"Am besten ist es immer, die Kuh zu lesen und verstehen zu wollen, was sie will und was sie benötigt. So kann man Kühen viel besser helfen, anstatt ihnen ein Allheilmittel zu verabreichen, das nur das Symptom löst. Das funktioniert nämlich nicht“, sagt Doron Bar (61), wenn man ihn nach einem Tipp für Milchkuhhalter fragt. Bei der Brunsterkennung plädiert er dafür, das natürliche Brunstverhalten der Kuh zu erkennen und zu verstehen, anstatt sie mit Hormonen zu manipulieren.
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"Am besten ist es immer, die Kuh zu lesen und verstehen zu wollen, was sie will und was sie benötigt. So kann man Kühen viel besser helfen, anstatt ihnen ein Allheilmittel zu verabreichen, das nur das Symptom löst. Das funktioniert nämlich nicht“, sagt Doron Bar (61), wenn man ihn nach einem Tipp für Milchkuhhalter fragt. Bei der Brunsterkennung plädiert er dafür, das natürliche Brunstverhalten der Kuh zu erkennen und zu verstehen, anstatt sie mit Hormonen zu manipulieren.
Kühe beobachtet Doron Bar schon seit seiner Jugend. Mit 15 Jahren trat er in einen Kibbuz ein und arbeitete sich dort bis zum Herdenmanager hoch. Allerdings geriet er im Kuhstall immer wieder mit dem Tierarzt in Konflikt, weil er nicht immer mit dessen Methoden einverstanden war. Der erklärte ihm daraufhin: „Wenn du so schlau bist, dann mach es doch besser!“ Da stand Dorons Entschluss fest: Er wollte Tierarzt werden.
Also zog er in die Schweiz und studierte dort an der Universität in Bern Tiermedizin. Deutsch brachte er sich in seinem ersten Jahr in der Schweiz selbst bei, das hatte er bis dato nicht gesprochen. Bis heute hat er sich einen charmanten Schweizer Dialekt bewahrt. Nach dem Studium arbeitete er ein Jahr als Tierarzt in Emmental. Doch die kalten Schweizer Winter gefielen ihm nicht, die Sehnsucht nach der trockenen Hitze seiner Heimat zog ihn wieder nach Israel.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Zurück in Israel nahm er eine Stelle an der Universität in Jerusalem an. Zu dieser Zeit kamen die ersten Milchmengen-Messungen auf den Markt. Da Doron gerne mit Zahlen arbeitet und programmiert, bat er darum, diese Zahlen auswerten zu dürfen „Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, erklärt er. Das war 1983. "Ich hatte einen kleinen Computer und habe Milchdaten ausgewertet“.
Dass er der einzige Tierarzt war, der programmieren konnte, sprach sich schnell herum. Also half er bald darauf einem aufstrebenden israelischen Unternehmen für Management-Lösungen dabei, kranke Kühe in einem Herdenmanagement-Programm zu filtern. Als Bestandstierarzt filterte er auch immer wieder die Statistiken. „Ich konnte dort wirklich was bewegen und die Fruchtbarkeit und die Gesundheit in den Kuhställen verbessern. Da wacht man am Morgen auf und geht mit Freude zur Arbeit“, erklärt er seine frühen Jahre als Tierarzt.
Die Debatte um sinkende Fruchtbarkeitsleistungen bei Hochleistungskühen kann er nicht verstehen. Seine Erfahrungen haben ihn gelehrt: Die Voraussetzungen für hochleistende Milchkühe und gute Fruchtbarkeit sind dieselben.
Auch die Ökonomie spielt eine Rolle
Irgendwann begann Doron, sich auch mit den ökonomischen Fragen der Tiergesundheit auseinanderzusetzen. Mit den israelischen Kalkulationen der Schadenshöhe im Krankheitsfall war er dabei nicht einverstanden. Diese gingen von singulären Zusammehängen zwischen Krankheit und Folgen aus. „In einer Kuhherde beeinflusst alles alles“, erklärt er, „die Landwirte sind nicht dumm. Wenn ich einem Milcherzeuger erkläre, dass er eine halbe Million Schekel verliert, weil er zu viele Eutererkrankungen hat, dann fragt er zurecht: ‚Aber wo liegt das Geld denn genau?‘“
Heute muss jeder Landwirt auch ein Unternehmer sein. Allein ein Kuhmensch zu sein, reicht nicht mehr aus.“
Doron Bar
Um diese und andere Fragen beantworten zu können, wollte er ein Modell entwickeln, das dem Landwirt die Entscheidung bei kranken Kühen erleichtert, wann sie behandelt, besamt oder ausgemustert werden sollen. Also zog er 2003 mit seiner Frau und den vier Kindern in die USA, um dort an der renommierten Cornell- Universität einen zweiten Doktortitel zu erlangen. „Ich wollte nie ein alter praktizierender Tierarzt sein. Denn mit 65 ist es nicht mehr so leicht, eine gute Klauenpflege durchzuführen“, erklärt er den Tapetenwechsel. Seine Kinder sollten ohnehin Englisch lernen.
An der Universität Cornell (New York, USA) entwickelte er ein statistisches Modell für die Berechnung der wirtschaftlichen Verluste bei Mastitis. Nebenbei sammelte er unzählige Milchdaten auf US-amerikanischen Milchkuhbetrieben und baute eine Mastitis-Datenbank auf. Zu seinem 50. Geburtstag beschenkte er sich mit seinem zweiten Doktortitel. Dabei half ihm auch sein Nachbar, zufälligerweise ein Professor für Mathematik und Experte auf dem Gebiet der theoretischen Grenzen des Computers. Als Doron ihm von seinem geplanten Modell für die Berechnung der Mastitis-Kosten erzählte, schwieg der Nachbar kurz und erklärte ihm, dass ein Computer dieses Problem in etwa 35 Jahren lösen können würde. Also modellierte Doron eine Gleichung für mehrere kleinere Probleme.
Erfinder und Chef der Wissenschaft bei SCR
Nach seiner Rückkehr nach Israel im Jahr 2007 heuerte er bei SCR Engineers an. Das israelische Unternehmen, das sich in seinen Anfangsjahren auf elektromechanische Vorrichtungen für Molkereien, Pulsatoren und automatische Melkzeugabnahmen spezialisiert hatte, ist unter anderem für die Brunsterkennungssysteme Heatime und SenseTime verantwortlich. Bei SCR ist Doron Bar heute leitender Wissenschaftler.
Zu Beginn arbeiteten sie dort an Technik für verschiedene Unternehmen. Dort entwickelte er z. B. Milchmengenmesser für die Anlagen von DeLaval oder die ersten Halsbänder von Lely, die mit Aktivitätsmessern ausgestattet waren. In den letzten Jahren hat er an der neuen Generation der Brunsterkennungsgeräte mitgearbeitet, SenseTime. Das System misst über Hals- oder Ohrensender Gesundheits- und Brunstdaten. Diese Daten sendet es in Echtzeit an ein mobiles Gerät weiter.
Tüfteln und Basteln – auch in der Freizeit
Der technische Fortschritt in der Milchviehhaltung ist enorm und hält weiterhin Einzug in die Kuhställe. Melken, Füttern und die Brunsterkennung sind automatisierbar und können dem Landwirt von Maschinen abgenommen werden. Auch für Doron Bar bietet die Forschung noch viel Potenzial. Deswegen forscht er neben der Brunsterkennung auch zur automatischen Krankheitserkennung und zum Hitzestress bei Milchkühen. Dabei helfen ihm seine eigenen Erfahrungen als Herdenmanager im Kibbuz.
„Ich weiß, was die Bauern wollen. Denn ich war früher selber einer“
erklärt Doron Bar die Leidenschaft für das Entwickeln neuer Techniken.
Damit er sich so viel wie möglich mit Kühen beschäftigen kann, hat er seine Arbeit bei SCR etwas reduziert. In seiner Freizeit arbeitet er bei einem kleinen, privat-finanzierten Forschungsprojekt, das sich mit dem natürlichen Trockenstellverhalten von Kühen beschäftigt.
Fragt man ihn, wie ein Milchviehstall in 30 Jahren aussehen wird und ob der technische Fortschritt dann so weit ist, dass alle Arbeitsschritte von automatisierten Geräten übernommen werden können, dann antwortet er:
Kühe weltweit - bald auch Elefantenkühe?
Wenn man ihn nach den Unterschieden zwischen den deutschen Landwirten von ihren israelischen Kollegen fragt, sieht Doron viele Gemeinsamketen. „Da sind viele gleich, die amerikanischen, die dänischen, die deutschen Milcherzeuger. Nur in China ist es anders. Da ist der Besitzer nie eine richtige Kuh-Person. Aber sonst ist es wie eine Infektion, wenn man Kühe mag. Wenn du Kühe gerne hast, dann spielt es keine Rolle, wo du hingehst, dann hast du sofort einen Draht zum Landwirt.“
Doron selbst will weniger arbeiten und sich langsam aus der Arbeitswelt herausziehen. Er möchte mehr mit der Familie unternehmen und mehr Zeit für seine Kinder haben. In ein paar Jahren möchte er ganz aufhören zu arbeiten. Seine Frau möchte dann am liebsten eine Europareise mit dem Wohnmobil machen. Er würde lieber in Botswana wilde Tiere beobachten, genauer gesagt: das Verhalten wilder Tiere. "Und wer weiß, vielleicht gehe ich dann an dort auch an die Universität und unterrichte Milcherzeuger in der Wüste, wie sie dort ihre Kühe besser verstehen können", sagt er und lacht. Zuzutrauen wäre ihm auch das.
Sivan Rosenfeld ist die Frau, die in Israel den Umgang mit Kühen revolutioniert. Die israelische Tierärztin erklärt den Landwirten, ihren Kunden, wie Kühe die Welt sehen.
Schimmelpilze produzieren unsichtbare Gifte, die schwere Folgen für Rinder mit sich ziehen. Besonders Fruchtbarkeitsstörungen können einen Hinweis auf Kontaminationen der Silagen liefern. Sicher...