Zellgehalt ist nicht gleich Zellgehalt. In der Praxis haben wir es zu tun mit:
- der Tankzellzahl: Der Wert ist abweichend von dem der Milchkontrolle, je nachdem wie viele Kühe nicht in den Tank, sondern in die Kanne gemolken wurden.
- der Zellgehalt der Herde (Milchkontrolldaten): Der Wert wird als Marker für die Eutergesundheit verwendet.
- der rechnerische Zellzahlgrenze von 100.000 Zellen/ml Milch: Mit diesem Grenzwert wird zur Berechnung der Euterkennzahlen zwischen euterkrank und eutergesund...
Zellgehalt ist nicht gleich Zellgehalt. In der Praxis haben wir es zu tun mit:
- der Tankzellzahl: Der Wert ist abweichend von dem der Milchkontrolle, je nachdem wie viele Kühe nicht in den Tank, sondern in die Kanne gemolken wurden.
- der Zellgehalt der Herde (Milchkontrolldaten): Der Wert wird als Marker für die Eutergesundheit verwendet.
- der rechnerische Zellzahlgrenze von 100.000 Zellen/ml Milch: Mit diesem Grenzwert wird zur Berechnung der Euterkennzahlen zwischen euterkrank und eutergesund unterschieden.
Die Tankzellzahl ist der Wert, den die Molkerei u.a. nutzt, um die Klassifizierung der Milch gemäß Milchgüteverordnung vorzunehmen. Ein sehr hoher Wert über 400.000 Zellen/ml im Mittel der letzten drei Kontrollmöglichkeiten führt zur Nichtabnahme (Sperre) durch die Molkerei.
Sofern die Molkerei keinen S-Klasse Zuschlag zahlt (i.d.R. weniger als 250.000 Zellen), spielt die Höhe des Zellgehaltes in der Tankmilch keine Rolle. Sofern in den Zellzahluntersuchungen der letzten drei Monate sich der Zellgehalt unter 400.000 Zellen/ml einpendelt (geometrisches Mittel), beeinflusst er nicht den Auszahlungspreis. Also warum sich Gedanken machen und womöglich einige Kühe in die Kanne melken?
Weil
- hohe Zellzahlen Milchleistung kosten. Bei einem Zellgehalt von 150.000 Zellen/ml gehen 5% Milchleistung bei über 350.000 gehen sogar 10% der Leistung verloren. Ein Beispiel: In einer Herde mit 100 HF-Kühen steigt die durchschnittliche Herdenzellzahl gemäß LKV-Bericht von 150.000 auf 300.000 Zellen/ml Mich. Das kostet Mehrleistung pro Kuh/Tag von 1,6 kg mehr Milch. Das entspricht ca. 50 Euro pro Tag (Mastitikalkulator, DLQ).
- die Gefahr besteht, dass sich das Problem aufschaukelt, besonders wenn viele chronisch euterkranke Kühe in der Herde mitlaufen. Solange nur einzelne „Millionärinnen“ verantwortlich sind, die keine Erreger streuen, dann lässt sich vielleicht noch ein Auge zudrücken. Aber auch hier ist der Milchverlust nicht zu vernachlässigen, denn bei den Zellzahlkühen handelt es sich ja zumeist um leistungsstarke Kühe, denn sonst würden sie ja den Zellgehalt in der Tankmilch nicht nach oben drehen!
- hohe Zellzahlen im Herdendurchschnitt zeigen, dass das Herdenmanagement und/oder die Umweltbedingungen nicht passen! Hier ist deutlicher Optimierungsbedarf vorhanden!
Einstufung und Bezahlung der Milch (Milchgüteverordnung)
Einflussfaktoren auf den Zellgehalt
Wer den Wert der Herdensammelmilch monatlich für seine Herde beobachtet, weiß, dass erhebliche Schwankungen möglich sind. Denn die Entzündungszellen im Euter reagieren auf alle möglichen Stressoren im Stall: Überbelegung, eine Futterumstellung, Hitzeperiode. Der Zellgehalt wird einerseits durch Umweltfaktoren und Haltungsbedingungen beeinflusst, andererseits auch durch das Alter der Herde, denn die Zellzahl steigt bei einem Einzeltier mit jeder Laktation. Die Zellzahlanstiege sind deutlich sichtbar im letzten Laktationsdrittel und ohne dass Krankheitskeime ein Rolle spielen (Grafik).
In einem Experiment konnte gezeigt werden, dass sich der Zellgehalt gesunder Kühe ab der zweiten Laktation im Laufe der Laktation verdoppelt (von 50.000 auf 120.000 Zellen/ml). Allerdings finden sich auch am Laktationsende einer gesunden Kuh nur 120.000 Zellen/ml in der Milch. Hohe Zellgehalte im letzten Laktationsdrittel von über 200.000 Zellen sind also nicht „normal“!
Hohe Milchleistungen führen dagegen nicht zu höheren Zellzahlen. Eher das Gegenteil ist der Fall. Achten Sie einmal auf die Zellzahlen der leistungsstärksten Betriebe in Ihrer Region. Hohe Leistungen werden fast immer von eutergesunden Tieren erbracht.
Was sind eigentlich Zellen im Euter?
Jede Milch enthält körpereigene Zellen. Sie dienen im Euter der Abwehr von Krankheitskeimen. Auch systemischer Stress (Hitze, Umgruppierung, Futterwechsel) führt zu einem Übertreten von Entzündungszellen aus dem Blut in das Euter und damit in die Milch. Ein gesundes Euter enthält hat maximal 100.000 Zellen/ml Milch: 60% Makrophagen, 28 % Lymphozyten, 28 % Lymphozyten, 10% neutrophile Granulozyten, 2 % Epithelzellen. Bei Infektion oder Stress verschiebt sich das Differenzialblutbild zugunsten der Granulozyten (80%).
Ein gesundes Euter enthält hat maximal 100.000 Zellen/ml Milch: 60% Makrophagen, 28 % Lymphozyten, 28 % Lymphozyten, 10% neutrophile Granulozyten, 2 % Epithelzellen. Bei Infektion oder Stress verschiebt sich das Differenzialblutbild zugunsten der Granulozyten (80%)
Die 100.000 Zellzahl-Grenze
Wie aussagekräftig ist also dieser Wert für die Beurteilung der Eutergesundheit? Fragt man Mastitis-Experten, so stellt dieser klar.:
Der Zellgehalt ist zur Beurteilung der Eutergesundheit nicht geeignet!
Prof. Volker Krömker
Besser geeignet ist da ein Blick auf die Kennzahlen. Für die Berechnung der Eutergesundheitskennzahlen gilt in Deutschland die rechnerische Grenze von über 100.000 Zellen/ml Milch. Dann wird die Kuh als euterkrank eingestuft. In anderen Ländern (z.B. UK) rechnet man mit 200.000 Zellen/ml. Unser Kennzahlensystem reagiert also früher (sensibler) auf Veränderungen der Eutergesundheit in der Herde.
Wer mehr über die Eutergesundheit in der Herde wissen will, kommt um den Blick auf die Eutergesundheitskennzahlen im LKV-Bericht nicht herum. Und hier werden die Zellgehalte der Einzeltiere interessant. Eine Kuh mit einem Zellgehalt unter 100.000 Zellen/ml gilt für die Kennzahlen-Berechnung als eutergesund. Diesen Wert sollten in einer eutergesunden Herde möglichst 65% der Tiere erreichen. Wer 75% erreicht, ist auf der sicheren Seite und kann guten Gewissens sagen: „Meine Herde ist eutergesund.“
Die Eutergesundheit der Herde ist top, wenn
>75% der Kühe eutergesund sind.
<11% der Kühe sich in der Laktation neu infizieren.
Nehmen wir an, der Rest der Herde (25%) besteht aus hochzelligen Altmelkern oder chronisch euterkranken, aber genetisch wertvollen Zuchtkühen, dann wird der durchschnittliche Zellgehalt der Herde im Bereich von 200. bis 300.000 Zellen liegen. Aber wie schon gesagt, dieser Wert macht keine Aussage über die Eutergesundheit der Herde.
Wichtig ist es, die Neuinfektionen in der Laktation zu verhindern, gelingt über in Sachen Haltung, Fütterung und Melkarbeit. In durchschnittlichen Betrieben liegt die Neuinfektionsrate bei 20%. Wer richtig gut ist, schafft weniger als 11%.
Die 100.000er Grenze spielt für das Einzeltier dagegen keine Rolle. Niemand würde auf die Idee kommen, eine solche Kuh tierärztlich zu behandeln.