährlich; oder über Sammelblutproben oder Kotproben.
- Lungen-Würmer: Infektionsnachweis über Sammelblut- oder Kotproben (sechs bis acht Wochen nach Weideaustrieb), (Tank-)Milchproben ganzjährig.
- Magen-Darm-Würmer: Infektionsnachweis im Zeitraum April bis Dezember über Kotproben.
Hinweise auf den Infektionsdruck liefert auch die Weideführung:
- Ein erhöhtes Risiko für Leberegelbefall besteht bei feuchten Weiden, schlammigen Tränkestellen, wenn die Kühe aus Gräben trinken, bei Wirtschaftsdüngergaben vor der Beweidung (Zwischenwirt ist die Zwergschlammschnecke; Rinder nehmen mit dem Gras die von der Schnecke ausgeschiedenen Zwischenstadien oder Eier aus dem Rinderkot auf).
- Ein erhöhtes Risiko für MDW besteht auf schattigen und/oder sehr feuchten Weiden, bei Überweidung, Standweiden (fehlende Weidepause), keiner Schnittnutzung oder wenn Jungtiere keine Grundimmunität aufbauen können (Aufzucht im Stall, separate Weiden, lückenlose Entwurmung).
- Ein erhöhtes Risiko für Lungenwürmer besteht bei hoher aktueller Belastung von Weiden mit dem Erreger (Überweidung) und wenn Tiere lange keinen Erregerkontakt hatten (körpereigene Immunität nach zwölf Monaten ohne erneuten Kontakt verloren).
Auch Schlachtbefunde geben Aufschluss, sind in der Regel aber zu spät!
2. Behandlung nach Erregernachweis
Wenn ein hoher Infektionsdruck aus den untersuchten Proben hervorgeht, sollte behandelt werden. Dabei hilft eine Entwurmung bereits geweideter Tiere vor dem Weideaustrieb den Austrag überwinternder Parasiten auf die Weiden zu vermindern und schützt vor neuem Befall. Eine Behandlung zum Aufstallen im Herbst senkt den individuellen Befallsdruck.
- Leberegel: Aufgrund der Wartezeit wird für Kühe eine orale Behandlung zum Trockenstellen empfohlen, die alle vorhandenen Stadien der Egel erfasst. Für zwischenzeitliche Behandlungen gibt es verschiedene Arzneimittel.
- Lungenwürmer: Die meisten systemischen Entwurmungsmittel die MDW erfassen, wirken auch gegen Lungenwürmer.
- Magen-Darm-Würmer: Aufgussmittel (Pour on) haben gegenüber Injektionspräparaten Vorteile in der Anwendung, beide haben eine Wirkungsdauer von sechs bis acht Wochen; die Behandlung ist ggf. zu wiederholen. Es sind verschiedene Kombiprodukte verfügbar. Es gibt Produkte mit Langzeitwirkung (Bolus und Ohrinjektion), die bis fünf Monate wirken; bezüglich des Resistenzrisikos werden sie kritisch bewertet; nur bei hohem Infektionsdruck sinnvoll.
- Stech-/Fliegen und Gnitzen sind lästig und können als Vektoren von Infektionskrankheiten dienen (z.B. ansteckende Augenentzündungen, Sommermastitis, BTV). Neben vorbeugenden Maßnahmen im Stall (saubere Laufflächen, regelmäßiges Misten, Güllemanagement, Kuhduschen mit Hochdruckverneblung etc.), ist je nach Situation auf der Weide eine Behandlung der Kühe/Rinder sinnvoll; mit Aufgussmittel oder Ohrclips (vier bis fünf Monate wirksam, keine WZ).
- Auch Bio-Betrieben stehen gute Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Wichtig: Nie kurz nach der Behandlung mit Aufgusspräparaten Euter abflammen („pour-on“, z.B. zur Entwurmung oder Insektenabwehr)! Diese Produkte wirken über den ganzen Körper und können entzündlich sein!
3. Die Immunität der Rinder fördern
Sehr anfällig für die genannten Endoparasiten sind Kälber bzw. Jungrinder, weil sie erstmalig mit diesen konfrontiert werden.
Ab der zweiten Weidesaison kann das Risiko für, gesundheitsbeeinträchtigende Endoparasiten-Infektionen geringer sein – sofern die Tiere in ihrem ersten Weidejahr eine Grundimmunität aufbauen konnten. Ein regelmäßiger Kontakt zum Parasit ist dafür nötig – um die Tiergesundheit dabei nicht zu gefährden, ist der Infektionsdruck allerdings niedrig zu halten.
Strategien einer entsprechend natürlichen Immunisierung sollten nur in enger Abstimmung mit dem Hoftierarzt entwickelt und durchgeführt werden.
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