Teure Futtermittel, hohe Energie- und Düngerpreise: In manchen Unternehmen ist die Lage angespannt. Was helfen kann, um Kosten zu senken. Ein paar Tipps!
Milchpreise von 40 Cent und mehr … noch vor einem Jahr hätten sich die meisten Erzeuger bei diesen Preisen vor Freude die Hände gerieben, doch derzeit dürften sich nur die wenigsten Milchmacher über die „guten“ Einnahmen aus dem Milchverkauf freuen. Die Kostensteigerungen bei den Produktionsmitteln Futter, Dünger und Energie sind derart exorbitant, dass selbst die guten Erlöse aus dem Milchverkauf kaum eine Kostendeckung ermöglichen.
„Eine solche Situation hab ich noch...
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Milchpreise von 40 Cent und mehr … noch vor einem Jahr hätten sich die meisten Erzeuger bei diesen Preisen vor Freude die Hände gerieben, doch derzeit dürften sich nur die wenigsten Milchmacher über die „guten“ Einnahmen aus dem Milchverkauf freuen. Die Kostensteigerungen bei den Produktionsmitteln Futter, Dünger und Energie sind derart exorbitant, dass selbst die guten Erlöse aus dem Milchverkauf kaum eine Kostendeckung ermöglichen.
„Eine solche Situation hab ich noch nie erlebt“, erklärte unlängst der Unternehmensberater Bernd Lührmann von der LWK Niedersachen während des Milchtalks. Die Situation stelle sich für viele Milcherzeuger gerade sehr prekär dar.
Eine solche Situation hab ich noch nie erlebt."
Bernd Lührmann
Tatsächlich hat sich der Preis für ein Fass Öl der Sorte Brent binnen eines Jahres verdoppelt. Die Kosten für eine Megawattstunde Strom verzehnfachten sich sogar. Der Gaspreis stieg um 130 Prozent, der für Kohle um rund 350 %.
So schnell dürfte sich an der Situation auch nichts ändern. So rechnen die Ökonomen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute (RWI, DIW, Ifo, IfW und IWH) auch im Jahr 2022 noch mit weiter steigenden Energiepreisen von rund sechs Prozent. Das hat letztlich auch Auswirkungen auf die Dünger-Notierungen, denn die Herstellung von Dünger ist sehr energieaufwändig. Und auch die Rally bei den Futtermittelpreisen könnte weiter gehen.
Sparpotenziale erkennen
Die wirtschaftliche Situation vieler Milchkuhbetriebe in Deutschland hat sich merklich verschlechtert. Eine Konsequenz daraus ist ein wachsender Sparzwang, um die Liquidität nicht zu gefährden. Doch welche Möglichkeiten gibt es?
Nicht immer wird das gesamte Einsparpotenzial für das eigene Unternehmen wahrgenommen. Milcherzeuger sollten genau prüfen, wo sinnvoll gespart werden kann, ohne negative Effekte hervorzurufen.
Grundsätzlich gilt: Gehen Sie nicht planlos vor. Sie riskieren sonst, dass gerade dort gespart wird, wo es um die Zukunft des Unternehmens geht. Denken Sie auch darüber nach, ob eine kurzfristige Kosteneinsparung möglicherweise höhere Folgekosten nach sich zieht, die den positiven Effekt wieder zunichte machen.
Mitunter sind auch erst einmal Investitionen nötig, um mittelfristig Kosten zu reduzieren, beispielsweise bei der Digitalisierung von Prozessen. Hier muss genau geprüft werden, ob dafür nun der richtige Zeitpunkt ist. Unternehmensberater Lührmann empfiehlt:
Alle Plätze mit Kühen belegen! Gegebenenfalls (bzw. wenn möglich) muss der Bestand an Nachzuchtrindern auf ein Minimum reduziert werden. „2.000 € erlöst aktuell im Durchschnitt eine Jungkuh“. „Der Erlös deckt aber oftmals nicht die Aufzuchtkosten.“
Überbelegung kostet Wirtschaftlichkeit: Manchmal ist weniger auch mehr! In der ersten Laktationshälfte sollte eine Überbelegung unbedingt vermieden werden, in der zweiten Hälfte sind maximal 5 % tolerabel. Nicht selten verringert sich die Milchmenge im Sammeltank nicht, wenn in einem überbelegten Stall die Herde geringfügig „abgestockt“ wird. Im Gegenzug werden jedoch erhebliche Mengen an Futter eingespart, nicht selten verringern sich auch die Tierarztkosten.
Die Fütterung bzw. die Zusammensetzung der Ration über den IOFC steuern: Enorm wichtig ist, das vorhandene Grundfutter bestmöglich (effizient) einzusetzen. Kraft- und Mineralfuttereinsatz ist kritisch zu hinterfragen. Auf Spezialfutter mit fragwürdiger Wirkung sollte aktuell verzichtet werden.
Einkaufsgemeinschaften bilden: Kosten einsparen lässt sich auch durch den gemeinsamen Einkauf von Futter- und Betriebsmitteln mit anderen Unternehmern. Über Einkaufsgemeinschaften lassen sich höhere Tonnagen verhandeln. Gemeinsame Beschaffung vergrößert das Auftragsvolumen und verschafft dem Einzelnen deutlich bessere Konditionen.
Konsequente Selektion von Problemkühen: Oftmals beanspruchen diese Kühe ein Maximum an Aufmerksamkeit des Herdenbetreuers (Pareto-Prinzip: 80 % des Betreuungsaufwandes für nur 20 % der Herde). Eine verschärfte Selektion führt letztlich über kurz oder lang aber auch zu einem Anstieg der Herdenleistung bzw. einer höheren Milchmenge pro Stallplatz.
Belegung mit Fleischbullen und schwerere Schlachtkühe – auch mit Hilfe dieser beiden Maßnahmen lassen sich zusätzliche Erlöse generieren. Auch durch eine Verringerung des Erstkalbealters (EKA) auf 25 Monate (oder geringfügig darunter) lassen sich oftmals noch Futterkosten und vor allem auch Arbeitszeit einsparen.
Der Krise positive Seiten abgewinnen
Insbesondere die extreme der Düngemittel habe der Gülle wieder zu einer höheren Wertschätzung verholfen, so Bernd Lührmann. In Überschussgebieten ist bereits ein Absinken der Abgabekosten für Gülle zu beobachten, in Aufnahmegebieten sind Marktfruchtbetriebe durchaus bereit (mehr) für Gülle zu zahlen.
Interessant könnte für Rinderhalter auch ein Gülletausch mit einem schweinehaltenden Unternehmen sein. Infolge der unterschiedlichen Zusammensetzung der Güllen, lassen sich so oft bis zu 5 % mehr Gülle auf den eigenen Flächen ausbringen.
Trotz der hochpreisigen Düngemittel sollte keinesfalls der Futterbau extensiviert werden, so der Unternehmensberater. „ Eine kostensparende Extensivierung war noch nie zielführend!“ Der erste Grünlandaufwuchs sollte denn auch „ordentlich“ (wie bislang) gedüngt werden. Je nach Witterung kann eventuell in den nachfolgenden Schritten die Intensität etwas zurückgenommen werden.
Akzeptieren Sie die Vergangenheit und versuchen Sie die Zukunft zu gestalten! Auch die gute alte Zeit war mal die schlechte neue Zeit! Bleiben sie optimistisch, denn Optimisten erkennen mehr Chancen!
Finanzierung (über)prüfen
Die aktuell positive Lage auf den Milchmärkten bzw. die hohen Milchpreise wecken bei vielen Banken Optimismus, ist Unternehmensberater Lührmann gewiss. ER rät deshalb, alsbald das Gespräch mit den Kundenberatern der Banken zu suchen, um kurzfristige Verbindlichkeiten (Kontokorrent) umzufinanzieren. Auch sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um mit den Finanzinstituten Gespräche über künftige Investitionen zu führen, z.B. zum Aufbaue neuer Betriebszweige (regenerative Energien).
Sparen, sparen, sparen … reden, reden, reden!
Es gibt sicherlich in jedem Unternehmen Bereiche, in denen der Rotstift angesetzt werden kann. Welche Einsparungen in welchem Umfang sinnvoll sind, hängt von vielen Faktoren ab.
Denken Sie dabei auch an die menschliche Seite. Einsparungen und Kürzungen wecken immer auch Befürchtungen und Zukunftsängste. Sparen Sie also nicht an Information. All diejenigen, die mit anpacken im Betrieb müssen Bescheid wissen über Ziele und Hintergründe, Ausmaß und Umfang der geplanten Einsparmaßnahmen. Das erleichtert die Umsetzung und baut Ängsten vor. Holen Sie Ihre Familien und Mitarbeiter mit ins Boot, nur gemeinsam lässt sich das Ruder herumreißen.
Die Gewinne größerer Milchkuhbetriebe sind in 2020/21 „abgeschmiert“. Trotz massiver Einsparungen lässt sich oft kein ausreichendes Einkommen mehr erwirtschaften.