Die Nachfrage nach Bio-Milch und ökologischen Milchprodukten steigt seit Jahren an. Die Corona-bedingten Einschränkungen und die Verlagerung weg von der Gastronomie zu mehr Inhouse-Konsum hat die private Nachfrage nach Bio-Trinkmilch weiter angekurbelt. In nahezu allen Segmenten kauften die privaten Haushalte in 2020 mehr ökologisch erzeugte Produkte ein. Vor allem Konsummilch, Milchrahmerzeugnisse und Käse waren rege gefragt, so die AMI-Analyse der GfK-Haushaltsgespräche.
Seit 2015...
Die Nachfrage nach Bio-Milch und ökologischen Milchprodukten steigt seit Jahren an. Die Corona-bedingten Einschränkungen und die Verlagerung weg von der Gastronomie zu mehr Inhouse-Konsum hat die private Nachfrage nach Bio-Trinkmilch weiter angekurbelt. In nahezu allen Segmenten kauften die privaten Haushalte in 2020 mehr ökologisch erzeugte Produkte ein. Vor allem Konsummilch, Milchrahmerzeugnisse und Käse waren rege gefragt, so die AMI-Analyse der GfK-Haushaltsgespräche.
Seit 2015 liegt der Preis, den Bio-Milcherzeuger ausbezahlt bekommen, ungefähr stabil bei 48 Ct je kg netto (rund 15 Cent über der Vergütung für konventionelle Milch, Übersicht X). Da stellt sich die Frage, warum nicht mehr Milcherzeuger auf die Erzeugung von Biomilch umstellen. Theoretisch müsste Biomilch doch die deutsche Milchproduktion „retten“ können, da sie die Milcherzeuger aus dem Tal der niedrigen Milchpreise herausführen kann? Nein, leider nicht, denn …
- auch wenn der Absatz von Biomilch stetig wächst, handelt es sich hier nur um eine Marktnische. Daran dürfte sich auch in absehbarer Zeit grundlegend nichts ändern, selbst wenn der Absatz in den kommenden Jahren weiter zulegt. Aktuell hat die Biomilch hat gerade mal einen Anteil von 4 % an der gesamten Milchmenge;
- nur einige wenige Molkereien nehmen neuen Milchlieferanten auf, die Molkereien waren nach der großen Umstellungswelle Mitte der letzten Dekade bewusst auf die Bremse getreten, um die Mehrmengen erfolgreich am Markt unterzubringen;
- rund ein Drittel der in Deutschland verarbeiteten Biomilch kaufen die Molkereien in kostengünstig Österreich und Dänemark;
- die Kosten für die Erzeugung von Bio-Milch steigen. Ein vollkostendeckender Bio-Milchpreis liegt nach Angaben mehrerer Studien bei deutlich über 50 Cent/kg; der Auszahlungspreis liegt jedoch unter dieser Schwelle. Auch die Biomilchproduktion verspricht letztlich also kaum hohe Margen;
- regionale Milchmarkenprogramme punkten zunehmend im Image-Wettlauf mit Bio-Produkten. Viele Verbraucher entscheiden sich mittlerweile für Lebensmittel aus der Region, auch wenn diese nicht Bio zertifiziert sind. Der Absatz im LEH dürfte deshalb auch nicht explodieren.
Regional ist das neue Bio
Bio war lange Zeit das Versprechen einer besseren Welt, allein Bio-Milchprodukten wurden Attribute wie Tierwohl (u.a. Weidegang), den Verzicht auf Importfuttermittel (Soja, Palmfette) sowie auf Antibiotika und Hormone zugeschrieben. Doch das hat sich mit der Einführung von Markenprogrammen wie z.B. Landliebe, Weide-, Heu- oder Tierschutzmilch geändert. Denn Milchprodukte aus diesen Programmen sprechen nicht selten auch Verbraucher an, die nicht nur auf den Preis, sondern auch auf Nachhaltigkeit achten. Sie vertrauen darauf, dass trotz konventioneller Landwirtschaft nicht fahrlässig mit Dünge- und Spritzmitteln umgegangen wird. Mit dem Kauf regional erzeugter Milchprodukte hoffen sie zudem lokale Milcherzeuger zu unterstützen.
Naturgemäß sehen das die großen Bio-Anbauverbände anders. Sie weisen darauf hin, dass die Anforderungen der verschiedenen Bio-Siegel im Hinblick auf die Produktionsbedingungen nicht nur deutlich anspruchsvoller sind, sondern dass nur bei Bio das Gesamtpaket, bestehend aus einer umweltfreundlichen Landwirtschaft (Klimaschutz) und einer gesunden Ernährung zu haben ist, so Gerald Wehde Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation bei von Bioland gegenüber Elite. Unterstellt wird also, dass derjenige, der zu Bioprodukten greift, sich bewusst für eine nachhaltige, zukunftsweisende Landwirtschaft und einen Wechsel in der Agrarpolitik entscheidet.
Auch Vorgaben für Bio verschärfen sich
An dieser These mag sicherlich etwas dran sein, aber dennoch dürfte der Biomilch bzw. Biomilchprodukte stärker unter Druck geraten – besonders im Bereich der Milchproduktion. Schließlich gleichen sich die Produktionsweisen immer weiter an, denn zunehmend mehr Milcherzeuger produzieren mittlerweile sehr „naturnah“ und schon fast nach ökologischen Prinzipien. Seit der Einführung der GVO-freien Fütterung (zwei Drittel der konventionellen Milch sind bereits GVO-frei) kommen alsbald fast ausschließlich noch in Europa „produzierte“ Kraftfutterkomponenten zum Einsatz. Durch Greening-Vorgaben und auch klimatisch bedingt, müssen konventionelle Betriebe, die sich im Futterbau in der Vergangenheit stark auf Gras und Mais konzentriert haben, ihre Fruchtvielfalt und -folge ausweiten.
Seit der Verschärfung der Dünge-VO wird zudem auf Gras und Silomais weniger Mineraldünger ausgebracht, das Thema Glyphosat ohnehin bald Geschichte. Auch unterscheiden sich die Haltungsbedingungen kaum mehr: Moderne Laufställe sind zumeist offen, der Platz pro Kuh groß bemessen, viele konventionelle Betriebe gewähren ihren Kühen Auslauf und Weide. Behandlungen mit Antibiotika und Hormone werden allein schon aus wirtschaftlichen Gründen auf das Notwendige begrenzt (u.a. selektives Trockenstellen). Weitere Restriktionen durch die Milchverarbeiter bzw. durch den Handel werden diesen Annäherungsprozess in den kommenden Jahren sicherlich weiter beschleunigen. Bio gibt’s dann bald fast schon ohne Siegel.
Bio steht mittlerweile für Genuss und Qualität und nicht mehr für ideologische Diskussionen, glaubt Klaus-Dieter Koch von der Markenberatung Brandtrust. Letztlich hängt die Kaufentscheidung für Biomilch-Produkte – im Kontext allgemeiner „Budgetrestriktionen“ – entscheidend davon ab, ob sich biologische Milchprodukte ausreichend und glaubwürdig von konventionellen Produkten unterscheiden. Ist das der Fall, dann sind Menschen wohl auch eher dazu bereit, tatsächlich einen für sie subjektiv gerechtfertigten Mehrpreis zu bezahlen. Bleibt abzuwarten, ob der Absatz von Biomilch auch weiterhin jährlich um 5 % zulegt oder ob letztlich nicht gerade innovative, konventionelle Molkerei-Marken profitieren werden.
Biomilch wächst moderat
Die Zunahme bei der Bio-Milchanlieferung an die deutschen Molkereien lag im Jahr 2020 bei einem Plus von 4,2%. Das entspricht einer Mehrmenge zu 2019 von knapp 50 Mio. kg. Insgesamt wurden in Deutschland 1,23 Milliarden kg Bio-Milch an die Molkereien angeliefert, der Bio-Anteil an der Gesamtmilchmenge betrug 3,9%.
Auch die Nachbarländer, die Bio-Milch nach Deutschland exportieren, haben im letzten Jahr weniger stark bei der Anlieferung gegenüber 2019 zugelegt: Österreich ebenso um 2,7 Prozent (601 Mio. kg; Bio-Anteil 19,1%) wie Dänemark (728 Mio. kg; Bio-Anteil 12,8%). Frankreich (Bio-Anteil von 4,6%) hat im letzten Jahr mit einem Plus von 12% auf 1,1 Milliarden kg Bio-Milchanlieferung die Milliardengrenze überschritten.
Trotz höherer Milchpreise: Bio-Milchkuhbetriebe können ihre Vollkosten nicht decken. Futter ist auch hier der Kostentreiber.