Ob sich eine Beregnung im Futterbau lohnt, ist sehr individuell zu sehen. Wir haben Praktikerinnen und Praktiker gefragt, welchen Nutzen sie aus der Beregnung ziehen und welche Alternativen zur teuren Technik die Futtergrundlage sichert.
In einem Dürre-Sommer kann eine Beregnung die letzte Rettung sein. Doch der Neueinstieg ist schwierig. Eine Diskussion von Chancen und Möglichkeiten.
In diesem Artikel:
Stefan Rothe (2.800 Kühe, Brandenburg): „Beregnung im Futterbau ist für uns eine Versicherung“
Martin Hinze (75 Kühe, Niedersachsen): Geklärtes Abwasser statt Grundwasser
Bastian Buschhaus (300 Kühe, NRW): „Nur für den Mais wären mir die Kosten zu hoch“
Anne Verhoeven (Haus Riswick, 40 Kühe, NRW): „Es ist moralisch nicht vertretbar, dass wir uns gegenseitig das Wasser abgraben!“
„Beregnung im Futterbau ist für uns eine Versicherung“
Bei uns im Osten Brandenburgs gibt es durch die Flussniederung der Oder genug Wasser, um Mais anzubauen. Ackergras allerdings beregnen wir komplett. Wir haben nur 10% natürliches Grünland in schwacher Qualität, sodass wir auf unseren 4.200 ha Ackerfläche rund 250 ha Feldgras und 350 ha Luzerne für die Rationen der Kühe ergänzen. Mais und Luzerne wachsen gut, für das Gras ist die Beregnung alternativlos – wir haben seit 2001 in fünf stationäre Kreisberegnungsanlagen mit je zwei Brunnen investiert und planen derzeit auch noch eine Erweiterung.
Insgesamt sind fünf Ackerschläge mit den stationären Beregnungsanlagen ausgestattet. Auf zwei bis drei dieser fünf Schläge steht eine Ackergrasmischung (mind. 50% dt. Weidelgras, dazu Wiesenlieschgras und Wiesenrispe), der Rest wird mit Mais oder Weizen bestückt. In trockenen Jahren beginnen wir bereits vor dem ersten Schnitt. Über die gesamte Saison geben wir 200 bis 300 mm pro Jahr und Hektar: Etwa einmal pro Monat mähen, dann düngen und wenn nötig beregnen. So erreichen wir in allen Schnitten über 6,0 MJ NEL, in den ersten beiden auch über 6,5 MJ NEL. Diese Strategie sichert uns Menge und Qualität und bietet eine Art „Versicherung“. Dafür investieren wir gut zwei Euro je mm Beregnung.
Die Beregnungskosten von rund zwei Euro je mm sind uns planbare Mengen und Futterqualitäten wert. Es ist eine Versicherung – die kostet eben.
Stefan Rothe
Ohne Beregnung würden wir versuchen, eine Ration ohne Gras zu gestalten, nur mit Luzerne und Mais. Als Notlösung bei Futterknappheit würden wir einjähriges Gras oder Getreide-GPS und danach noch Zweitfruchtmais anbauen, allerdings mit sehr hohem Risiko, dass der Zweitfruchtmais aufgrund von Wasserknappheit nichts wird. Da gefällt uns unsere aktuelle Lösung besser.
Geklärtes Abwasser statt Grundwasser
Ein Teil unserer Fläche (45 von 160 ha) liegt im Beregnungsgebiet des Abwasserverbandes Braunschweig. So haben wir die Möglichkeit, Brauchwasser (geklärtes Abwasser) abzunehmen, um diese Flächen zu beregnen. Der Verband bewirtschaftet die gesamte Infrastruktur, bestehend aus vier zentralen Pumpwerken, 120 km Druckrohrleitungsnetz, 174 Regenmaschinen und vier Mitarbeitern, welche mit den Landwirten die Zuteilung auf die Flächen abstimmen und gemeinsam mit ihrem Team die Beregner versetzen. Ich bin durch meine Flächen obligatorisch Mitglied des Abwasserverbandes und muss regelmäßig Wasser abnehmen. Das ist in nassen Jahren natürlich manchmal kontraproduktiv. Dafür kostet mich die Beregnung lediglich 80 Euro pro Hektar.
Wir bauen im Beregnungsgebiet Ackergras für die Saatgutvermehrung und anschließend zur Futternutzung an. Anders als bei der Beregnung mit Grundwasser werden wir beim Brauchwasser nicht limitiert. Im vergangenen Jahr haben wir das Ackergras acht- bis zehnmal mit insgesamt 350 mm Wasser beregnet. Das sichert die Erträge bequem ab.
Ich bewirtschafte auch unberegnete Flächen außerhalb des Beregnungsgebiets, aber in futterknappen Jahren kann ich von dort beregneten Mais günstig zukaufen. Düngen wir die Flächen mit flüssigem Klärschlamm über die Anlagen mit, muss ich das ganz normal in der Düngedokumentation angeben. Eine Weidenutzung der Flächen wäre bislang nicht erlaubt, aber der Silierprozess reicht aus, um eventuell vorhandene Keime unschädlich zu machen.
Ohne die Flächen im Beregnungsgebiet wüsste ich zu deutlich höheren Kosten selbst beregnen oder einen wesentlich größeren Anteil meiner Ackerflächen für den Futterbau vorhalten – auf Kosten anderer Marktfrüchte.
„Nur für den Mais wären mir die Kosten zu hoch“
Wir sind 2017 neu in den Kartoffelanbau eingestiegen und haben mittlerweile auch zwei eigene Beregnungen angeschafft. In den ersten Jahren haben wir mit einem Kartoffelbauern zusammengearbeitet, der uns seine Beregnung ausgeliehen hat. Wir produzieren frühe Industriekartoffeln. Die sind meist bis Ende Juni fertig, sodass wir die Maschinen im Juli und August dann gut für unseren Haupt- und Zweitfruchtmais nutzen können. Die Infrastruktur und die wasserrechtliche Genehmigung waren zum Teil vorhanden.
Beim Mais kommt es nicht auf die beregnete Wassermenge an, sondern auf den richtigen Zeitpunkt. Daher braucht man viel Schlagkraft in relativ kurzer Zeit. Auch kommt die benötigte Wassermenge extrem aufs Jahr an. In trockenen Jahren haben wir sehr ergiebig mit bis zu 40 l pro m² einmal um die Blüte herum beregnet. Zweitfruchtmais, etwa auf der Hälfte der Flächen, benötigt meistens zwei Gaben.
So sichern wir die Qualität auf unseren recht leichten Böden ab und erreichen 50 bis 55 t in guter Qualität. Ohne Beregnung sind es in den trockenen Jahren 10 bis 20 t weniger bei deutlich schlechterem Futterwert.
Wir haben etwas über 100.000 Euro in die Beregnungstechnik investiert (Rollen, Pumpen, Schläuche). In Kombination mit den Kartoffeln geht das, nur für den Futterbau wäre mir das zu viel. Da würde ich eher ein zusätzliches Silo bauen und in guten Jahren einen ordentlichen Vorrat aufbauen. Auch über eine geringere Aussaatstärke von fünf bis sechs Pflanzen pro Hektar kann ich auf schwachen Standorten die Qualität sichern, auch wenn ich natürlich von Anfang an auf Ertrag verzichte.
Tipp: In ackerbaulich intensiv genutzten Regionen lasten manche Landwirte ihre Maschinen aus, indem sie im Lohn beregnen. Auch eine Kooperation mit einem Gartenbaubetrieb ist denkbar! Und wer eine Beregnung ohnehin nur als Versicherung benötigt, kann (bei vorhandenem Brunnen) gebrauchte Technik oft schon für die Hälfte kaufen!
„Es ist moralisch nicht vertretbar, dass wir uns gegenseitig das Wasser abgraben!“
Ich halte es für kritisch, Silomais, Gras- oder Weideflächen zu beregnen. Wasser wird zukünftig knapp – die Beregnenden graben den anderen das Wasser ab. Allerhöchstens dürfte es eine sehr effiziente Technik sein, wie z.B. eine Tröpfchenbewässerung. Viel besser finde ich, am Humusgehalt des Bodens zu arbeiten, um die Wasserhaltefähigkeit zu verbessern. Als Nebeneffekt vermindert Carbon Farming durch organischen Dünger oder Zwischenfrüchte Erosionen, ermöglicht stabilere Erträge und wirkt dem Klimawandel entgegen.
Das geht auch im Grünland:
Mob Grazing ist eine Art Portionsweide in höherem Pflanzenbestand. Die Kühe werden bei hoher Besatzdichte nur einige Stunden auf die Fläche getrieben, fressen die Spitzen und trampeln das ältere Gras zur Förderung des Bodenlebens in den Boden. Anschließend ruht die Weide je nach Witterung und Zuwachsverhalten zwischen 20 und 60 Tage. Zusammen mit Kot und Harn der Tiere hält die so entstehende Mulchschicht Nährstoffe und Feuchtigkeit im Boden. Das
Netzwerk Mob Grazing bietet weitere Informationen. Es wird spannend, das künftig weiter zu erforschen.