Milchmarkt

FrieslandCampina verkauft „Deutschland“ an Müller 

FrieslandCampina verkauft seine deutschen Marken Landliebe, Tuffi und Südmilch sowie drei Milchwerke an Müller.  +++ Ein Kommentar +++

Die niederländische Molkereigenossenschaft FrieslandCampina löst sich vom deutschen Milchmarkt. Wie das Unternehmen heute mitteilte, habe man sich dazu entschieden, unter anderem die Marken Landliebe, Tuffi, Südmilch, Puddis und Mondelice sowie die drei Produktionsstandorte in Köln, Heilbronn und Schefflenz an den Konkurrenten Theo Müller (Müller Milch) zu verkaufen. Der Verkauf wurde noch nicht offiziell bestätigt. Die 750 Mitarbeiter wurden heute Morgen informiert.
Fortsetzen wird FrieslandCampina hingegen das erfolgreiche Geschäft seiner internationalen Marken wie Chocomel und Valess und einiger im Ausland produzierter Handelsmarken in Deutschland.

Was bedeutet dies für die deutschen Milcherzeuger?

Hintergrund: Im vergangenen Jahr (2021) setzte der deutsche Ableger von FrieslandCampina etwa 960 Mio. Euro um. Die Umsätze sind seit Jahren rückläufig, weshalb ein Sparprogramm dem Nächsten folgte – anscheinend ohne Erfolg. Seit Jahren bereits schreibt FrieslandCampina in Deutschland rote Zahlen. „Die Fabrikstruktur lässt uns keine andere Wahl“, teilte das Unternehmen gegenüber Elite mit. „Wir erwirtschaften den Garantiepreis einfach nicht mehr.“
FrieslandCampina wird weiterhin die Milch seiner 620 deutschen Mitglieder (450 Mio. kg) sammeln und verarbeiten. Damit haben die Milcherzeuger weiterhin Anspruch auf den FrieslandCampina-Garantiepreis, die Barnachzahlung, die namentliche Rücklage und gegebenenfalls auf etwaige Zuschläge. Für die deutschen Genossenschafts-Mitglieder bleiben zudem die mit der Mitgliedschaft in der Genossenschaft verbundenen Rechte und Pflichten unverändert.
Bis Ende 2023 wird FrieslandCampina die Milchwerke, die ab dem 1. Oktober 2022 zu Müller Milch übergehen sollen, weiter beliefern. „Danach sehen wir weiter, wir sind zuversichtlich die Milch deutlich besser verwerten zu können als bisher.“ Geplant ist zumindest einen Teil der Milch in „Partnerschaften“ (DMK, Hochwald) zu verarbeiten.
Anders stellt sich die Situation für die deutschen zuliefernden Nichtmitglieder-Milcherzeuger dar (ca. 120 Mio. kg in Heilbronn). Diese werden künftig an Müller liefern müssen, der neue Eigentümer wird die Verträge übernehmen.

Müller zieht mit DMK gleich

Durch den Kauf des Deutschland-Geschäfts von FrieslandCampina und der damit verbundenen Übernahme der drei Produktionsstandorten in Köln, Heilbronn und Schefflenz erreicht Marktführer Theo Müller einen riesigen Sprung auf dem heimischen Markt. Das deutsche Markengeschäft von FrieslandCampina beträgt etwa 1 Mrd. Euro Jahresumsatz. Stefan Müller, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Unternehmensgruppe Theo Müller (UTM) sagt: „Wir sind überzeugt, dass der Kauf unser erfolgreiches Molkereiportfolio auf dem deutschen Markt hervorragend ergänzt und einen positiven Beitrag zum Wachstumskurs der Unternehmensgruppe Theo Müller leisten wird." Müller dürfte damit beim Umsatz mit dem Deutschen Milchkontor (DMK) gleichziehen.
Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt der üblichen Abschlussbedingungen, einschließlich der Zustimmung des Mitgliederrats von FrieslandCampina und der deutschen Wettbewerbsbehörden. Am 20. Juni wird der Mitgliederrat von FrieslandCampina über dem Verkauf entscheiden. Es wird erwartet, dass die Transaktion Ende des Jahres bereits abgeschlossen ist.  Zu den finanziellen Aspekten dieser Transaktion werden keine Aussagen gemacht.

Kommentar: Schmerzlich für die Milcherzeuger aber konsequent!

Die Genossenschaft FrieslandCampina (FC), ein Unternehmen, das den genossenschaftlichen Gedanken immer mit großer Leidenschaft propagiert und verteidigt hat, verkauft nun sein Deutschland-Geschäft an den Turbo-Kapitalisten Theo Müller. Das gibt zu denken … in mehrerlei Hinsicht:
- Mit Landliebe hat das Molkereiunternehmen sich als Vorreiter in den Punkten Regionalität und Nachhaltigkeit präsentiert. Anscheinend hat das der deutsche Verbraucher aber nicht ausreichend gewürdigt – oder der LEH hat bewusst eine angemessene Preisbildung verhindert. Obwohl die Marke Landliebe sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt hat, ist sie anscheinend eine „nice to have“ aber keine „must have“- Marke. Sehr schade, der Verbraucher mags am Ende eben doch lieber günstig. Dass viele beim Einkauf so denken, daran trägt der LEH eine große Mitschuld, denn er verhindert konsequent, dass solche Premium-Milchprodukte auch fair bezahlt werden. Aus reiner Gier auf möglichst hohe Margen trägt der LEH dazu bei, solche Marken bewusst ins Abseits zu schieben.
- Fast könnte man geneigt sein zu glauben, dass das Prinzip einer Genossenschaftsmolkerei und Größe nicht zusammenpassen. FrieslandCampina galt über Jahre hinweg in der Branche als Leuchtturm: Groß und dennoch innovativ und vor allem wirtschaftlich! Neidisch haben tausende (vorallem nord- und ostdeutsche) Milcherzeuger Jahr für Jahr auf die Milchgeldabrechnungen der FC-Genossen geschaut. Wenn die aufgeht, dann dürfte dies auch so bleiben, dann werden FrieslandCampina-Milcherzeuger auch künftig von außergewöhnlich guten Milchpreisen profitieren. Denn was FrieslandCampina auszeichnet ist die klare (niederländische) Maxime, unprofitable Sparten abzustoßen – selbst, wenn es „Größe“ kostet. Schon vor Jahren hat das Unternehmen bereits den Ausstieg aus der Milchabfüllung unter den Labeln der Handelsmarken gewagt. Um das Premiummarkengeschäft in Deutschland aufrechterhalten zu können, hätte FrieslandCampina kräftig investieren müssen – vorallem in die Milchverarbeitung. Aber unter dem Preis-Diktat des LEH hätte sich das nicht mehr gerechnet. „Das hätte letztlich Milchgeld gekostet“, erklärte ein Insider gegenüber Elite. „Unser Anspruch ist aber die Auszahlungsleistung für unsere Mitglieder hochzuhalten!“ Das ist konsequent – kein Wachstum um jeden Preis. Chapeau!
Und wieso kann es dann Theo Müller? Wie will es der innovative Müller-Clan schaffen, Marken wie Landliebe rentabel am Markt zu halten? Wer Müller kennt, der weiß, dass in dem Konzern alles dem Profit untergeordnet wird (was ja grundsätzlich nicht verwerflich ist!). So wird z.B. in großem Umfang günstig Milch in Osteuropa eingekauft und dann in Deutschland eingetütet … wahrscheinlich auch in die Verpackungen der Premiummarken Müller Milch und Weihenstephan. Zudem verfügt Müller anscheinend über eine bessere Werksinfrastruktur oder Partner, die nicht benötigte Milchbestandteile günstig weiterverarbeiten. Klar ist nur, dass in Anbetracht der Größe sich künftig der LEH schwertun wird, einen Müller auszulisten (bei FrieslandCampina ist ihm das im letzten Jahr noch phasenweise gelungen). 
Gregor Veauthier

Die Milchmenge soll bis 2030 stabil gehalten werden

Um auf dem wachsenden Weltmarkt für Milchprodukte auch in Zukunft aktiv mitspielen zu können, hat FrieslandCampina in der Unternehmensstrategie „Kurs für 2030“ kürzlich erst das Ziel definiert, den Umfang der Milchverarbeitung stabil zu halten, bei rund 10 (11) Mrd. kg Milch. Damit das gelingt, sollen die genossenschaftlichen Mitgliedsbetriebe ihre Anlieferung aber ausdehnen dürfen. Auch werden neue Milcherzeuger gesucht – auch in Deutschland. Das klingt eher nach Aufbruch als nach Resignation!

FrieslandCampina in Zahlen

In Deutschland hat FrieslandCampina noch rund 570 Mio. kg Milch eingesammelt und verarbeitet. (Bildquelle: Friesland Campina)

FrieslandCampina entstand am 31. Dezember 2008 durch die Fusion von Friesland Foods und Campina BV. Der deutsche Zweig des Unternehmens ging 1996 aus der ehemaligen Südmilch AG hervor. 1998 sind die damaligen Milchwerke Köln Wuppertal (MKW) ein Joint-Venture mit der damaligen Campina eingegangen. 2003 wurden die deutschen Genossenschaftsmitglieder von Campina übernommen.
– Umsatz 2021: 11.501 Mio.€ (dav. 6.134 Mio. € in Europa)
– Betriebsergebnis 2021: 355 Mio. €
– Milchanlieferung: 9.745 Mio. kg (dav. 580 Mio.kg in Deutschland)
– Mitglieder (Milcherzeuger): 10.564 in den Niederlanden, Deutschland und in Belgien
Bislang rangierte FrieslandCampina an Platz 4 im europäischen Molkereiranking hinter Lactalis (20 Mrd €.), Nestle (18 Mrd. €) und Danone (15 Mrd. €).
Quelle: FrieslandCampina
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