Betriebsspiegel Baustert GbR:
120 Kühe
10.000 kg Milch
3 Ak
Eifelkreis Bitburg-Prüm (Rheinland-Pfalz)
Begleitet von Milchtaxi und Kinderwagen macht sich Susi Kahlo auf den Weg zum Kälberstall. Trotz der ad-libitum-Tränke warten die Kälber schon munter in ihren sauber eingestreuten Boxen. Nicht nur die Kälberaufzucht ist ein wichtiges Steckenpferd der 30-jährigen Powerfrau. Sie ist mittlerweile für das gesamte Herdenmanagement in der Baustert GbR verantwortlich und Mutter einer einjährigen Tochter.
Vor vier Jahren ist Susi als „Freundin von Michael” auf dem Milchkuhbetrieb in Bitburg angekommen. Die Arbeit im Familienbetrieb war neu, denn zuvor hat die gelernte Tierwirtin immer als angestellte Melkerin und Herdenmanagerin gearbeitet. Ihre Erfahrungen im Herdenmanagement hat Susi Kahlo vor allem auf dem Antoniushof in Fulda gesammelt, wo sie fünf Jahre als Herdenmanagerin tätig war.
Neben 120 Kühen war sie dort auch für die Betreuung und Ausbildung von Menschen mit Förderbedarf zuständig. „Ich habe es dort geliebt! Nicht nur der Umgang mit Menschen, sondern vor allem die Verantwortung und die Möglichkeit, an vielen Fortbildungen teilzunehmen”, erzählt sie. So durfte sie einen Klauenpflege-, einen Besamungs- und einen Herdenmanagerkurs absolvieren. „Ich habe dort immer gearbeitet, als sei es mein eigener Betrieb gewesen. Umso schwieriger war es, den Job aufzugeben.”
Familien- statt Fremd-Ak
Schließlich folgte der große Schritt in die Eifel – zu Michael Baustert. Schon ein halbes Jahr nach ihrem Kennenlernen ist Susi auf den Familienbetrieb gezogen. „Ich musste meine Rolle im Betrieb erst finden”, erzählt sie. Ziemlich zügig wollte sie aber ihre Erfahrungen einbringen und hat zum Beispiel die Kälber auf eine ad-libitum-Tränke umgestellt. Und so ging es weiter: „Nach und nach habe ich immer mehr übernommen und verändert.” Es waren viele Kleinigkeiten, die Erfolg zeigten und ihre Position stärkten.
„Mittlerweile fragen mich alle, was bei den Kühen und Kälbern zu machen ist”, sagt sie und lächelt stolz. Aufgaben zu verteilen kannte sie von ihrem vorherigen Job und gibt zu: „Ich bestimme schon gerne, was im Stall gemacht wird.” Heute, ohne Angestellte, übernimmt sie die meisten Arbeiten selbst. Streng genommen managen sie und Michael den Betrieb inklusive Futter- und Ackerbau zu zweit.
Erst vor fünf Jahren ist die Herde der Baustert GbR vom Anbindestall in einen Laufstall umgezogen und von 80 auf 120 Kühe gewachsen. „Das war ein großer Schritt. Und alleine durch den Laufstall war nicht sofort alles besser”, erzählt die Herdenmanagerin auf dem Weg zurück zum Kuhstall. Vor allem im Bereich Fütterung mussten sie umdenken.
Meine Zeit im Stall
Die morgendliche Stallzeit übernimmt Susi Kahlo alleine und steht dafür um vier Uhr auf. Der Stall ist so geplant, dass sie gut alleine melken kann. Für eine Melkzeit benötigt sie knapp anderthalb Stunden. Dazu kommen Kälber und Tierkontrolle. „Um acht Uhr bin ich in der Regel durch. Manches würde vielleicht schneller gehen, aber von Pfuschen halte ich nichts!“, sagt sie. So hat sie ihre Ruhe im Stall und Michael verbringt Zeit mit Tochter Ida.
Manches würde vielleicht schneller gehen, aber von Fuschen halte ich nichts!
Susi Kahlo
Abends gehen sie gemeinsam in den Stall – Michael füttert, seine Mutter melkt und Susi kümmert sich um Liegeboxen, Kälber und Büroarbeiten. Bei Kalbungen ist die Herdenmanagerin fast immer dabei: „In der ersten halben Stunde nach der Geburt saufen fast alle Kälber. Das ist es mir absolut wert, nachts aufzustehen, denn ich bin kein Fan vom Drenchen.” Die Kälber sind bislang im alten Anbindestall und in Iglus untergebracht. Ein neuer Kälberbereich ist in Planung. „Um die Kälber bestmöglich und vor allem hygienisch zu versorgen, kosten sie in der jetzigen Aufstallung einfach zu viel Zeit”, erklärt sie.
Zukünftig möchten Susi und Michael weniger weibliche Nachzucht aufziehen und nutzen deshalb einige Rinder als Trägertiere für Embryotransfer (ET). Sie planen, auch einige alte Kühe selbst zu spülen und bewusst zu vermehren. „Das ist züchterisch zwar uninteressant, aber sie funktionieren im Betrieb, warum dann nicht mehr Nachzucht von ihnen?”, sagt Susi und blickt auf eine schwarze Kuh im Strohstall, die gerade ihr zwölftes Kalb bekommen hat.
Als Zwei-Familien-GbR mit 130 Kühen einen neuen Kälberstall bauen – wie kann sich das rechnen? Ein Betrieb im Sauerland hat das Experiment gewagt.
Gerne gut organisiert
Auch Tochter Ida ist während der Stallzeit oft mit dabei. „Ich habe bis zum letzten Tag vor und ziemlich schnell nach der Geburt wieder im Stall mitgearbeitet. Für mich stand immer fest, nicht nur Mutter zu sein!”, sagt Susi. „Das Leben ändert sich enorm mit Kind. Es ist natürlich schön und ich bin stolz. Aber ich bin gerne gut organisiert, mit Kind ist das eine Herausforderung und raubt viel Schlaf.”
Alleine zu melken ist so schön!
Susi Kahlo
Zum Teil ist Ida auch bei Michaels Eltern. Das nahe Zusammenleben ist nicht immer einfach, trotzdem ist Susi dankbar für die Unterstützung ihrer Schwiegereltern. Denn so hat sie auch mal Zeit für sich, die sie gerne für Instagram nutzt, um ihre Arbeit als Herdenmanagerin und ihr Wissen zu teilen (
susi_herdenmanagerin).
Gemeinsam leben und arbeiten
Weil es Familie und eben keine Angestellten sind, musste Susi Kahlo vor allem lernen, „auch mal ihren Mund zu halten”. „Es geht nicht immer mit dem Kopf durch die Wand, manchmal muss man zurückstecken, dann gehen andere Dinge vor”, weiß sie heute. Man arbeitet nicht nur zusammen, sondern lebt zusammen als Familie, da gehören Kompromisse dazu. „Ich bin Perfektionistin, vor allem im Kuhstall. Das ist bestimmt nicht immer einfach mit mir, aber ich weiß, dass sich alle Mühe geben”, fährt sie fort.
Heute ist es auch meine Verantwortung, dass es wirtschaftlich rund läuft.
Susi Kahlo
Auch das Thema Geld ist im Familienbetrieb ein anderes. „Heute achte ich schon deutlich mehr auf die Ausgaben, früher musste ich mir darum weniger Gedanken machen”, schildert Susi. „Jetzt liegt es auch in meiner Verantwortung, dass der Betrieb wirtschaftlich rund läuft.” Sie macht die Arbeit für sich und ihre Familie – nicht der Chef erntet die Lorbeeren, sondern sie selbst.
„Wenn ich jetzt Lob bekomme, dann von meiner Familie oder meinen Kühen”, sagt sie und zeigt lächelnd auf den leeren Strohstall (ein gutes Zeichen). Familie und Betrieb vollständig zu trennen, ist in ihrer Betriebsgröße unmöglich und für die Herdenmanagerin sowieso: „Ich denke ständig an die Kühe, auch an Weihnachten. Sie gehören einfach zu meinem Leben!”
100 % Kühe!
Ob sich die Herdenmanagerin beruflich etwas anderes vorstellen kann: „Nein! Ich kann und will nur Kühe machen!”. Sie könnte sich aber vorstellen, zukünftig wieder mit förderungsbedürftigen Menschen zu arbeiten, natürlich nur im Zusammenhang mit den Kühen. Auch Direktvermarktung war immer schon ein Traum von Susi Kahlo. Durch die Nähe zur Stadt Bitburg würde sich das sogar anbieten. Aktuell fehlt ihr aber die Zeit, um sich intensiver damit zu beschäftigen.
Ich kann und will nur Kühe machen!
Susi Kahlo
Mit dem Betrieb weiter wachsen möchten Susi und Michael nicht. „Wir wollen das, was wir haben, richtig gut machen”, so ihr Ziel. Nach dem Kälberbereich möchten sie demnächst auch den Trockensteherbereich umbauen, damit die Kühe dort mehr Platz haben. Beides soll den Weg bereiten, bald die 11.000 kg-Grenze zu knacken!
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