Milchmarkt

Molkereikongress: Verbraucher setzen auf günstige Milchprodukte

Wie entwickeln sich die Märkte? Erobern pflanzlichen Alternativen das Kühlregal? All das wurde diese Woche in München auf dem Molkereikongress diskutiert.

Zahlen – Daten – Fakten: Die hohe Inflation bzw. die geringere Kaufkraft haben zu einem Umdenken bei den Verbrauchern geführt, so von GfK. Standen in den letzten Jahren bei den Kaufentscheidungen noch Qualität und Nachhaltigkeit im Vordergrund, lassen sich die Verbraucher bei der Kaufentscheidung nunmehr von den (günstigen) Preisen leiten. Handelsmarken sind denn auch die großen Krisengewinner, Markenprodukte werden oft nur noch über Sonderangebote verkauft. Für Markenprodukte dürfte es in Zukunft noch dicker kommen: Mit Handelsmarken zufriedene Käufer werden so schnell (falls überhaupt), nicht mehr zurückkommen, so Hanna Kehl, Senior Manager GfK.
Unter dem Strich wurden in 2023  erneut nochmals weniger Milchprodukte gekauft. Sowohl die weiße als auch die gelbe Linie haben an Absatzmenge verloren – ein Trend der bereits seit längerem zu beobachten ist. So hat die weiße Linie seit 2020  rund 3,6 %, die gelbe Linie 4,7 % „verloren.
Allerdings mussten nicht alle Produktgruppen ein Absatz-Minus verkraften, so legten z.B. Heu-, Weidemilch und Feta zu, ebenso wie H-Milch (das Hamstern ist immer noch in den Köpfen verankert). Deutlich seltener den Weg in den Einkaufskorb gefunden haben hingegen Quark, Joghurt, und Frischkäse.
Pflanzliche Alternativen (Milchersatzprodukte auf pflanzlicher Basis) wachsen vor allem im Biosegment. Mindestens jedes zweite Produkt ist „bio“. Insgesamt hat der Absatz weiße Linie in 2022 um 3,4 % zugelegt. Der Marktanteil der „Milchalternativen“ in der weißen Linie liegt mittlerweile bei rund 6,5 %.

 Milchüberschuss in der EU wird sich verringern

Marktaussichten: Richard Scheper (Dairy Analyst von der Rabobank) schätzt, dass sich die Milchmenge in der EU jährlich um 0,2 %  verringern wird. Auch in Neuseeland rechnen die Marktanalysten der Rabobank zumindest im laufenden Jahr mit einem geringeren Milchaufkommen. Das dürfte dazu führen, dass bis zum Jahr 2030 der Milchüberschuss in der EU (inkl. UK), der exportiert werden muss, von 15 auf 12 % sinkt. Weniger Milch (ca. 8 Mio. t) dürfte vor allem im Nordwesten Europas (DK, D, F, NL, B) produziert werden. Dennoch dürfte der Druck auf die Milchmärkt anhalten, denn
  • sich die Auswirkungen der Inflation dürften sich noch etwas länger dämpfend auf den Verbrauch von Milchprodukten auswirken,
  • China wird voraussichtlich in absehbarer Zukunft weniger Milchprodukte importieren.
Entscheidenden Einfluss auf die Milchmengen in der EU sieht Schepers weniger in den politischen Rahmenbedingungen, vielmehr würden Faktoren wie Verfügbarkeit von Arbeitskräften, regionalen Gegebenheiten (Umwelt) regulierend auf die Milchmenge einwirken. Stellen sich mehrere dieser für die Milchproduktion ungünstige Faktoren zusammen auf, dann könnte im „worst case“ sich die Milchmenge sogar um 11,5 Mio. t verringern. In einigen Regionen kann deshalb auch eine starke Konkurrenz um den Rohstoff Milch entbrennen, prophezeit der Marktanalyst.

Wie viele Label verträgt eine Milchtüte?

Tierwohl und Kennzeichung: Wie viele Label verträgt eine Milchtüte? Nicht zu viele und schon gar nicht das von der Bundesregierung geplante staatliche Tierwohllabel, was eher einem Warnhinweis gleicht, ähnlich wie  Rauchen kann tödlich sein“. Milchverarbeiter sollten sich nicht zu Sklaven der Label machen, warnte Prof. Otto Strecker von der AFC Consulting Group die anwesenden Vertreter der Molkereien. „Starke Marken benötigen keine Label!“ Von den Labeln würden letztlich nur die Handelsmarken profitieren. „Differenzieren Sie ihre Produkte, etablieren Sie eigene unabhängige Qualitätskonzepte für ihre Milchprodukte“, forderte Strecker die Molkereien auf.

Und sonst noch?

Einige interessante Statements zum Thema Milchmarkt von Kongressteilnehmern:
„Über 80 % der Shopper entscheiden sich spontan am Kühlregal“ – Hanna Kehl, Senior Manager GfK
„Milch ist ein hervorragendes Lebensmittel, das gilt es besser an die jungen Konsumenten zu kommunizieren!“ - Stefan Keller , Commercial Director Private Label DMK & MD DOC Dairy Partners
„Mehr über Milch und weniger über Pflanzen reden“ – Josef Braunshofer, Geschäftsführer Berglandmilch
„Wir können uns als Branche nicht hinstellen und erklären, dass es pflanzliche Drinks nicht geben darf. Wir müssen mitgestalten“ - Stefan Keller , Commercial Director Private Label DMK & MD DOC Dairy Partners
„Milch ist kein Klimakiller! Die Branche muss zeigen, was das Nachhaltigkeit geht und nicht auf den Staat warten“ – Werner Giselbrecht, Kaufmännischer Leiter Hochland Deutschland
„Tierwohl und Nachhaltigkeit wird es nicht zum Nulltarif geben, wir werden deshalb auch steigende Milchpreise sehen“ – Werner Giselbrecht, Kaufmännischer Leiter Hochland Deutschland
„Die Herausforderung ist, die nächste Generation der Milcherzeuger in der Milch zu halten“ – Josef Braunshofer, Geschäftsführer Berglandmilch
 
Seit 15 Jahren trifft sich die Molkereibranche auf dem von der Lebensmittel Zeitung ausgerichteten Molkereikongress zum Austausch über die Veränderung des Marktes. Der Kongress ist insbesondere Treffpunkt für Geschäftsführer, Vorstände und Führungskräfte aus Molkereien, Käsereien und der Milch verarbeitenden Industrie sowie Vertreter von Handelsunternehmen.
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