Familie Suter aus dem Schweizer Kanton Aargau liebt Abenteuer. Schon vor 25 Jahren stürzte sich der Holsteinzuchtbetrieb in eine Kooperation mit zwei Höfen, die sie vorher gar nicht kannten. Vor drei Jahren starteten sie mit der Einkreuzung von Norwegischen Rotbunten und Montbéliard in ihre Schwarzbuntherde und gerade versuchen sie sich am Anbau von...
Familie Suter aus dem Schweizer Kanton Aargau liebt Abenteuer. Schon vor 25 Jahren stürzte sich der Holsteinzuchtbetrieb in eine Kooperation mit zwei Höfen, die sie vorher gar nicht kannten. Vor drei Jahren starteten sie mit der Einkreuzung von Norwegischen Rotbunten und Montbéliard in ihre Schwarzbuntherde und gerade versuchen sie sich am Anbau von Nassreis.
„Kühe sind nach wie vor unser Hauptgeschäft und auch unsere Hauptpassion“, beantwortet Betriebsleiter Peter Suter unsere fragenden Blicke. Die nicht alltägliche Betriebsentwicklung macht das nur allzu deutlich: „Aus eigener Kraft hätten wir schon damals als Anbindebetrieb mit 15 Kühen nicht überleben können, die Kooperation ist unser Weg zum Erfolg.“
High input – high output
Heute gehört die Betriebsgemeinschaft „Schorenhof-plus“ mit 140 Kühen, einer Liefermenge von 1,35 Mio. kg im Jahr und 65 ha Fläche zu den 100 größten Milchviehbetrieben der Schweiz. Aktuell besteht die Gemeinschaft aus drei Betrieben, vier Familien und sieben stimmberechtigten Mitgliedern. Die beiden Partnerbetriebe, die ein paar Kilometer vom Schorenhof entfernt liegen, wirtschaften im Nebenerwerb und bringen jeweils Fläche, Gebäude, Arbeitszeit und Kapital ein. Auf einem Standort werden außerdem 4.000 Legehennen gehalten.
Für die operativen Entscheidungen sind Peter Suter und sein Sohn Mathias verantwortlich. Mit Auszubildenden und Teilzeitkräften kommen sie auf 4,5 Ak. Dass die Gemeinschaft auf dem Hof eine zentrale Rolle spielt, merkt man schon allein daran, wenn zu Mittag alle am großen Esstisch im alten Bauernhaus zusammenkommen. „Für Schweizer Verhältnisse sind wir ein high-input- und high-output-Betrieb“, fasst Suter seine Strategie zusammen. Das habe auch der Vergleich seiner Kennzahlen mit anderen Höfen innerhalb des Netzwerks der European Dairy Farmers (EDF) gezeigt. „Wir wollen unsere Tiere gut halten, aber auch effizient sein.“
Die Kreuzungstiere starten vielleicht mit 1.000 kg weniger Milch in die erste Laktation, holen das aber später wieder auf.“
Peter Suter
Der Blick über den Tellerrand ist ihnen sehr wichtig. Die Teilnahme am EDF-Jahreskongress ist sowohl für Peter und seine aus Australien stammende Frau Helen als auch für die Hofnachfolger Mathias und Daniela Suter Pflichtprogramm. Von dort stammt auch die Idee der Dreirassen-Kreuzung.
Robustere Kreuzungstiere
Mittlerweile sind die ersten Tiere der zweiten Kreuzungsgeneration im Stall. Die eindrucksvollen Montbéliard-Köpfe muss man aber noch suchen. „Wir können feststellen, dass die Kreuzungstiere fitter und die Fruchtbarkeit sowie der Stoffwechsel stabiler sind. Außerdem erzielen wir für die Schlachtkuh und das Kalb höhere Preise.“ Kein Kreuzungstier verlasse aufgrund von Fruchtbarkeitsproblemen den Stall, die Zahl der Festlieger habe sich deutlich reduziert. „Sie starten vielleicht mit 1.000 kg weniger Milch in die erste Laktation, holen das aber später wieder auf“, sagt Peter Suter als die jungen Färsen gerade seelenruhig nach der Stundenweide am Vormittag wieder in den Stall einziehen.
Jung in die 1. Laktation
Überhaupt legt der Betrieb viel Wert auf ein niedriges Erstkalbealter und strebt 24 Monate an: „Das ist für uns die wichtigste Kennzahl.“ Ab einem Lebendgewicht von 400 kg wird besamt. „Wenn der Aufzuchtbetrieb im Berggebiet das nicht schafft, ziehen wir von 130 CHF (128 €) pro Tier und Monat monatlich 5 CHF (4,90 €) ab“, beschreibt Suter sein Bezahlsystem. Zuchttiere lässt er nur gesext besamen, rund 20 % der Herde sollen reinrassig bleiben. Ein Teil entfällt auf Besamungen mit Limousin.
Nach Jahren auf einem Niveau von 11.500 kg Herdenleistung melken sie aktuell 10.000 kg pro Kuh und Jahr. Nicht nur die Einkreuzungen haben zu einem Rückgang der Milch geführt. „Auch aus Kostengründen haben wir die Intensität reduziert und fahren jetzt mit dieser Herdenleistung am wirtschaftlichsten“, sagt Suter, wobei der Betrieb allein schon aus dem Grundfutter ca. 6.600 kg ermelkt. Den Kraftfutteraufwand gibt er mit 170 g/kg Milch an. Das jetzt erreichte Leistungsniveau gepaart mit einer längeren Zwischenkalbezeit von ca. 405 Tagen sei vor allem auch mit Fremd-Aks einfacher zu managen und verzeihe auch mal Fehler.
Für die Ausbildung einfache Technik
Die Herde ist in drei Fütterungsgruppen eingeteilt: Frischmelker, Hochleistende, Altmelker. Eine separate Transitgruppe haben die Betriebsleiter allerdings nicht eingerichtet, das ist ihnen zu aufwändig. Die Teil-TMR besteht je zur Hälfte aus Mais- und Grassilage, 3 kg Belüftungsheu und 1 kg Luzerne. Hinzukommen Soja- und Rapsschrot sowie Maismehl, Maiskleber und Malz. Die Frischmelker-Gruppe erhält in der für 34 Liter ausgelegten Ration in den ersten 90 Tagen zusätzlich 1 kg Maismehl am Trog und 2 kg Milchleistungsfutter an der Station. „Von der Kraftfutterstation würde ich am liebsten wegkommen. Denn besonders die jungen Tiere sind zu sehr darauf fixiert und fressen zu wenig am Trog“, fasst Peter Suter zusammen.
Digitale Helfer sucht man vergeblich im Stall. Stattdessen arbeiten die Suters zum Beispiel nach wie vor intensiv mit dem traditionellen Brunstkalender mit Fähnchen. „Sensoren sind nur so gut wie die Leute, die sie bedienen“, hakt Suter das Thema mit knappen Worten ab. Natürlich nutze er auch ein Herdenmanagement-Programm. „Unsere Lehrlinge sollen erstmal die Basics gut beherrschen.“ Aus dem gleichen Grund schätzt er den im alten Anbindestall installierten, 20 Jahre alten 2 x 8er-Side-by-Side-Melkstand.
Durch die milden Winter in Mühlau funktioniert der für die Schweiz untypische Offenstall in Holzständerbauweise gut. Für das staatliche Programm „Besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme“ (BTS) bietet er den Tieren mehr Lauf- und Liegefläche als der gesetzliche Standard. Im letzten Jahr legte Familie Suter für Kühe und Jungvieh einen Laufhof mit überdachten Außenliegeboxen an. Die Lüftung hat sie durch das Querstellen der Ventilatoren entscheidend verbessert und aktuell denken sie über einen neuen Kälberstall und größeren Abkalbebereich nach.
Das Reet ihrer Naturschutzflächen dient bei den Kühen als Einstreu. Bei den Kälbern streuen sie Strohpellets ein, weil sie schneller abtrocknen. Die Zellzahl der Herde von durchschnittlich 150.000 somatischen Zellen pro ml Milch liegt über dem Schweizer Schnitt. Peter Suter selbstkritisch: „Wir sind noch zu stark auf die Lebenstagsleistung konzentriert und selektieren nicht scharf genug.“
Möglich, dass größere Investitionen in der Kooperation durchaus einmal länger diskutiert werden, gibt Familie Suter zu. Ihr eigener Handlungsspielraum für Ausgaben beträgt 1.000 CHF (982 €). „Wenn der Betrieb gut läuft, ist es schwer, etwas Neues durchzubringen.“ Einmal pro Woche gibt es eine Arbeitssitzung, einmal im Monat eine strategische Sitzung mit Ehepartnern. „Es gab drei bis vier betriebliche Vorschläge, mit denen wir bei unseren Partnern nicht durchkamen. Nach einem längeren Diskussionsprozess kam dabei aber jedes Mal eine Entscheidung heraus, die noch besser war“, erinnert sich der 58-Jährige.
Die Wirtschaftlichkeit entscheidet letztlich, wie sich der Betrieb weiterentwickelt.
Peter Suter
Wie geht es weiter?
Die Zukunft bringt Fragezeichen mit sich: Die beiden Partnerbetriebe werden im Zuge des Generationswechsels vermutlich aus der Produktion aussteigen. Familie Suter hofft, die Flächen weiter pachten zu können. Schon jetzt geben sie pro Jahr 3.500 m2 Gülle ab, weil Fläche fehlt.
Aktuell liegen die Vollkosten bei 63 Rappen/kg Milch (ca. 62 ct). Der Betrieb ist froh, mit Emmi eine leistungsfähige Molkerei zu haben. Im Schnitt erzielen sie in diesem Jahr einen Milchpreis von über 70 Rappen/kg (69 ct). Trotzdem kreisen die Gedanken um den Einstieg in das Wiesenmilchprogramm von Emmi, das fünf Rappen mehr verspricht, oder die Umstellung auf Bio-Milch. Peter Suter: „Die Wirtschaftlichkeit entscheidet diese Fragen letztlich. Wir müssten den Betrieb dafür stark verändern und Kühe abstocken.“