Zwei Kuhställe, Fleckvieh und ein besonderes Pulver
Stallhaltung im Winter, Fleckviehgenetik und eine intensive Fütterung – Willy Leferink setzt auf der Südinsel auf ein ungewöhnliches Produktionssystem – mit Erfolg!
Die Pannetts Dairies Farm, unweit der Stadt Ashburton (Südinsel) gelegen, ist schon von weitem aus zu sehen, denn im Gegensatz zu den herkömmlichen neuseeländischen Milchfarmen, die eigentlich nur aus einem „luftigen“ Melkzentrum (Shed) und einem nicht überdachten Wartehof bestehen, verfügt die Farm über zwei imposante Stallgebäude und ein separates Melkzentrum.
Die Milchfarm ähnelt denn auch denen in Europa oder den USA: Im Melkzentrum dreht sich ein 60iger Außenmelker...
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Die Pannetts Dairies Farm, unweit der Stadt Ashburton (Südinsel) gelegen, ist schon von weitem aus zu sehen, denn im Gegensatz zu den herkömmlichen neuseeländischen Milchfarmen, die eigentlich nur aus einem „luftigen“ Melkzentrum (Shed) und einem nicht überdachten Wartehof bestehen, verfügt die Farm über zwei imposante Stallgebäude und ein separates Melkzentrum.
Die Milchfarm ähnelt denn auch denen in Europa oder den USA: Im Melkzentrum dreht sich ein 60iger Außenmelker (Durchsatz 350 Kühe/Stunde), den 840 Kühen stehen zwei Ställe (Rundbogenhallen) mit mittigem Futtertisch und sechsreihig angeordneten Liegeboxen zur Verfügung, neben den Ställen befindet sich eine Siloanlage, die Verkehrsflächen sind komplett betoniert.
Die Milchfarm wurde 2013 von sechs Teilhabern gegründet, allerdings auf einem reinen Ackerbaustandort (214 ha) mit viel Ödland. „Wir konnten gar nicht auf das typische Weidesystem setzen“, erinnert sich der 68jährige Willy Leferink, „der Boden war einfach zu ausgelaugt, es wollte nicht genüg Gras wachsen.“ Deshalb habe man sich damals für den Neubau der zwei Ställe entschieden. Dadurch habe sich die Möglichkeit ergeben, die Kühe über Winter (48 bis 60 Tage lang) Tag und Nacht im Stall unterzubringen und dort zuzufüttern. Nur ein paar Altmelker dürfen in dieser Zeit nach draußen.
Share-Milker und Herdenmanager Rick Butler und Eigentümer Willy Leferink (re).
(Bildquelle: elite)
Wintermilch: Doppelter Milchpreis
Aus der Kombination Stallhaltung und Futterbau ergibt sich auch einen weiteren Vorteil: Die Kühe müssen nicht mehr alle gleichzeitig im neuseeländischen Frühjahr abkalben. Derzeit kalben nur noch 60 % von September bis Ende November ab, weitere 30 % im Februar und die übrigen 10 % im Mai. Die Entzerrung der Abkalbungen wirkt sich nicht nur positiv auf das tägliche Arbeitspensum aus sondern auch auf die Tiergesundheit (weniger Abgänge) – und auf das Betriebsergebnis! Denn die Farm verfügt über einen Wintermilch-Kontrakt. Das bedeutet, sie darf im neuseeländischen Winter 1.000 kg Milchinhaltsstoffe abliefern. Diese werden aufgrund des Milchmangels, der zu dieser Zeit in der Region herrscht, sehr gut bezahlt – in etwa mit dem doppelten Milchpreis.
Apropos Arbeitserledigung: Für die Arbeiten im Stall ist Share-Milker Rick Butler verantwortlich. Er erhält 25 % der Erlöse der Milchfarm, muss aber auch für 25 % der Energiekosten und für sein fünfköpfiges Team aufkommen. Zur Herdenüberwachung setzen Rick und Willy auf das System von CowManager (Ohrmarken). „Jetzt müssen wir nicht mehr ständig allen Kühe hinterherlaufen“, erläutert der vollbärtige Herdenmanager mit einem Zwinkern, „das verbessert die Work-Life-Balance doch erheblich.“
Fleckvieh-Genetik aus Bayern
Ungewöhnlich sind aber nicht nur die baulichen Anlagen auf der Farm, sondern auch die vielen „bunten“ Kühe. Auf der Farm wird nämlich vermehrt Fleckviehgenetik eingesetzt. Wie kommt’s? „Ganz einfach“, erklärt Willy Leferink, „die Doppelnutzung aus Milch und Fleisch hat unschlagbare, ökonomische Vorteile.“ Mit einer Milchleistung, die sich zw. 7.000 bis 8.000 kg Milch eingependelt hat, gehört die Herde zu den leistungsstärksten auf der Südinsel. Zudem muss er sich um die Vermarktung seiner Kälber keine Sorgen machen.
Fleckvieh hat unschlagbare, ökonomische Vorteile.
Willy Leferink
Die gute Leistung resultiert, neben der Zufütterung im Stall, nicht zuletzt auch auf einer scharfen Selektion: Kühe, die im Laktationsdurchschnitt weniger als 16 kg Milch täglich geben, müssen die Herde verlassen. Ebenso wie Willy ist auch Rick ein Fan von Zweinutzungsrindern, seine Kühe – die ein Teil der Herde sind – belegt er denn auch bevorzugt mit Montbeliarde.
Nicht zu übersehen ist der Fleckvieh-Einschlag. Die Herde soll sukzessive „umgezüchtet“ werden.
(Bildquelle: elite)
Bewässerung mit aufbereiteter Gülle
In den vergangenen Jahren hat Willy in ein ausgeklügeltes Flüssigdünger-Bewässerungssystem auf den Futterflächen investiert. Um das Gras stetig am Wachsen zu halten, werden die Weideflächen intensiv gedüngt – mit einer speziell behandelten Gülle. Sobald diese den Stall verlässt, wird sie separiert. Im Anschluss daran wird die so gewonnene flüssigen Phase in zwei geschlossenen, hintereinander positionierten Plastikbehältern kurz „zwischengelagert“. In den beiden Behältern blubbert und brodelt es ordentlich, denn dort wird der Gülle das spezielle Pulver zugegeben, das die Stickstoffverfügbarkeit in der Gülle erhöhen soll. Das Verfahren gleicht ein bisschen einem Baukasten für Alchemisten. „Das hört sich vielleicht etwas „abgefahren“ an,“ schmunzelt Willy, „doch letztlich funktioniert es ganz wunderbar.“ Das Verfahren erlaubt jetzt sehr hohe Trockenmassezuwächse von bis zu 130 kg pro ha und Tag. So können denn auch bis zu vier Kühe pro Hektar grasen.
So wird gefüttert
Während der Weideperiode wird mit 19 kg Trockenmasse aus dem Weidegras kalkuliert, im Stall gibts dann noch 2,75 kg Kraftfutter-Pellets, 2,0 kg Proliq (Füssigfutter auf Basis Laktose und Molke) und 0,5 kg Haferstroh.
Die Winterfütterung (Stall) besteht die Futterration aus 7,5 kg Gras-, 5 kg Mais- und 3,5 kg Sonnenblumen-Silage, ergänzt durch 2,0 kg Palmkerne, 2,2 kg Kraftfutterpellets, 2,0 kg Proliq und etwas Haferstroh.
Ungewöhnlich, teurer in der Produktion als das typische, 100 % weidebasierte System – aber wirtschaftlich durchaus erfolgreich, so sich Pannetts Dairies Farm dar. Willy Lefrink ist überzeugt, dass schon bald andere Milchfarmer auf der Südinsel sein Konzept als Blaupause übernehmen werden: „Der Klimawandel und die zunehmenden Umweltregelungen werden schon dafür sorgen.“
Steigende Kosten, Umweltauflagen und der Klimawandel beeinträchtigen die Milchproduktion in Neuseeland. Die Milchbranche steht vor großen Herausforderungen.