Kommentar

Die Menschenwürde achten

Peter Frizen, Berufsschullehrer, nimmt einen Rechtsruck und immer stärkere radikale Tendenzen in seinen Klassen wahr. Ein Aufruf, hinzuschauen.

Peter Frizen

Rinderhalter und Berufsschullehrer

Eine Berufsschule ist nicht nur dazu da, den Jugendlichen etwas über Kühe, Futterbau oder Technik beizubringen. Die Themen reichen, wie in jeder anderen Schule, in den Alltag der Schülerinnen und Schüler hinein. In den Gesprächen und Diskussionen nehme ich jedoch immer häufiger rechtsradikale Tendenzen wahr: „Wir können nicht die ganze Welt aufnehmen, die sollen bleiben, wo sie hergekommen sind!“
Aussagen wie diese hört man auch im Fachunterricht – obwohl in nahezu jeder Klasse Schülerinnen und Schüler mit nicht-deutscher Herkunft sitzen. Doch auch der ständige, persönliche Kontakt hilft offensichtlich nicht, Vorurteile abzubauen.

Gespräche verrohen

Die Geschwindigkeit, mit der nicht nur die Sprache verroht, sondern auch die Zahl dieser Beispiele zunimmt, beunruhigt mich. Natürlich arbeiten wir in einer recht konservativen Branche. Hier hat Tradition einen hohen Stellenwert. Traditionen bewahren neben Überzeugungen, Ideen und Handlungsweisen auch betriebliche Abläufe. Sind diese mit einer guten wirtschaftlichen Lage und persönlichem Glück verbunden, werden Traditionen leicht zur „guten, alten Zeit“.
Natürlich habe ich Verständnis für die Sorgen von jungen Erwachsenen – das müssen wir ernst nehmen.
Peter Frizen
„Früher sind wir auch ohne Einwanderer ausgekommen und uns ging es besser“ – Sätze wie diese machen etwas mit den Auszubildenden. Sie hören und fühlen, wie auf bessere Lebensphasen angespielt wird.
Die aktuelle Zeit ist schnelllebig, eine Krise „jagt“ die nächste, sei es politisch oder in Form von Naturkatastrophen. Hinzu kommt ein schlechtes Bild der Landwirtschaft in unserer Gesellschaft. Daher habe ich Verständnis für Verunsicherungen, vor allem für die Sorgen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Jetzt dagegenhalten!

Wir müssen diese Sorgen ernst nehmen. Aber: Ich bin strikt dagegen, sich von Angst und Unsicherheit in die Hände von „Bauernfängern“ treiben zu lassen! Wir müssen entschieden dagegenhalten, wenn Fremde verunglimpft und diskriminiert werden. Nur so leben wir unsere im Grundgesetz verankerten Überzeugungen. Menschenwürde und das Recht auf freie persönliche Entfaltung dürfen keine leeren Worthülsen sein!
Ich bin strikt dagegen, sich von Angst und Unsicherheit in die Hände von „Bauernfängern“ treiben zu lassen!
Peter Frizen
Gerade Landwirte erwarten von ihren Mitmenschen im Alltag Vertrauen in ihre Entscheidungen und Anerkennung für ihren Lebensentwurf. Da steht es uns schlecht zu Gesicht, im Gegenzug „fremde" Entscheidungen pauschal abzuwerten. Wir sollten uns auf unser Ziel und unseren gesellschaftlichen Auftrag konzentrieren, nämlich mit gesunden Kühen hochwertige Lebensmittel zu produzieren. Vielerorts wird das in Zukunft (nur noch) mit ausländischen Mitarbeitern gehen.

Mitarbeiter zu führen, die kaum Deutsch sprechen, ist anspruchsvoll. Doch wer sich hier Mühe gibt, profitiert auf vielen Ebenen!

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