Vollweide eignet sich für Milchkuhbetriebe, dessen Grünlandflächen arrondiert am Stall bzw. rund um den Hof liegen. Als Orientierungswert kann bei einem Nettoertrag von 75 dt TM/ha von einer Besatzdichte von ca. 3 Kühen/ha ausgegangen werden. Wobei im Frühsommer in der Regel ein doppelt so hoher Besatz möglich ist, der Flächenbedarf im Herbst jedoch ansteigt.
Eine optimale Nutzung dieses sich verändernden Weideaufwuchses und eine damit einhergehende Reduzierung der...
Vollweide eignet sich für Milchkuhbetriebe, dessen Grünlandflächen arrondiert am Stall bzw. rund um den Hof liegen. Als Orientierungswert kann bei einem Nettoertrag von 75 dt TM/ha von einer Besatzdichte von ca. 3 Kühen/ha ausgegangen werden. Wobei im Frühsommer in der Regel ein doppelt so hoher Besatz möglich ist, der Flächenbedarf im Herbst jedoch ansteigt.
Eine optimale Nutzung dieses sich verändernden Weideaufwuchses und eine damit einhergehende Reduzierung der Produktionskosten (kostengünstiges Futter) lässt sich vor allem dann realisieren, wenn neben der Vollweide (Kurzrasenweide oder Umtriebsweide) auch auf eine saisonale Abkalbung im Herbst/Winter gesetzt wird.
Warum eine Abkalbung im Herbst bzw. Anfang Winter?
Weil in Deutschland – im Gegensatz zu den typischen Weideländern wie Neuseeland oder Irland – die effektive Vegetationsdauer nur fünf bis maximal sieben Monate beträgt, lässt sich nur in einem begrenzten Zeitfenster Milch aus Gras produzieren. Außerdem haben wir in Deutschland eine Zuchtausrichtung hin zu maximaler Milchleistung je Kuh. Weideländer wie Irland oder Neuseeland verwenden in ihrem System hingegen eine Genetik von 4.500 bis max. 6.000 kg Milch je Kuh. Deshalb macht, anders als z.B. in Irland, in hiesigen Breitengraden nicht eine Frühjahrs-, sondern eine Herbst-/Winterabkalbung Sinn (hohe Leistungen zu Laktationsbeginn werden im Stall ausgefüttert). Ziel einer „geblockten“ Abkalbung sollte sein, dass mindestens 80 % der Abkalbungen innerhalb von drei Monaten stattfinden.
Optimale Versorgung in der ersten Laktationsphase
So kann die erste, kritische Laktationsphase im Stall leistungsgerecht mit qualitativ hochwertigen Silagen und einer angepassten Kraftfutterergänzung ausgefüttert werden. Da die gesamte Herde mehr oder weniger „gleichgeschaltet“ ist, kann mit dieser Strategie sehr effizient Milch erzeugt werden (Stichwort: kein Luxuskonsum bei Altmelkern). Auch der größte Teil des Besamungsmanagements und der Trächtigkeitsuntersuchungen kann im Zeitraum der Aufstallung erfolgen.
Denken Verbraucher an Tierwohl, denken sie an Kühe auf der Weide. Milcherzeuger, die erfolgreich in die Weidehaltung einsteigen wollen, müssen dies vorausschauend planen.
Mit sinkender täglicher Milchleistung können die Kühe nach einer Übergangsfütterung vollständig aus kostengünstigem Weidegras versorgt werden. Leistungen von bis zu 25 kg Milch können unter Vollweidebedingungen ausgefüttert werden (weitere Vollweide-Vorteile siehe Artikelende).
Umstellung innerhalb eines Jahres
Eine Umstellung auf eine saisonale Blockabkalbung verlangt jedoch ein konsequentes Vorgehen. Auf Grund der gesammelten Praxiserfahrungen (LfL-Projekt „Vollweide mit Winterkalbung“) ist eine Umstellung innerhalb eines Jahres zu empfehlen. Dabei sollte eine konsequente Besamungspause ab einem festgelegten Datum umgesetzt werden, was dazu führen kann, dass im Umstellungsjahr bei einigen Kühen die Zwischenkalbezeit deutlich ansteigt. Eventuell sollte man sich auch von Kühen trennen, die nicht ins Kalbefenster passen bzw. wo schon seit längerem ein Selektionsgrund vorliegt (Melkbarkeit, Klauen….).
Vorteile der saisonalen Abkalbung
- Geburten und die Tränkeperiode der Kälber sind auf drei bis vier Monate im Jahr (Oktober bis Februar) beschränkt.
- Die Kälbergruppen sind einheitlich, sodass die Kälber optimal versorgt werden können.
- Die Kälber können noch im ersten Lebensjahr (ab 6. Monat) auf die Weide.
- Frischabgekalbte Kühe können bedarfsgerecht gefüttert werden. Denn die notwendigen hohen Futteraufnahmen lassen sich im Winter im Stall decken.
- Kühe mit Fruchtbarkeitsproblemen scheiden frühzeitig aus.
- Reduzierung der eingesetzten Kraftfuttermengen
- Reduzierung des Energieverbrauchs durch weniger Futterernte und Gülleausbringung
- Planbare Arbeitsspitzen im Herbst und Winter. Dafür deutlich geringeres Arbeitsaufkommen in den Sommermonaten.
- Die Arbeitseffizienz steigt enorm.
- Deutlich bessere Kälbergesundheit, da Infektionskette in den Sommer Monaten abbricht (Rein-Raus-Verfahren)
Aber: Sowohl Abkalbe- als auch Kälberplätze müssen deutlich vorgehalten werden, um die großen Tiergruppen im Winter versorgen zu können. Zudem gibt es große Arbeitsspitzen im Winter. Und der Besamungserfolg muss passen, da die Kühe und Färsen ansonsten auseinanderdriften.
Jungvieh konsequent eingliedern
Eine saisonale Abkalbung erfordert auch ein konsequentes Eingliedern der Färsen in den Kalberhythmus. Wodurch ein Erstkalbealter von 24 bis 26 Monaten und damit eine zügige Jugendentwicklung der Jungrinder erforderlich ist.
Um dies zu erreichen, werden auf professionell betriebenen Vollweidebetrieben mit Herbst-/Winterabkalbung nur die Kälber aufgezogen, die in der ersten Hälfte der Kalbeperiode geboren wurden. Zum einen lässt sich so indirekt auf Fruchtbarkeit selektieren, da nur die fruchtbare Kuh regelmäßig zu Saisonbeginn abkalbt. Zum anderen sind diese Kälber zu Weideaustrieb schon robuster. Hinzukommt, dass man die früh geborenen Kälber mit 24 Monaten wieder zu Beginn der Abkalbesaison eingliedern kann.
Wie erreicht man eine zügige Jugendentwicklung auf der Weide?
Die im Abkalbefenster geborenen Kälber werden ab Anfang April an die Weide gewöhnt (ca. 5. bis 6. Lebensmonat) und langsam auf Gras umgestellt. Dies geschieht entweder durch die Aufstallung in der Nacht oder durch begrenzte Zufütterung auf der Weide.
Nach einer kurzen Umstellungszeit von ca. einer Woche werden die Kälber Tag und Nacht auf Kurzrasenweide gehalten. Hier ist unbedingt die vorgegebene Aufwuchshöhe von 5 – 7 cm einzuhalten, damit ausreichend hochverdaulicher Aufwuchs zur Verfügung steht. Professionelle Weidebetriebe zeigen, dass die für ein Erkalbealter von 24 – 26 Monaten erforderlichen täglichen Zunahmen von 750 – 800 g hier problemlos erzielt werden.
Auch, wenn Rinder auf die Weide gehen, müssen sie richtig mit Mineralstoffen ausgestattet werden. Doch was sie brauchen, hängt stark von der Region ab. Futteranalysen vom Gras helfen, das...
Außer einer Mineralstoffversorgung über Leckmassen erhalten die Kälber bei Vollweide keine Zufütterung. Eine systematische Parasitenbehandlung ist jedoch unverzichtbar, damit sich die Kälber störungsfrei entwickeln können.
Je nach Graszuwachs auf der Weide bzw. Witterung sollten die Kälber spätestens Anfang November aufgestallt werden. Sollten einige Kälber eine etwas schwächere Entwicklung zeigen, so ist die Ausnutzung des kompensatorischen Wachstums mit einer aufgewertete Ration im Stall möglich. Dieser Abschnitt darf aber nicht zu lange andauern, da die Kälber auf Grund ihres hervorragenden Futteraufnahmevermögens ansonsten verfetten und schlechtere Fruchtbarkeitsergebnisse zeigen.
Anschließend werden sie, bei passender körperlichen Entwicklung, ab dem 14. Lebensmonat belegt. Es folgt ein zweites Weidejahr von April bis Oktober. Sollten die Rinder ein deutlich höheres EKA erreichen, besteht bei optimaler Weideführung die Gefahr, dass die tragenden Rinder im zweiten Weidejahr verfetten.
Wie können die Kühe den Gras-Aufwuchs bei Blockabkalbung optimal nutzen?
Damit die Kühe sich von einer stärkereichen Stallration an das leicht verdauliche Gras gewöhnen können, sollte eine schonende Futterumstellung erfolgen. Deshalb auch die Empfehlung, direkt zu Vegetationsbeginn auszutreiben, da zu diesem Zeitpunkt noch wenig Weideaufwuchs gefressen werden kann. Mit zunehmenden Graswachstum kann der Weideanteil erhöht werden. Dabei langsam den Weideanteil steigern und gleichzeitig die TMR im Stall reduzieren. Nach zwei bis drei Wochen kann die Zufütterung im Stall eingestellt und auf Vollweide umgestellt werden.
Auch die Ration selbst muss gegebenenfalls angepasst werden. Da frisches Gras deutlich höhere Zuckergehalte als Silage aufweist (bis zu 200 g Zucker/kg TM), muss die Kraftfutterzusammensetzung eventuell verändert werden.
Vor allem Komponenten, welche schnellabbaubare Kohlehydrate enthalten (z.B. Getreide) sollten gegen pansenschonende Komponenten wie Körnermais oder Trockenschnitzel (nicht Melasseschnitzel!) ausgetauscht werden. Junges Gras verfügt neben einem sehr hohen Energiegehalt in Abhängigkeit von der Stickstoffdüngung auch über einen hohen Rohproteingehalt. Hier kann durch eine Erhöhung des Maissilageanteils bzw. einer Reduzierung der Proteinergänzung entgegengesteuert werden. Angepasst werden muss ebenfalls die Mineralisierung.
Wichtig: Lassen Sie sich vor der Umstellung auf saisonale Abkalbung umfangreich beraten. zusammen mit der Beratung kann eine akribische Vorplanung erfolgen.
Vollweide hat viele Vorteile
Eine Vollweidehaltung hat den Vorteil, dass die Kühe zum Weiden erzogen werden. Jegliche Zufütterung von Grobfutter verdrängt Weidegras 1:1. Dadurch geht die Weidefutteraufnahme zurück, die Weidereste steigen sprunghaft und die Weiden müssen mehrmals im Jahr gemulcht oder nachgemäht werden. Die Flächenleistung (Milch/ha) geht deutlich zurück und die Kosten steigen! Bei hoher Zufütterung im Stall kann so die Weidehaltung plötzlich Geld kosten!
Eine niedrigere Milchleistung je Kuh während der Weideperiode kann durch die deutlich geringeren Produktionskosten mehr als kompensiert werden. Untersuchungen der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) 2015 – 2017 haben gezeigt, dass eine Weideherde (7.100 kg ECM/Kuh/Jahr) der Stallherde (8.900 kg ECM/Kuh/Jahr), Fleckvieh, ökonomische überlegen war. Dieser Abstand wird bei Betrachtung der aktuellen Preise für Produktionsmittel noch weiter steigen.