Schnurgerade zieht eine rotbraune Kuh zwischen den Liegeboxen Richtung Melkroboter durch den Stall. Ihre Klauen treffen auf einen schwarzen Gummistreifen, der in den grauen Spaltenboden eingelassen ist. Völlig ungehindert schafft sie es vorbei an zwei bulligen Kühen, die sich quer auf dem Gang gegenüberstehen. Genug Platz bietet der breite Laufgang im Stall der Familie Dau....
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Schnurgerade zieht eine rotbraune Kuh zwischen den Liegeboxen Richtung Melkroboter durch den Stall. Ihre Klauen treffen auf einen schwarzen Gummistreifen, der in den grauen Spaltenboden eingelassen ist. Völlig ungehindert schafft sie es vorbei an zwei bulligen Kühen, die sich quer auf dem Gang gegenüberstehen. Genug Platz bietet der breite Laufgang im Stall der Familie Dau. „Zwischen den Liegeboxen haben die Kühe 3,5 Meter Platz, am Futtertisch sind es 4,5 Meter“, erklärt die Hofnachfolgerin Christiania Dau. Die Spalten sind mit einer Schicht aus Epoxidharz mit einer feinen Sandkörnung überzogen. Das bietet genug Gripp, sodass die Kühe nicht rutschen.
Automatisierter Kuhkomfort
Ein Spaltenroboter mit installierten Wasserdüsen, den die Familie „Frieda“ getauft hat, hält den Boden sauber. Das Futter wird regelmäßig von Roboter „Ella“ angeschoben und über den Kühen an der Decke des Stalls hängt ein Lichtsystem mit automatischer Lichtsteuerung. Fällt die Helligkeit unter 120 Lux, springt die Beleuchtung an. Die vier Kuhbürsten sorgen im Stall für zusätzlichen Kuhkomfort. Das Herzstück des Stalls sind jedoch die zwei Melkroboter „Hein“ und „Fiete“. Über ihnen liegt das Stallbüro mit Blick über die Herde. Hier sitzt Christiania Dau gemeinsam mit ihrem Bruder Momme und beobachtet die Kühe aus dem Fenster heraus. Weidehaltung mit AMS, mehr Platz, Licht und Luft sorgen für ein Höchstmaß an Tierwohl. Der Einzug ist noch gar nicht so lange her. Doch bis es dazu kam, war ein langer Weg.
Christiania und Momme Dau haben gemeinsam mit ihren Eltern Jürgen und Monika Dau den „Tierwohlstall“ geplant. Jeder durfte Ideen einbringen. Im Fokus stand das Wohl der Kuh.
(Bildquelle: Thiemann)
Von der Planung zum Bau
Bereits 2015 startete die Familie mit der Planung. „Da war Christiania 19 Jahre und ich 17“, erzählt Momme Dau. Schon damals war klar, dass zumindest eines der Kinder den Hof zukünftig übernehmen wird. Mittlerweile ist Christiania Dau voll in den Betrieb eingestiegen. Angefangen hatte ihr Vater Jürgen Dau mit einem kleinen Anbindestall mit 35 Tierplätzen. Der Betrieb wuchs mit den Jahren auf insgesamt 130 Kuhplätze im Boxenlaufstall. Die Wachstumsschritte lassen sich an den alten Stallgebäuden noch nachvollziehen.
Im alten Kuhstall sind heute die Rinder untergebracht.
(Bildquelle: Thiemanmn)
1,3 Millionen Euro investiert
Der Hauptgrund für den Neubau war die veraltete Technik, mangelnder Kuhkomfort und keine Möglichkeit, großzügig im alten Stall zu planen. „Da war einfach alles verbaut“, erklärt Christiania. „Die Kühe mussten wir aus drei Ecken zum Melken treiben.“ Mit der Umstellung auf automatisches Melken erhoffte sich die Familie mehr körperliche Entlastung und mehr Tierwohl für die Kühe. Also fiel die Entscheidung für einen neuen Stall auf der grünen Wiese. Während der Lehrzeit von Christiania und Momme Dau wurden die Pläne immer konkreter. Der Tierwohlstall sollte über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) des Landes Schleswig-Holstein mitfinanziert werden.
Die ersten Anträge abgelehnt
Der Drucker surrt und spuckt mehrere bedruckte Seiten Papier aus. Christiana Dau packt den Stapel und legt ihn vor sich auf den Schreibtisch. „Das sind die baulichen Auflagen, die wir erfüllen mussten für die Förderung des Stalls.“ Darin ist alles geregelt: von den großzügigen Maßen der Liegeboxen, über die breiteren Laufgänge und Bewegungsflächen pro Kuh bis hin zum verpflichtenden ganztägigen Weidegang in den Sommermonaten.
„Wir haben drei Anträge gestellt in drei aufeinanderfolgenden Jahren“, erzählt sie. 2017 und 2018 wurden die Anträge abgelehnt. „Der Grund für die Ablehnung war vor allem, dass ökologisch wirtschaftende Betriebe im Punktesystem bevorzugt werden.“ Denn die Projektauswahl für die Förderung verlief nach einem Punkteranking. Die Punktesumme reichte in den ersten beiden Antragsjahren für die Bewilligung der Förderung nicht aus. „Daraufhin haben wir unseren Antrag überarbeitet und es 2019 endlich in das Programm geschafft“, erinnert sich die junge Frau. Jetzt steht er da: der Stall für 1,3 Millionen Euro. Für den Tierbereich bekam die Familie circa 40 % Förderung.
„Die ersten Tage im neuen Stall haben wir die Kühe über den abgezäunten Weg noch immer zum Melken in den alten Stall getrieben, bevor wir die Melkroboter im neuen Stall in Betrieb genommen haben“, sagt Christiania Dau. „Schon alleine durch den Umzug hatten wir pro Tag zwei Liter mehr Milch. Vier Tage vor der Umstellung zum automatischen Melken konnten die Kühe sich dann schon Kraftfutter am Roboter abholen. Die hatten den Bogen fix raus. Beim Einmelken stand abends keine Kuh am Gatter und hat gebrüllt, dass sie zur Melkzeit los will.“
Doch nach dem Umzug lief nicht alles reibungslos. Der Zimmermann hatte sich vertan und den Dachstuhl zu tief gesetzt. Während sich die Kühe im neuen Stall eingewöhnten, fanden über ihnen noch Bauarbeiten statt. Das brachte viel Unruhe. „Die Kühe haben sich nicht abgelegt, waren angespannt und sind auf den Laufgängen panisch im Kreis gerannt“, berichtet Christiania. Zusätzlich verursachte die Photovoltaikanlage auf dem Dach Kriechstrom. Die Daus mussten in dieser Zeit teilweise 40 Kühe pro Tag zum Melken treiben.
Mittlerweile sind die Probleme behoben. Im alten Stall lag der Schnitt bei 9.000 kg Jahresleistung. Der aktuelle Herdenschnitt ist bei 10.300 kg. „Im Stall laufen auch ein paar reinrassige Angler-Kühe, die kommen bei uns nicht an die Leistung der Holsteins ran“, sagt Momme Dau. „Wir haben aber auch circa 30 Kreuzungstiere aus Holstein und Angler. Die sind robuster und können mit den reinrassigen Holsteins mithalten.“
Besonders stolz ist die Familie auf ihre niedrigen Zellzahlen in der Milch. Die liegen im Schnitt um die 100.000 Zellen/ml. Das ist vor allem einem intensiven Management zu verdanken. Schon vor dem Umzug wurden Kühe mit einer Zellzahl über 200.000 Zellen/ml in der Milchleistungsprüfung beim nächsten Melken genauer unter die Lupe genommen, leichte Fälle mit alternativen Heilmethoden therapiert, Milchproben ins Labor geschickt, um den Keim zu finden und bei schweren Fällen konservativ behandelt.
Die Tiergesundheit hat sich im neuen Stall verbessert.“
Christiania Dau
Um das Infektionsrisiko gering zu halten, werden die Tiefboxen zweimal am Tag glatt geharkt und Einstreumaterial aus dem Kopfkasten nachgefüllt, um die Deckschicht sauber und frisch zu halten. Denn die breiteren Boxenmaße führen dazu, dass die Liegefläche schneller verdreckt. Dafür haben die Kühe im neuen Stall weniger Gelenkprobleme. „Die Tiergesundheit hat sich nach dem Umzug in den neuen Stall allgemein verbessert“, erzählt Christiania. Das macht sich in geringeren Tierarztkosten, höheren Schlachterlösen und besserem Verkauf der abgekalbten Färsen bemerkbar. Auch wenn die Daus von ihrer Molkerei weder für die Weidehaltung noch für mehr Kuhkomfort einen Aufschlag bekommt – mehr Tierwohl hat sich ausgezahlt.
Die Leistung von 13.400 kg spricht für zufriedene Kühe im Stall der Hantsche/Krome GbR. Investitionen in Kuhkomfort und gutes Management zahlen sich aus.