Irgendwann ist er da: Der Zeitpunkt, ab dem die Arbeit nicht mehr nur mit Familienmitgliedern zu stemmen ist. Dann ist externe Hilfe in Form von Mitarbeitenden nötig. Doch wie findet man den oder die „Richtige“? Hilfreich ist, den Prozess in sechs einfache Schritte zu unterteilen:
- den Bedarf planen
- das eigene Image aufpolieren
- den passenden Bewerber suchen
- den richtigen Mitarbeiter auswählen…
- …und einstellen.
- Zufriedenheit herstellen und den/die Neue halten.
1. Den Bedarf richtig einschätzen
Der erste Reflex ist häufig, jemanden einzustellen, der oder die einem selbst möglichst ähnlich ist (Ausbildung, Fähigkeiten, Einsatzbereitschaft). Doch gerade diese Personen sind teuer und schwierig zu finden. Zudem haben die wenigsten Arbeitnehmer Lust auf „alles“ (Arbeit mit der Kuh, Maschinen fahren, Büroarbeit, Teamleitung, Reparaturarbeiten…). Besser ist es daher, ähnliche Aufgaben zusammenzufassen und zu prüfen, ob man nicht jemanden findet, der genau diese Tätigkeiten abnimmt und dadurch für Erleichterung sorgt.
Je mehr verschiedene Arbeiten ein Mitarbeiter zu bewältigen hat, desto komplexer werden der Arbeitsplatz bzw. dessen Anforderungen und desto schwieriger ist es, den passenden Arbeitnehmer zu finden („Eierlegende Wollmilchsau“). Daher: einfacher denken!
Tipps
- Aufgaben in Tages- oder Wochenpläne einteilen und sich bewusst machen, wie viel Stunden wann dafür anfallen und was jemand wirklich dafür können muss.
- Ziel: Keine Arbeitstage von morgens bis abends, da dies für Arbeitnehmer zunehmend unattraktiv wird. Möglichst klare Zuständigkeiten und effiziente Abläufe schaffen.
- Vertretungsmöglichkeiten für Urlaub oder Krankheit einplanen. Dafür ist es notwendig, dass mehrere Mitarbeiter in verschiedenen Arbeitsbereichen eingesetzt werden können.
- Je nach Betrieb kann es sinnvoll sein, einzelne Arbeiten auszugliedern (Besamung, Klauenpflege).
Ein Stellenprofil (Beispiel siehe Übersicht 1) fasst Ziele und Aufgaben zusammen und sorgt für eine klare Definition.
Anschließend leiten Sie davon ein Anforderungsprofil ab, in dem Sie notieren, welche Qualifikation Sie für die Stelle voraussetzen und welche Fähigkeiten ggfs. nachgeschult werden können. Beides, Stellen- als auch Anforderungsprofil, dienen als Inspiration für die Stellenanzeige und während späterer Bewerbungsgespräche als Arbeitspapier. Daran prüfen Sie, wie weit ein Bewerber mit den ausgearbeiteten Punkten übereinstimmt.
2. Ein gutes Image: sich selbst richtig darstellen
Sie machen bereits Imagewerbung – 365 Tage im Jahr, bewusst oder unbewusst. Die Außendarstellung eines Betriebs ist weitaus wichtiger, als es vielen bewusst ist. Denn der gute oder schlechte Ruf eines Betriebs ist entscheidend für die Mitarbeitersuche!
Insbesondere potenzielle Arbeitnehmer aus der Region erkundigen sich im Vorhinein über mögliche Arbeitgeber. Neben der Außendarstellung des Betriebs spielt insbesondere der Umgang mit den Mitarbeitern eine entscheidende Rolle. Bietet ein Betrieb gute Arbeitsplätze, spricht sich dies schnell herum.
Tipps
3. Den passenden Bewerber suchen
Sind mögliche Arbeitnehmer bereit, für den Job ihren Wohnort zu wechseln? Dies ist in der Regel bei attraktiven, anspruchsvollen Jobs (z.B. Herdenmanager) bzw. bei Top-Arbeitgebern der Fall. Dann lohnt es sich, überregional (Fachzeitschriften, Stellenbörsen im Internet, Bundesagentur für Arbeit, Personalagenturen) zu suchen. Melker oder Treckerfahrer hingegen sollten vor Ort, beispielsweise mit einer ansprechenden Stellenanzeige in der Lokalzeitung oder in Kleinanzeigenportalen, angesprochen werden.
Die Stellenanzeige sollte ansprechend und informativ gestaltet sein. Überlegen Sie, welche Informationen einen Jobsuchenden interessieren und was Ihre Stelle zu bieten hat. Möglicherweise ist einem Melker besonders der Stundenlohn wichtig, wohingegen ein Herdenmanager genau wissen möchte, welche Aufgaben erledigt werden müssen. Inhaltlich können die Punkte aus dem zuvor formulierten Stellen- und Anforderungsprofil übernommen werden.
Tipps
- Halten Sie die Anzeige kurz und übersichtlich.
- Beschreiben Sie die Aufgaben, Anforderungen und Vorteile des Jobs.
- Geben Sie Kontaktdaten an, unter denen Sie gut und schnell erreichbar sind.
- Verwenden Sie Bilder, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.
4. Den passenden Mitarbeitenden wählen
Die meisten Mitarbeiter werden wegen der Qualifikationen eingestellt und verlassen den Betrieb wegen der Kultur.
Felix Strothmeyer
Versuchen Sie deshalb, beim Vorstellungsgespräch und beim Probearbeiten möglichst viel über die Persönlichkeit des Bewerbers herauszufinden. Nehmen Sie sich Zeit für ein offenes Gespräch, bei dem es nicht ausschließlich um den Job geht, und versuchen Sie, den Bewerber viel sprechen zu lassen.
Um bewerten zu können, ob der bzw. die Andere zum eigenen Team passt, muss man allerdings zuerst verstehen, welche Persönlichkeitsmerkmale man selbst mitbringt. Dazu eignen sich bekannte Persönlichkeitstests von Riemann oder das DISG-Modell (zum Beispiel
hier im Internet oder mithilfe eines Personaldienstleisters).
Sind Sie als Chef oder Chefin beispielsweise eher ein „G-Typ“ (gewissenhaft, analytisch, vorsichtig) und mögen bestehende Strukturen, sollten Sie wissen, wenn ein potenzieller neuer Angestellter gern die Initiative ergreift, immer neue Ideen ausprobiert und dabei auch Risiken in Kauf nimmt (“I-Typ“). Davon kann der Betrieb profitieren – doch Sie wollten sich dessen bewusst sein und dieses Verhalten „in Bahnen lenken“, damit Sie selbst und das Team gut damit zurechtkommen.
Spätestens beim Probearbeiten sollte das gesamte Mitarbeiterteam Kontakt zum möglichen neuen Kollegen haben. Lassen Sie sie auch für eine gewisse Zeit gemeinsam arbeiten, sodass die Mitarbeiter unter sich sind.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es nie den perfekten Mitarbeiter geben wird. Daher sollte man sich bei der Entscheidung, ob ein Bewerber eingestellt werden soll oder nicht, fragen, welche fachlichen und menschlichen Kriterien notwendig sind und an welchen Punkten gemeinsam gearbeitet werden kann. Dies kann durchaus offen in geeigneter Atmosphäre mit dem Bewerber besprochen werden. Im Zweifel sollten die Soft-Skills bei der Entscheidung eine wichtigere Rolle als die fachlichen Fähigkeiten spielen. Fachliche Kenntnisse können sehr schnell im Job und durch Fortbildungen weiterentwickelt werden, sofern die Motivation und Bereitschaft dazu vorhanden ist!
5. Den Bewerber einstellen
Übermitteln Sie dem Bewerber den Vertrag frühzeitig und nicht erst am ersten Arbeitstag, um mögliche Änderungswünsche frühzeitig anzusprechen. Dies ist in der frühen Phase sehr viel besser umsetzbar. Viele Bewerber fühlen sich unter Druck gesetzt, wenn sie vor Ort am ersten Tag schnell einen Vertrag unterschreiben sollen; auch, wenn vermeintlich bereits alles Wichtige besprochen ist.
Tipps
- Neben den klassischen Punkten wie Arbeitsbeginn, Urlaubstage, Kündigungsfrist oder Gehalt sollten auch die Arbeitsaufgaben im Vertrag genannt werden!
Neuen Mitarbeitern fällt der Start leichter, wenn die Einarbeitung systematisch erfolgt. Kleiner Aufwand, große Wirkung!
6. Den Mitarbeiter halten: Zufriedenheit herstellen
Um den oder die Neue erfolgreich in den Betrieb zu integrieren, ist vor allem in den ersten Monaten die Kommunikation absolut entscheidend. Langfristig sollten weitere Anreize gesetzt werden, um den Mitarbeiter an den Betrieb zu binden.
Tipps
- Führen Sie zu Beginn wöchentlich Gespräche. Hier sind aktives Zuhören und Empathie entscheidend. Wie geht es dir? Kommst du mit den Aufgaben zurecht? Versetzen Sie sich in die Lage des Arbeitnehmers, für den alles neu ist. Gerade die ersten Monate sind besonders anstrengend und intensiv. Kleine Gesten, Verständnis, lobende Worte und Feedback sind in dieser Zeit Balsam für die Seele.
- Auch moderate Lohnsteigerungen können motivieren und beispielsweise an Leistungen und Meilensteine gekoppelt sein. Wenn der neue Mitarbeiter z.B. das Besamen oder die Klauenpflege routiniert beherrscht, gibt es wie im Vorfeld festgelegt, mehr Lohn.
- Beinahe noch wichtiger als die Motivation von außen über Geld ist die eigene, innere Motivation. Diese entsteht u.a. durch das Gefühl von „wir haben es miteinander geschafft“. Dazu muss man den Menschen die Möglichkeit geben, indem man Vertrauen schenkt und das Gefühl vermittelt, das jeder einzelne Mitarbeiter wichtig ist. Vertrauen entgegen gebracht zu bekommen, erhöht das Selbstwertgefühl, die Motivation, steigert die Unternehmensbindung und ist eines der stärksten Motivatoren überhaupt!
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