Elite: Viele Grassilagen aus diesem Jahr enthalten deutlich weniger Eiweiß und Energie, dafür mehr (Roh)Faser? Welche Auswirkungen hat dies auf die Zusammenstellung der Futterrationen. Was ist zu beachten? Müssen die Rationen durch höhere Kraftfuttermengen aufgewertet werden?
Dominik Bützler: Das Problem sind aber nicht nur die fehlenden Inhaltsstoffe, allen voran Energie...
Elite: Viele Grassilagen aus diesem Jahr enthalten deutlich weniger Eiweiß und Energie, dafür mehr (Roh)Faser? Welche Auswirkungen hat dies auf die Zusammenstellung der Futterrationen. Was ist zu beachten? Müssen die Rationen durch höhere Kraftfuttermengen aufgewertet werden?
Dominik Bützler: Das Problem sind aber nicht nur die fehlenden Inhaltsstoffe, allen voran Energie und Rohprotein, viele Silagen sind auch sehr feucht. Durch die anhaltenden Niederschläge hat mindestens ein Drittel weniger als 30 % Trockensubstanz. Hierdurch ist die Gefahr für Fehlgärung, Nacherwärmung und Schimmelbildung deutlich erhöht. Um zu verhindern, dass im kommenden Winter und Frühjahr vermehrt Euter- und Fruchtbarkeitsprobleme auftreten, raten wir dazu, die Silagen kritisch im Blick zu halten und unter Umständen mit Konservierungsmitteln wie Propionsäure oder Kaliumsorbat zu arbeiten.
Mit höheren Kraftfutter-/Saftfuttermengen lässt sich die mäßige Grundfutterqualität nur zum Teil ausgleichen. Wer zu viel „drückt“ läuft Gefahr, die Tiere trotz strukturreicher Silagen in die Pansenazidose zu füttern. Hier kann eine Verschneidung mit einer anderen Grassilage oft hilfreich sein, wenn der Vorschub es zulässt.
Elite: Fallen die nachfolgenden Grasschnitte denn besser aus?
Dominik Bützler: Ja, in der Regel schon, denn oftmals wurden witterungsbedingt die Nährstoffe des Düngers, der zum 1. Aufwuchs gegeben wurde, nach der Mahd mit den steigenden Temperaturen erst verfügbar. Allerdings sind die Abweichungen von Betrieb zu Betrieb innerhalb der Aufwüchse enorm. Deshalb sollte jeder Futterhaufen oder jede Ballensilage beprobt werden! Stellt sich dabei heraus, dass der erste Schnitt qualitativ durchfällt, kann er z. B. an das Jungvieh verfüttert und mit einem besseren Folgeschnitt an die Melkenden vermischt werden.
Elite: Proteinfuttermittel, die zur Aufwertung der proteinarmen Grassilagen, in diesem Jahr vermehrt eingesetzt werden müssen, sind gerade sehr teuer. Was tun, damit die Futterkosten nicht davon laufen?
Dominik Bützler: Hier liegt mit die größte Herausforderung in der Rationsgestaltung. Die Basis zur Optimierung des Proteinausgleichs ist eine Analyse der Grundfuttermittel und eine abgestimmte Rationsberechnung. Im Weiteren sollte nach Auswahl der passenden Komponenten und ständiger Kontrolle, die Proteinmenge auf ein Minimum abgesenkt werden. Sofern noch keine Kontrakte abgeschlossen sind, ist zu empfehlen, den Markt für Proteinfuttermittel regelmäßig zu beobachten und die Preiswürdigkeit der Produkte neu zu bewerten.
Angesichts der hohen Düngerpreise und Verfügbarkeit in der kommenden Zeit, sollte auch über den Anbau von proteinreichen Futterarten nachgedacht werden, wie zum Beispiel Luzerne, Klee(gemische) oder auch Lupine. Diese Leguminose enthält ca. 32 % Rohprotein und viel Energie. Zudem gibt’s für den Anbau auch Fördermittel (siehe auch Seite 24 in dieser Ausgabe). Ein wichtiges Kontrollinstrument unserer Beratung ist die regelmäßige und zeitnahe Kontrolle der Futterkosten pro Liter Milch. Hiermit lässt sich der Einsatz und die Menge der verschiedenen (Protein)Futtermittel am besten mit bewerten.
Vergessen werden dürfen auf keinen Fall die Jungvieh- und Trockensteherrationen. Auch hier wird in dieser Fütterungssaison oft eine Proteinzulage erforderlich sein.
Bitte vergessen Sie nicht die Jungvieh- und Trockensteherrationen. Auch hier wird in dieser Saison oft eine Proteinzulage erforderlich sein.
Elite: Noch ein Blick auf die Energieseite, denn die meisten Silagen enthalten ja auch weniger Energie ...
Dominik Bützler: … ja, leider. Allerdings ist der energetische Ausgleich günstiger als der Ausgleich auf der Eiweißseite. Wir empfehlen derzeit vermehrt auf Weizen zusetzen, nicht so sehr auf Körnermais; mit dem Weizen lässt sich die Faser im Pansen besser knacken als mit dem Körnermais. Zudem ist wohl leider absehbar, dass die Maissilagen auch nicht die Qualitäten wie in den vergangenen Jahren liefern. Vieles deutet auf viel Masse aber auf weniger gut gefüllte Kolben und damit auf geringere Stärkegehalte hin. Eventuell lohnt sich deshalb auch der Zukauf von CCM.
Elite: Gibt es sonst noch etwas zu beachten?
Dominik Bützler: ! Wichtig ist und bleibt eine hohe Trockenmasseaufnahme und Passagerate. Eine regelmäßige Kontrolle und Bestimmung der Trockenmasse der Futtermischung kann helfen, Leistungsdepressionen zu erklären. Das Futtertischmanagement ist enorm wichtig. Durch die rohfaserreichen Silagen ist die Gefahr der Selektion am Futtertisch nochmal höher. Eine zu feuchte Silage sollte mit trockenen Komponenten ausgeglichen werden, wie z. B. Heu. Außerdem sollte größtmögliche Sorgfalt auf den Mischvorgang gelegt werden, die Messer und Gegenschneiden im Futtermischwagen geschärft bzw. sofern nicht mehr möglich, ersetzt werden.
So lassen sich trotz wasserreichem Material, langsamen Anwelkbedingungen und geringem Besatz mit Milchsäurebakterien auch im Herbst gute Grassilagen produzieren.