Wann kommt der Wendepunkt am Milchmarkt? Diese Frage stellen sich wohl derzeit viele Analysten. Die Rohstoffpreise klettern weiter deutlich, der ife-Rohstoffwert liegt jetzt bei 60,9 ct/kg. Zum Vergleich: Im März 2021 wurden 35,7 ct/kg notiert. Gleichzeitig hinken die Erzeugerpreise für Milch der aktuellen Entwicklung am Markt weiter deutlich hinterher – auch wenn zumindest in Norddeutschland im Februar vereinzelt ein Grundpreis von bis zu 47 ct/kg gezahlt wurde und sie mindestens bis zur...
Wann kommt der Wendepunkt am Milchmarkt? Diese Frage stellen sich wohl derzeit viele Analysten. Die Rohstoffpreise klettern weiter deutlich, der ife-Rohstoffwert liegt jetzt bei 60,9 ct/kg. Zum Vergleich: Im März 2021 wurden 35,7 ct/kg notiert. Gleichzeitig hinken die Erzeugerpreise für Milch der aktuellen Entwicklung am Markt weiter deutlich hinterher – auch wenn zumindest in Norddeutschland im Februar vereinzelt ein Grundpreis von bis zu 47 ct/kg gezahlt wurde und sie mindestens bis zur Jahresmitte weiter steigen sollen.
In diesem angespannten Marktklima startet der LEH heute die Haltungsform-Kennzeichnung, die die Produktion auf vielen Höfen weiter verteuert. Schon jetzt summiert sich die Kostensteigerung im Betrieb nach ersten Hochrechnungen der Landwirtschaftskammer NRW mittlerweile auf ca. 10 ct/kg ECM.
Der Mix aus Corona-Nachwehen, Ukraine-Krieg und Wetterunbilden macht eine vernünftige Prognose fast unmöglich. Experten sind sich im Moment nur in einer Sache einig: An einem gewissen Punkt werde der Markt drehen, die Frage sei nur wann.
Die aktuellen Schlagzeilen
Milchanlieferung weiter im Rückstand
Bei den Molkereien wurde zwar mit einem Plus von 0,3 % wieder etwas mehr Milch angeliefert als in der Vorwoche, doch der Rückstand zum Vorjahr beträgt nach wie vor satte 1,9 %. Ein ähnliches Bild in Frankreich: Laut ZMB beträgt hier der Mengen-Rückstand zum Vorjahr 0,6 %.
Rohstoffe: Preise steigen weiter
Egal ob bei flüssigem Rohstoff, bei Industrierahm oder bei Magermilchpulverkonzentrat, überall stiegen in der letzten Woche die Preise weiter.
Die begrenzte Verfügbarkeit von Rohstoff in Deutschland, in den Nachbarländern und außerhalb der EU scheint das Kaufinteresse zu beflügeln.
Monika Wohlfarth, ZMB Berlin
- Butter: Für lose Markenbutter (25 kg) geht es im Preis weiter aufwärts. Mittlerweile wurde hier die 7 €-Marke geknackt, das Niveau liegt zwischen 5,94 bis 6,14 €/kg. Die Süddeutsche Butter- und Käsebörse in Kempten führt diese Entwicklung auf eine sehr gute Nachfrage und das sehr knappe Angebot zurück. Päckchen-Butter (250 g) blieb weiter stabil bei 5,94 bis 6,14 €.
- Käse: Schnittkäse peilt nach der Hannoveraner Preisnotierung weiter die 5-€-Marke an. In der vergangenen Woche stiegen die Preise für Blockware nochmal um 10 ct auf 4,60 bis 4,90 €, für Brotware um 5 ct auf 4,60 bis 4,90 €.
- Weiße Linie: Die Verbraucher decken sich auch bei H-Milch offenbar ein. Laut AMI-Marktbericht würden derzeit umfangreiche Mengen geordert. Auch die übrigen Frischeprodukte laufen im Absatz sehr gut.
- Magermilchpulver: Pulver in Lebensmittelqualität ist mittlerweile für 4200 €/t im Schnitt zu erhalten. Tendenz auch hier: steigend. Für Magermilchpulver in Futterqualität zahlten die Käufer zuletzt zwischen 4080 bis 4120 €/t. An der bestehenden Unsicherheit im Markt hat sich noch nichts geändert, daher gehen Verkäufer derzeit auch bevorzugt kurzfristige Kontrakte ein.
- Vollmilchpulver: Die Preise sind hier mittlerweile bei 5300 €/t im Mittel angelangt, ein Plus von nochmal 170 € gegenüber der Vorwoche. Ein Ende der Preisrallye ist nicht in Sicht, denn sowohl in der EU als auch im Export steht ein begrenztes Angebot einer guten Nachfrage gegenüber.
Spotmilch: 60 ct in Sicht
Auf 59 ct/kg und damit um 4 ct kletterte in der letzten Woche der Preis in Norddeutschland für Spotmilch. Im Süden ist das Preisniveau ähnlich, das Plus beträgt allerdings nur 2 ct. Diese Zahlen gab das niederländische Marktportal DCA jetzt bekannt. In den Niederlanden selbst wurde Spotmilch jetzt sogar für 59,5 ct/kg gehandelt. Man darf gespannt sein, ob in der nächsten Woche die 60 ct-Marke geknackt wird.
Ife-Rohstoffwert knackt 60 ct-Marke
Weil die Preise für Butter und Magermilchpulver im März deutlich anzogen, klettert auch der Kieler Rohstoffwert weiter. Für März ermittelte das ife-Institut für Ernährungswirtschaft in Kiel 60,9 ct pro kg Milch. Das ist ein sattes Plus von 4,6 ct oder 8,2 % gegenüber dem Januar-Wert. Definiert ist der Wert für eine Rohmilch ab Hof des Milcherzeugers mit 4,0 % Fett, 3,4 % Eiweiß und ohne Mehrwertsteuer. Der Abstand zu den ausgezahlten Erzeugerpreisen steigt damit weiter. Gegenüber dem Vorjahresmonat März 2021 (35,7 Ct/kg) liegt der derzeitige Kieler Rohstoffwert Milch im März 2022 um 25,2 Ct/kg oder 71 % höher.
Der Kieler Börsenmilchwert erreichte gestern für den Monat April mit 69,4 ct/kg ebenfalls eine neue Rekordmarke. Von Mai bis September steht der Wert bei 68,8 ct/kg.
Haltungsformkennzeichnung bei Trinkmilch startet
In Zeiten knapper Milch und einer hohen Nachfrage startet der LEH heute die neue Haltungsform-Kennzeichnung bei Trinkmilch seiner Eigenmarken. Im Regal der Discounter ist zum Marktstart frische Trinkmilch der höherpreisigen Eigenmarken wie etwa die „Landmilch – fair und gut“ bei Aldi oder die „Alpenmilch“ und „Bayerische Bergbauernmilch“ bei Lidl sowie die frische Bio-Eigenmarkenmilch aus den Haltungsformen 3 und 4 erhältlich. Das Angebot sei regional unterschiedlich. Abhängig von den derzeitigen Verpackungsbeständen bringe man sukzessive die Haltungsform-Kennzeichnung auf, teilt Lidl mit.
Das Preisniveau für diese Produkte blieb bisher allerdings unverändert. So kostet beispielsweise bei Kaufland die Biovollmilch der Eigenmarke weiterhin 1,09 €/Liter, frische Bayerische Bergbauernmilch bei Lidl blieb bei 1,15 €/kg. Allerdings hat z.B. Aldi heute für kommenden Montag umfangreiche Preiserhöhungen im Regal, z.B. auch bei Butter, angekündigt.
Milch im Preiseinstiegssegment ist aktuell noch nicht mit der Haltungsform-Kennzeichnung versehen. Laut Lidl-Pressestelle könne man zum weiteren Zeitplan keine konkreten Angaben machen. Laut dem Zertifizierungsprogramm QM+, das erst in dieser Woche vom Kartellamt die Genehmigung erhielt, werde die Markteinführung von Produkten aus Haltungsform 2 schrittweise erfolgen.
Quellen: u.a. ZMB, VMB, Süddeutsche Butter- und Käsebörse e.V. Kempten, AMI, MIV, moproweb.de, ife, BLE, DCA, TrigonaDairyTrade, MIR, milchland.de