Keine Ausreden mehr beim Selektiven Trockenstellen
Der TGD in Bayern hat mit einer Initiative Landwirten geholfen, den Antibiotikaverbrauch beim Trockenstellen zu reduzieren, ohne dass die Eutergesundheit leidet.
Der Tiergesundheitsdienst Bayern hat im STAR-Projekt Auswirkungen vom selektiven Trockenstellen auf die Eutergesundheit untersucht. Dafür wurden Daten von rund 90 Milchkuhbetrieben in Bayern seit 2016 ausgewertet. Teilnahmebedingungen für die STAR-Initiative (STAR steht für Selektives Trockenstellen und Antibiotika Reduktion) waren u.a. eine Tankmilchzellzahl unter 200.000 Zellen/ml, eine Neuinfektionsrate unter 15% und...
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Der Tiergesundheitsdienst Bayern hat im STAR-Projekt Auswirkungen vom selektiven Trockenstellen auf die Eutergesundheit untersucht. Dafür wurden Daten von rund 90 Milchkuhbetrieben in Bayern seit 2016 ausgewertet. Teilnahmebedingungen für die STAR-Initiative (STAR steht für Selektives Trockenstellen und Antibiotika Reduktion) waren u.a. eine Tankmilchzellzahl unter 200.000 Zellen/ml, eine Neuinfektionsrate unter 15% und idealerweise kein Nachweis von kuhassoziierten Erregern (z.B. Galt, Aureus).
Zu Beginn der Initiative wurden bei den teilnehmenden Betrieben noch durchschnittlich 65% der Kühe antibiotisch trocken gestellt (0 bis 100%), bei Projektende waren es durchschnittlich 20% weniger (45%). Insgesamt hat das die Eutergesundheit nicht negativ beeinflusst. Kritische Kontrollpunkte waren allerdings das Wissen um die Euterinfektionen in der Herde und insbesondere die Neuinfektionsrate, die durch die Qualität des Fütterungs- und Haltungsmanagements beeinflusst wird - nicht aber durch die antibiotische Therapie.
Dr. Ulrike Sorge, Leiterin des Eutergesundheitsdienstes in Grub gibt folgende Tipps für die Praxis:
Elite: Selektives Trockenstellen bedeutet Antibiotika beim Trockenstellen wegzulassen, oder?
Dr. Sorge: Ganz so einfach ist es nicht! Beim selektiven Trockenstellen behandelt man nur die Tiere (oder Viertel) antibiotisch, die wirklich eine antibiotische Behandlung brauchen. Also so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Welche Kuh Behandlungen braucht, entscheidet man gemäß der Eutergesundheitsdaten und der Erregerlage. Letztere kann man mithilfe der bakteriologischen Untersuchung von Milchproben identifizieren. Gerade ansteckende Erreger verursachen nicht unbedingt hohe Zellzahlen (z.B. S. aureus). Falls diese im Bestand vorkommen, müssen sie mittels Viertelgemelksproben erkannt und daraufhin gezielt behandelt werden.
Elite: Welchen Betrieben kann man das selektive Trockenstellen empfehlen?
Dr. Sorge: Aktuell sollte jeder Betrieb selektiv trockenstellen, es sei denn er hat ein Eutergesundheitsproblem und befindet sich in der aktiven und zeitlich begrenzten Sanierungsphase. Ansonsten gibt es keinen Grund, ALLE Tiere zum Trockenstellen antibiotisch trocken zu stellen – denn jede Herde hat ja auch eutergesunde Kühe, die keine Behandlung brauchen. Die Verhinderung von Neuinfektionen in der Trockenstehphase basierte ja noch nie auf antibiotischen Behandlungen sondern gutem Management (Stichwort: Hygiene und Fütterung).
Elite: Wie viele Landwirte stellen in Bayern selektiv trocken?
Dr. Sorge: In Bayern ist es im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht üblich, alle Kühe mit Antibiotika trocken zustellen. 2018 haben wir in einer Untersuchung festgestellt, dass durchschnittlich etwa jede zweite Kuh ohne Antibiotika trocken gestellt wurde.
Elite: Wie ist die Entwicklung der Eutergesundheit in den von Ihnen untersuchten Betrieben?
Dr. Sorge: Wir haben für viele der Betriebe Bestandsuntersuchungen und Probemelkergebnisse über mehrere Jahre. Da hat sich gezeigt, dass beim Großteil die Eutergesundheit annähernd gleichgeblieben ist, obwohl teilweise deutlich weniger Antibiotika eingesetzt wurden. Es besteht also kein Risiko, dass die Eutergesundheit durch den geringeren Antibiotika Einsatz schlechter wird. Wird man aber mit dem Trockensteher-Management nachlässig, kommt es zu vermehrten Neuinfektionen. Das hat dann aber nichts mit der antibiotischen Behandlung zum Trockenstehen zu tun. Teilweise wurde die Eutergesundheit, in denen von uns untersuchten Betrieben, auch besser, weil Milchkuhhalter einfach mehr über jedes Einzeltier wussten und dann besser handeln konnten.
Elite: Wie viele Antibiotika kann man durch das antibiotische TS einsparen?
Dr. Sorge: Verschiedene Studien habe gezeigt, dass durch das selektive Trockenstellen 30% bis 70% Antibiotikabehandlungen eingespart werden können. Das Einsparpotenzial ist aber herden- und situationsabhängig und hat auch bei unseren Herden von Jahr zu Jahr geschwankt. So hatten einige unserer Herden Kühe mit Galt-, Sc. canis oder S. aureus Infektionen von denen sie bis zu unseren Untersuchungen nichts wussten. Da mussten sie zum Teil gezielt etwas mehr behandeln. Man sollte also immer wissen, welche Erreger in der eigenen Herde vorkommen. Das blinde Weglassen von Antibiotikabehandlungen geht schief. Es gibt verschiedene Programme, die einem die Eutergesundheitsdaten der jeweiligen Kuh und Herde aufarbeiten und anhand dieser über das weitere Vorgehen entschieden werden kann. In Bayern gibt es zum Beispiel im online Herdenmanager des LKV das Programm Progesund, wo z.B. trockenzustellende Kühe mit ihrer Historie (inkl. Mastitiserregern) automatisch gelistet sind. Das spart einem die Zeit bei den Entscheidungen und man behält den Überblick.
Elite: Welche Tipps geben Sie den Landwirten, die in das selektive Trockenstellen einsteigen?
Dr. Sorge: Damit selektives Trockenstellen einfach umzusetzen ist, sollten bestimmte Grundvoraussetzungen gegeben sein:
Neue Studien zeigen, dass eine Verringerung der Melkfrequenz vor dem Trockenstellen den Euterdruck senkt. Der kritische Punkt dabei ist die Eutergesundheit.