Die Unruhe und Verletzungsgefahr, die brünstige Kühe ausmachen, ist nicht zu unterschätzen! Auch wenn man sie sich gut aufspüren lassen, können extrem brünstige Kühe mindestens für ein paar Stunden sehr nervig sein. Nicht nur, weil sie andere Kühe vom Fressen oder Liegen abhalten, sondern vor allem, weil sie durch das Bespringen und Treiben schnell für Verletzungen sorgen. Dadurch sind nicht nur andere Kühe, sondern auch Personen wie beispielsweise der Herdenmanager oder der...
Die Unruhe und Verletzungsgefahr, die brünstige Kühe ausmachen, ist nicht zu unterschätzen! Auch wenn man sie sich gut aufspüren lassen, können extrem brünstige Kühe mindestens für ein paar Stunden sehr nervig sein. Nicht nur, weil sie andere Kühe vom Fressen oder Liegen abhalten, sondern vor allem, weil sie durch das Bespringen und Treiben schnell für Verletzungen sorgen. Dadurch sind nicht nur andere Kühe, sondern auch Personen wie beispielsweise der Herdenmanager oder der Besamungstechniker gefährdet.
Genug Zeit und Platz?
„Brünstige Kühe, die zur Besamung anstehen, werden für unsere Besamungstechniker in der Regel in einen Selektionsbereich gestellt oder markiert, verbleiben aber in der Herde. Dass brünstige Tiere rein zur Unfallprävention separiert werden, ist eher die Ausnahme“, sagt Martin Helmes, Fruchtbarkeitsexperte bei der RinderAllianz. Vor allem aufgrund des hohen Arbeitspensums sieht er es in Großbetrieben selten, dass brünstige Kühe systematisch selektiert werden. „Viele Betriebe mit automatischem Melksystem (AMS) haben Separationsbereiche und nutzen diese auch, um brünstige Kühe zu selektieren, mindestens zur Besamung“, berichtet Tierarzt Philipp Baumann von der Tierarztpraxis Baumann. Er sieht den Umgang mit brünstigen Kühen als betriebs- bzw. herdenindividuelle Entscheidung, je nach baulichen und zeitlichen Möglichkeiten.
Wilde Kühe separieren!
Auch wenn nicht jede brünstige Kuh separiert wird, kann es hilfreich sein, mindestens extrem unruhige Kühe aus der großen Herde zu holen. Wie finden Milcherzeuger gefährliche Kandidatinnen, bevor etwas passiert?
- Um an einer Aktivitätsmessung den Unterschied zwischen Einzeltieren („normal“ oder „extrem“ aktiv) auszumachen, braucht es eine sehr genaue Tierbeobachtung und sehr viel Zeit zur Datenauswertung. Das jedoch ist zu zeitaufwendig, zumal man der kritischen Aktivitätsperiode der Tiere damit tendenziell zeitlich hinterherläuft.
- Auffällig ist oft die allgemeine Unruhe in der Herde, die das entsprechende Tier auslöst. Deshalb ist es hilfreich, sich extrem brünstige Kühe zu notieren, um sie bei der nächsten Brunst intensiv und vor allem frühzeitig im Blick zu haben.
- Weniger Beobachtung ist nötig, wenn die Kuh sofort bei ersten Anzeichen separiert bzw. fixiert wird, ohne darauf zu warten, ob sie sich „extrem wild“ verhalten werden.
Mehr Stress in kleinen Herden
Nicht jede Kuh muss aufgrund ihrer Brunst aus der Herde genommen werden. Milcherzeuger, die ein gutes Auge bei der Brunstbeobachtung haben, können individuell entscheiden, welches Tier man separieren sollte und kann. Jede brünstige Kuh zu selektieren, erfordert viel Platz und Zeit sowie die entsprechende Arbeitsorganisation, vor allem in großen Milchkuhbetrieben mit Fremdarbeitskräften. Besteht eine Möglichkeit, Kühe gesondert aufzustallen, sollte man das nutzen, vor allem bei kleineren Herden unter 100 Kühen und allgemein bei engen Platzverhältnissen.
In großen Ställen mit viel Platz verteilen sich die Spannungen innerhalb der Herde besser. Die Kühe (brünstige und nicht brünstige) können sich besser aus dem Weg gehen. Gerade enge Ställe mit Sackgassen und Selektionstoren sind zusätzliche Stressoren und sorgen für mehr Unruhe in der Herde als in Ställen mit viel Platz und geringer Besatzdichte. Zudem entdecken Betriebe mit kleineren Herden die stressbringenden Tiere oft auch deutlich schneller.
Separieren, fixieren oder laufen lassen?
Je nach Betrieb werden verschiedene Methoden genutzt, um Kühe aus der großen Herde zu nehmen und zeitweise zu selektieren oder fixieren, jedoch scheitert es oft an Platz und Zeit. Wer die Möglichkeit zur Separation hat, sollte diese mindestens für Tiere mit sehr hoher Brunstintensität nutzen und dabei Folgendes beachten:
- Den besten Schutz vor Verletzungen durch gegenseitiges Bespringen bietet eine Einzel-Separation. Je nachdem, wie lange die Kuh dort separiert ist, sind Zugang zu Wasser, Futter und ggf. zum Melken wichtig. Bietet die Separation beispielsweise beim AMS keinen automatischen Zugang zum Melken, sollte die Kuh zu Melkzeiten manuell zum Roboter geleitet werden.
- Abkalbereich oder Krankenbucht eignen sich nicht für eine solche Selektion, da andere Tiere in Gefahr kommen würden, die sowieso keinen Stress haben dürfen (es sei denn, die Bucht ist nicht belegt).
- Eine Separation sollte immer einer Fixierung vorgezogen werden, da eine Fixierung oft kein Zugang zu Futter und Wasser ermöglicht und die Tiere von anderen Kühen besprungen werden und nicht ausweichen können.
- Zeitweises Fixieren ist vor allem in kleineren Betrieben sinnvoll, wenn die Tiere richtig angebunden, regelmäßig kontrolliert und Pausen für Futter- und Wasseraufnahme sowie zum Melken eingeräumt werden.
- Die Anbringung eines Halfterstrickes während der Brunst hilft, die Kühe kurzerhand einfangen und führen zu können.
- In allen Bereichen ist ein rutschfester und griffiger Boden wichtig und hilfreich, um Verletzungen vorzubeugen.
Quelle: Philipp Baumann, Tierarztpraxis Baumann GbR & Martin Helmes, RinderAllianz GmbH
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