Im Bauch des Kalbes hat sich so viel Gas angesammelt, dass sich die Bauchdecke nach außen wölbt. Das Tier steht mit aufgekrümmtem Rücken, gestrecktem Kopf, angezogenem Bauch und ist unruhig. Es hat eine...
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Im Bauch des Kalbes hat sich so viel Gas angesammelt, dass sich die Bauchdecke nach außen wölbt. Das Tier steht mit aufgekrümmtem Rücken, gestrecktem Kopf, angezogenem Bauch und ist unruhig. Es hat eine sogenannte Tympanie, also eine krankhafte Gasansammlung im Verdauungstrakt. Wie konnte es dazu kommen?
Bei Tränkekälbern kann sowohl der Pansen als auch der Labmagen aufblähen. In den meisten Fällen handelt es sich aber um Pansentympanien. Diese zeigen sich durch eine deutliche Vorwölbung der linken Hungergrube. Im fortgeschrittenen Stadium ist der ganze Bauch dick.
Pansen kurz vor dem Platzen
Im Pansen entstehen bei der mikrobiellen Verdauung Gase. Durch die Pansenmotorik und den regelmäßigen Ruktus (Gasausstoß durch Rülpsen) werden diese ausgestoßen. Ist dieser Mechanismus gestört, z. B. durch eine unzureichende Pansenentwicklung und bei falscher Fütterung, kommt es zu Problemen. Entweder die Gase sammeln sich dann in einer großen Gasblase im oberen Drittel des Pansens oder sie vermischen sich schaumig mit dem Panseninhalt.
Von außen sieht man bei Pansenblähern eine Wölbung auf der linken Seite.
(Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)
Tympanien entstehen allgemein beim Rind durch:
die Fütterung von leicht verdaulichen Stärkeanteilen und zu wenig Struktur, vergärbare Futtermittel z. B. bei der Fütterung von frischem Mais im Herbst oder jungem Wiesengras
oder hastiges Fressen mit zu wenig Speichelbildung, abrupte Futterwechsel, minderwertiges Futter (Schimmel), gefrorene Futtermittel.
Sowie bei Tränkekälbern speziell, wenn:
die Vormagenentwicklung unvollständig ist, durch z. B. zu spätes Anbieten von Kälbermüsli, TMR oder Heu
und als Begleiterkrankung bei Entzündungen, die den Pansennerv schädigen (Lungen-, Brustfell- oder Pansenschleimhautentzündungen).
Andere Ursachen für Pansentympanien wie Fremdkörper, Schlundverstopfungen oder Darmverdrehungen, die zu Verstopfungen führen, sind bei Kälbern sehr selten.
Die Ursache sind oft Fütterungs- oder Tränkefehler!“
Michael Schmaußer, Tierarztpraxis Freising
Milch im Pansen?
Neben den Pansenblähern können auch die sogenannten Pansentrinker einen linksseitig aufgeblähten Bauch bekommen. Bei diesen Tieren ist der Grund ein Fehlvergären von Tränke im Pansen, weil der Schlundrinnenreflex nicht funktioniert. Das kann genetisch bedingt sein, eine Erkrankung sowie z. B. Selenmangel vorliegen.
Die Symptome zeigen sich bereits in den ersten Lebenswochen, indem die Kälber lustloses Trinken zeigen, mit aufgekrümten Rücken stehen und Schmerzen signalisieren. Im Pansen hört man Milch gluckern. Ihr Fell ist meist struppig. Der Kot kann grau verfärbt und lehmartig sein.
Labmagen bläht selten auf
Im Gegensatz zu den deutlich häufiger auftretenden Pansentympanien ist das Aufblähen des Labmagens sehr selten und keine Standarderkrankung. Da sich der Labmagen auf der rechten Seite befindet, ist die Gasansammlung rechtsseitig betont. Erste Symptome zeigen sich meist innerhalb einer Stunde nach der Tränkeaufnahme.
Bei Geburt ist der Labmagen noch der Größte der vier Vormägen. In ihm wird die Milch verdaut.
(Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)
Warum es zu aufgeblähten Labmägen kommt, ist nicht ganz klar. Nach aktuellen Annahmen begünstigen drei Faktoren das Auftreten:
Übermäßiger Gehalt an leicht vergärbaren Nährstoffen.
Anwesenheit gasproduzierender Fäulnisbakterien: Es ist nachgewiesen, dass z. B. Clostridien perfringens Typ A Labmagentympanien auslösen kann. Die Bakterien können über eine keimhaltige Tränke in den Labmagen gelangen.
Faktoren, die die Labmagenentleerungsrate verlangsamen. Dazu gehört die falsche Dosierung bzw. Konzentration von Milchaustauschern (MAT). Zu hoch dosiert, kommt es zu Klumpenbildung. Wird der Milchaustauscher zu niedrig dosiert (< 80 g MAT pro Liter), kommt es zu einer unvollständigen Gerinnung im Labmagen. „Für die ad libitum-Vorratstränke mit MATs dürfen ausschließlich geeignete MATs eingesetzt werden, die sich sicher nicht entmischen. Andernfalls kann die Aufnahme des abgesetzten, hochkonzentrierten Bodensatzes zu Labmagengeschwüren oder -durchbrüchen führen“, sagt Dr. Norbert Göres.
Die Luft rauslassen
Bei einem Kalb mit aufgeblähtem Bauch sollte man immer sofort den Tierarzt kontaktieren. Das ist ein medizinischer Notfall und je früher man handelt, desto besser ist der Heilungserfolg. Je nach Schweregrad der Tympanie kann der Landwirt erste Hilfe leisten, in dem er zum Beispiel ein Schmerzmedikament verabreicht (mit dem Tierarzt abgesprochen) oder ein beruhigendes und entkrampfendes Mittel (z. B. Colosan) gibt.
Liegt eine eindeutige Pansenblähung vor, kann mit einer Schlundsonde die Luft aus dem Pansen gelassen werden. Wer sich das zutraut, kann es lernen und sich vom Tierarzt zeigen lassen. Oft ist bei Pansenblähern eine längere symptomatische Behandlung notwendig, die mit dem Tierarzt abgesprochen wird. Eine Pansensonde oder eine Pansenfistel (Trokar) darf nur vom Tierarzt unter Schmerzausschaltung und Betäubung gelegt werden.
Bei einer Labmagenblähung ist es nicht so einfach, die Gase herauszulassen, da der Labmagen nicht über den Schlund zu erreichen ist. Ist der Bauch rechtsseitig gewölbt, sollte daher immer der Tierarzt „die Luft rauslassen“. Die Kälber sollten in jedem Fall dem Tierarzt vorgestellt werden, damit dieser abschließend Darmverlagerungen, -verschlüsse oder Rupturen ausschließen kann.
Die betroffenen Kälber müssen anschließend intensiv überwacht werden.
Klassische Symptome sind neben dem geblähten Bauch ein abgestreckter Kopf, eingezogener Bauch, aufgewölbter Rücken und unruhiges Verhalten.
(Bildquelle: Thiemann)
Wie verhindern?
„Man muss nur alles richtig machen, dann blähen Kälber nicht auf“, sagt Dr. Michael Schmaußer, Tierarztpraxis Freising. Das heißt:
Eine optimale Kolostrumversorgung gewährleisten.
Eine intensive Tränke ist die beste Prophylaxe! Ad libitum bzw. immer so viel Tränke anbieten, dass die Kälber satt sind und eine lange Tränkeperiode mit schonendem Absetzen einhalten.
Ab dem ersten Tag Wasser, Kälber-TMR oder Müsli anbieten, damit sich der Pansen tiergerecht entwickelt.
Milch aus dem Nuckel, Wasser aus dem Eimer. Insbesondere, wenn Kalttränken eingesetzt werden, immer über den Nuckel geben. Ein Nuckel fördert den Speichelfluss und löst den Schlundrinnenreflex aus.
Nuckel regelmäßig wechseln (Gefahr für zu große Nuckelöffnung durch Verschleiß, Keime).
Keine scharfen Umstellungen der Fütterung und Tränke. Immer schonend und mit wenig Stress und viel Ruhe.
Beim Einsatz von Milchaustauschern auf die Dosierungen und Anrührtemperaturen achten.
Saubere Tränke und Futter ohne Keime oder Schimmel.
Hygiene im Kälberstall, um infektiöse Krankheiten zu vermeiden (Reinigung, Desinfektion).
Bei Flüssigkeiten gilt: Milch aus dem Nuckel, Wasser aus dem Eimer ab dem ersten Lebenstag.
(Bildquelle: Thiemann)
In Zusammenarbeit mit Dr. Michael Schmaußer, Tierarztpraxis Freising sowie Dr. Norbert Göres und Dr. Manfred Schönleben, Sano – Moderne Tierernährung GmbH, Loiching