Wann lohnt es sich, regenerative Energien im Betrieb einzusetzen? Eine Betrachtung für Biogas, Solar und Wind – mit Optimierungsideen für Photovoltaik!
Auf Milchkuhbetrieben fällt ein Strombedarf zwischen 350 und 600 kWh pro Kuh und Jahr an. Rund 60 % davon entfallen auf das Melken und die Milchkühlung. Mit frequenzgesteuerten Vakuumpumpen und Platten- oder Rohrvorkühlern lässt sich bereits eine Menge Energie einsparen. Auch eine Beleuchtung mit LEDs senkt den Energiebedarf.
Einen Teil der benötigten elektrischen Energie selbst zu produzieren trägt zur Nachhaltigkeit bei und spart im Idealfall sogar Geld. Für Milchkuh betriebe eignen sich v. a. der Einsatz von Photovoltaik- und von kleinen Biogasanlagen auf Güllebasis (75 KW).
Fällt Strom an, wenn er benötigt wird?
Soll selbstproduzierter Strom genutzt werden, müssen zunächst die Hauptstromverbräuche (Lastspitzen) erfasst werden. Im zweiten Schritt muss dann abgeglichen werden, ob sich die Stromproduktion mit diesen deckt. Vor allem beim konventionellen Melken ist dies bei Photovoltaik (PV) meist nicht der Fall, weil nicht beständig Strom abgenommen, sondern zweimal täglich viel Energie auf einmal benötigt wird. Batteriespeicher könnten die Energie zwar bereitstellen, doch Geräte, die auf den Bedarf des zweimaligen Melkens ausgerichtet sind (große Energieabgabe in kurzer Zeit), sind derzeit noch sehr teuer. Besser klappt dies bei automatischem Melken, da hier eine kontinuierliche, über den Tag verteilte Stromabnahme erfolgt.
Um den Strom von Photovoltaik-Anlagen selbst zu nutzen, eignet sich bei Melkständen eine Eiswasserkühlung.
(Bildquelle: Neiber)
Eiswasserkühlung nutzt PV-Strom
Für die Zwischenspeicherung von Solarstrom ist der Einsatz einer Eiswasserkühlung beim konventionellen Melken eine praktikable Lösung. Hierbei wird unabhängig von den Melkzeiten in einem im Milchtank integrierten oder separaten Eisspeicher ein Kältevorrat aufgebaut, der nach dem Melken zur Milchkühlung zur Verfügung steht. Bei herkömmlichen Kühlanlagen deckt der Strom aus einer PV-Anlage den Energieaufwand für die Milchkühlung am Vormittag annähernd ab. Mit einem Eisspeicher könnte auch die Kühlung am Abend durch regenerativen Strom erfolgen. Je nach Anlagengröße lässt sich mit einer Eiswasserkühlung der Eigenstromverbrauch um bis zu 20 % erhöhen. Ein umfangreiches Rechenbeispiel zu einer Eiswasserkühlung finden Sie in Elite 1/2016 (Link). Mittlerweile bieten zudem erste Melktechnik-Hersteller ein Technik-Paket zur Eigenstromnutzung an (Link).
Optimieren lässt sich der Eigenstromverbrauch aus Photovoltaik-Anlagen, wenn die Paneele in Ost-West-Richtung ausgerichtet werden (verlängert die Einstrahlungszeiten und passt besser zu zweimaligem Melken). Die Produktionskosten liegen derzeit bei etwa 6 bis 8 ct/kWh Sonnenstrom.
Chance für Solarstrom: Mehr „e“ im Betrieb
Die zunehmende Elektrifizierung (eAutos, eRadlader, Ventilatoren, Spaltenroboter, …) dürfte noch mehr Abnehmer für Sonnenstrom schaffen. Perspektivisch wird ein Markt entstehen für ausgemusterte, günstige Batterien aus dem Mobilitätssektor, die eine verringerte Kapazität aufweisen, aber zur stationären Weiternutzung genutzt werden können.
Tipp: Theoretisch passt zu PV-Anlagen eine eigene kleine Windenergieanlage (KWEA), denn am meisten Wind gibt es in den Wintermonaten (geringe Sonneneinstrahlung). Eine KWEA ist im landwirtschaftlichen Betrieb im Außenbereich genehmigungsfähig, allerdings muss der Eigenverbrauch dazu mehr als die Hälfte der Erzeugung betragen. Bei Kosten von 15 bis 30 ct/kWh sind solche Anlagen wohl eher in Küstenregionen rentabel.
Biogas in Kombination mit Güllelager
Kleine, mit Gülle betriebene 75 kW-Biogasanlagen lohnen sich vor allem dann, wenn ein Güllelager schon vorhanden ist oder ohnehin gebaut werden muss. Im Gegensatz zu größeren Biogasanlagen laufen Kleinbiogasanlagen hauptsächlich mit Gülle und Mist (max. 20 % NawaRo). Nötig sind neben freier Arbeitskapazität von etwa einer Stunde pro Tag, Gülle oder Mist von mindestens 180 GV Rindvieh. Ab ca. 250 Kühen plus Nachzucht kann die Anlage auf 75 kWh gefahren werden, andernfalls ist eine Gülleaufnahme angeraten.
Für die Zukunft bauen
Betriebe mit weniger als 250 Kühen sollten auch dann das Güllesystem „biogaspassend“ bauen (Schieberentmistung, kein Lagerraum unter dem Stall, Genehmigung auch für Gärrestelagerung etc.), wenn sie derzeit noch keine Anlage errichten.
Sollten künftig „Minibiogasanlagen“ (30 bis 40 kW) höher gefördert werden oder durch Klimaauflagen die Vergärung von Gülle/Mist zur Pflicht werden, ist eine Nachrüstung oder eine Kooperation mit einer bestehenden Biogasanlage einfach möglich. 75 kW-Biogasanlagen eignen sich zwar nur bedingt zur Wärmenutzung (z. B. zum Heizen verschiedener Einfamilienhäuser), können aber positive Nebeneffekte bieten (Unterstützung bestehender Heizungsanlagen, Arbeitskomfort durch Fußbodenheizung im Melkstand, Querfinanzierung des Lagerraums für den Milchkuhstall, …).
Baukosten niedrig halten!
Eine 75 KW-Kleinbiogasanlage kann bis zu 30.000 € an zusätzlichem Einkommen beisteuern (Übersicht 1). Allerdings müssen zuvor in aller Regel zwischen 600.000 und 1 Mio. € , abhängig vom zu erstellenden Lagerraum, investiert werden. Daher sind niedrige Baukosten der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg einer Biogaskleinanlage.
Übersicht 1: Kalkulation einer 75-kW-Biogasanlage
Tipp: Eine an den unterschiedlichen Abschreibungszeiträumen (BHKW, Technik, Gebäude/Behälter) orientierte Finanzierung in drei Krediten mit entsprechender Laufzeit hilft, Liquiditätsengpässe nach acht bis zehn Jahren Betriebszeit zu vermeiden.